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Benjamins Gärten (German Edition)

Benjamins Gärten (German Edition)

Titel: Benjamins Gärten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Walther
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und schnurrt laut, und ich denke, solch eine Verbundenheit ist wirklich nicht das Schlimmste.
    Am Abend kommt wirklich der Dachdecker, den Marek versprochen hat und wir steigen gemeinsam auf den Dachboden. Er schlängelt sich zwischen Kisten und Möbeln hindurch, fährt mit seinen kräftigen rauen Händen über Balken. Dann steigt er hinauf aufs Dach. Ich folge ihm, lasse mich vorsichtig auf der Kante des Dachfensters nieder, die Füße nach innen. Er balanciert leichtfüßig mit seinen schweren Arbeitsstiefeln über den Dachfirst, unbehelligt von den Gesetzen der Schwerkraft. Ich schaue ihm mit angehaltenem Atem zu. Wie alt er wohl ist, Ende dreißig, Anfang vierzig? Es ist schwer zu schätzen, seine Haut ist gebräunt, er bewegt sich mit Kraft und Behändigkeit. Er sieht gut aus. Als er zurückkommt, strahlt er mich mit hellblauen Augen aus seinem wettergegerbten Gesicht an. Fachsimpelt über Dachsparren und das Anschuhen von Balken und meint, das Dach sei problemlos zu reparieren. Ich atme auf. Diesmal ist es also noch gut gegangen, die Katastrophe abgewendet. Als der Dachdecker nach mir die Leiter herunter steigt, mustere ich unauffällig seine kräftigen, sehnigen Beine in den kurzen Jeans.
    Nachdem ich ihn verabschiedet habe, steige ich wieder aufs Dach, traue mich jetzt hinaus bis auf den Steg. Ich setze mich und ziehe eine zerknautschte Zigarettenschachtel aus meiner Hosentasche, zünde mir die letzte Zigarette darin an.
    Und was würde ich in der Stadt machen? Was mache ich hier, in diesem Haus? Ich denke an Marek, der seine eigenen Häuser hat. Der bestimmt nicht hier leben will. Vielleicht zu Besuch kommt, aber nicht mehr. Und ein anderer Mann? Wer würde denn hier mit mir leben wollen?
    Ich ziehe an meiner Zigarette und lege die Arme auf die Knie. Ich lasse meinen Blick über das Dorf schweifen. An einem Ende die alte Fabrik, die Fenster im Giebel erinnern an ein Kirchenschiff, die untergehende Sonne leuchtet rötlich darin auf. Ich frage mich, welche Chancen ich hier überhaupt hätte, einen Partner zu finden, einen Mann. Wie es wäre, mit einem hier zu leben. Wie die Leute reagieren würden. Wie es wäre, durch die Straßen zu gehen, und jeder wüsste es.
    Ich werfe den Zigarettenstummel weg, er kollert übers Dach und landet in der Regenrinne. In den Häusern gehen einzelne Lichter an, behaglich und fern.
    Wintergerste

    Im Schatten an die Hauswand gelehnt steht ein gutes Dutzend verpackter Heizkörper. Sie wirken in ihrer technischen Nüchternheit unpassend neben der Villa. Alle Fenster sind geschlossen, die Vorhänge dahinter sollen die Junihitze so lange wie möglich aus dem Haus fern halten. Nur die offene Haustür und die Heizkörper künden von Leben. So schnell also schon die Heizung.
    Marek tritt aus der Tür, nur kurze Hosen und ein Unterhemd an. Mein Blick verweilt auf der perfekten Modellierung seiner Oberarme und seiner Brust, deren Muskeln sich unter dem Hemd abzeichnen.
    Er lächelt mich an, zögert dann: »Ich wollte gerade … würdest du mir mit den Heizkörpern helfen?«
    Ich sage mit einem zwiespältigen Gefühl ja. Mit jedem Heizkörper, den wir hineintragen, kann ich sehen, wie die Villa ein Stückchen kompletter wird. Trotzdem tut es gut, gemeinsam zu arbeiten. Wir schwitzen, die Heizkörper sind schwer und unhandlich, es ist heiß. Marek zieht bald sein Hemd über den Kopf. Steigert damit meine Konzentration auf die Arbeit nicht gerade. Ich zögere, mein Shirt auszuziehen, aus Sorge, neben Marek nicht zu bestehen.
    Als wir schließlich alle Heizkörper in den Zimmern verteilt haben, atmen wir beide schwer, lechzen nach Abkühlung. Ich nicke Richtung Bach, verschwinde zwischen den Bäumen. Dort ziehe ich endlich mein verschwitztes Shirt über den Kopf und steige ins Wasser. Drehe mich um.
    Sehe dich oben zwischen den Bäumen stehen. Die Hände in den Hosentaschen, wendest dich zur Villa um. Stehst da, groß, aufrecht. Deine Schulterblätter etwas zusammengeschoben, dein Hintern angespannt. Der Schatten eines Astes fällt auf deinen Rücken, dunkle, klar umrissene und zarte verschwommene Muster. Sie heben deine Schönheit hervor, die perfekte Tönung deiner Haut. Ein japanischer Paravent, ein magisches Tattoo.
    Du drehst dich um, schaust mich an. Ich hocke mich ins Wasser, stütze die Arme auf den Knien ab. Du kommst herunter, ziehst deine Schuhe aus. Steigst ins Wasser, hockst dich vor mich. Sonnenlicht glitzert auf deiner Brust. Ich nehme Wasser in die hohle Hand, lasse es über

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