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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
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ehe er sie in Öl auf die Leinwand übertrug. Zumindest nehme ich anhand der Farbflecken an, dass er in Öl malte.“
    „Tja. Nun, dieser Drache und der Vogel könnten symbolisch für die Drachen von Wales stehen, den roten und den weißen. Man sagt, der eine spie das Feuer, der andere verschlang es mit seinen Federn. Und man sagt noch Weiteres. Nämlich, dass dem roten Drachen erst Flügel wuchsen, nachdem er sie dem weißen abgebissen hatte. Möglich, dass der weiße zuvor ein Vogel gewesen war.“
    Samuel beugte sich gebannt vor und verschränkte die Hände im Nacken. Nach allem, was er in Erfahrung gebracht hatte, war das Symbol des Drachens eine Verbindung aus Vogel und Dinosaurier, deren Abbilder von Menschenhand zu einem Wesen verbunden worden waren. „Darum bin ich hier. Erzählen Sie mir davon.“
    „Nun, den Geschichten unseres Volkes nach, bekriegten sich einst der weiße und der rote Drache in einer Höhle unter Wales. Sie wüteten wie die Berserker und das Land bebte, und zerfiel unter der Kraft ihres Kampfes. Sie waren dabei, die ganze Insel zu zerstören und die Menschen beteten verzweifelt um Frieden. Es war ein vaterloses Kind, das der Sage nach als Menschenopfer auserkoren wurde. Doch der Knabe trat vor den König und prophezeite, dass der rote, scheinbar schwächere Drache, den Kampf bald gewinnen und den weißen verschlingen würde. Man brachte diese Legende später mit allen möglichen geschichtlichen Ereignissen in Verbindung. Dem Kampf zwischen Angelsachsen und Kelten, der Artussage …“
    „Moment“, unterbrach Samuel. „Ein vaterloses Kind?“
    Thomzen nickte. „Immer wieder eine beliebte Figur für einen Propheten, nich’ wahr? Denn so viele Kinder von ihren Vätern auch im Stich gelassen werden, ein wahrhaft vaterloses Kind gibt es nur ein einziges Mal, und das ist unser Herrgott selbst. Vielleicht spricht er darum durch die Kinder, die ihm so ähnlich sind. Wer weiß.“
    Samuel schluckte schwer. Das Baby am Boden spuckte ein wenig Milch auf die Dielen und patschte mit den pummeligen Händchen quietschend vor Vergnügen in dem Malheur herum.
    „Mein Vater“, fuhr Thomzen ungerührt fort, „gehörte einem uralten Druidenzirkel an, der all diesen neumodischen Versionen der urzeitlichen Geschichte aber nichts abgewinnen konnte. Die Drachen, so sagten diese Weisen, sind älter als Kelten und Angelsachsen, älter als Merlin und älter als die Worte, in denen ihre Geschichten erzählt werden.“ Er sah kurz auf. „Ach, wie unhöflich von mir. Möchten’Se Tee oder Kaffee, Mallen?“
    Ungeduldig schüttelte Samuel den Kopf. „Erzählen Sie bitte weiter, Mr. Thomzen. Was glaubten diese Druiden?“
    „Natürlich. Die meisten glaubten, dass die Wahrheit im Einfachen zu finden ist. Roter und weißer Drache symbolisieren den Menschen in seiner Widersprüchlichkeit, die sich zu einem verbinden muss. Wie dieses chinesische Zeichen, das grad’ so in Mode ist. Wie heißt das gleich? Ling-Lang?“
    „Yin und Yang.“
    „So ähnlich. Wissen’Se, so unterschiedlich sind die Kulturen alle nich’. Und dass die Kelten vom Typ her dunkel sind, oft mit schwarzem Haar und gar nicht hellhäutig wie die restlichen Nordeuropäer, lässt dran denken, dass ihre Vorfahren ursprünglich aus ’ner ganz anderen Ecke stammten.“
    „Sie denken an Asiaten?“ Samuel war diese Idee nicht unvertraut. Auch die alten Ägypter brachte man in manchen Theorien mit den Kelten in Verbindung. Die Religionen wiesen alle Parallelen auf.
    „Möglich. Aber zurück zu den beiden Drachen. Weiß steht für das Gehirn, den Verstand. Rot aber deutet auf das Blut hin und damit auf das Herz. Unsere Gefühle, Leidenschaften, Se’ verstehn? Sie kennen den Wahlspruch der Waliser, Mallen?“
    „Der rote Drache schreitet voran“, zitierte Samuel nachdenklich.
    Thomzen nickte wieder und verschränkte die Finger. „So einfach ist das. Der Verstand kämpft gegen das Herz an, und auch wenn es erst so aussieht, dass das Herz unterliegt, gewinnt es am Ende doch und macht sich den Verstand zu eigen, indem es ihn verschlingt.“ Er lachte rau. „Ob das für uns immer so gut ist, sei mal dahingestellt.“
    In Samuels Gehirnwindungen schien ein beißender Parasit zu wüten. Es ergab Sinn. Wenn die Geschichte tatsächlich ein Hinweis für ihn war und er sie nicht falsch interpretierte, brauchte er keine weiteren Informationen, sondern musste lediglich die richtigen Empfindungen fühlen, um den Fluch zu brechen. Dies konnte nur

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