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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Fußballfeld zu bleiben. Er schnappte sich seinen Hurling-Schläger, der auf einem Berg von Jacken lag. »Ist es in Ordnung, wenn ich den benutze?«
    Omar schnitt eine Grimasse. Er wollte seinen neuen Freund ja nicht beleidigen. Aber wie wollte man einen Fußball mit einem Schläger stoppen? Außerdem musste er dieses Vorhaben seinen Kumpeln mitteilen. Gesagt, getan. Sie lachten. Gelinde gesagt. Einige wanden sich in Lachkrämpfen auf dem Boden.
    »Lacht ihr nur, Jungs«, sagte Benny, dessen Selbstvertrauen zurückgekehrt war, sobald er das Holz berührt hatte. Natürlich wollte der Zahnlose den Schuss übernehmen. Er winkte Benny mit den Fingern zu – nur falls er ihn vergessen haben sollte.
    Benny ging in die Grätsche und legte den Schläger über die Knie. »Versuch doch, mir zwischen den Beinen hindurchzuschießen«, sagte er. »Trau dich doch.«
    Der Tunesier wich ein paar Schritte zurück. Er nahm die Zigarette, die zwischen zwei weit auseinander stehenden Zähnen steckte, aus dem Mund und warf sie auf den Boden, wo sie versehentlich unter seine nackte Fußsohle geriet.
    Benny zuckte zusammen. Alle zuckten zusammen, auch der schlaksige Junge. Das gibt eine hübsche Blase, dachte Benny. Der Preis der Härte.
    Der Zahnlose nahm Anlauf und trat gegen den kleinen Ball. Mit dem Schläger in der Hand erschien es Benny lächerlich einfach, ihn zu halten. Er lenkte den Ball nach oben ab und hielt ihn dort für einen Augenblick auf seinem Schläger. Nach einem kurzen Blick auf das gegnerische Tor stieß er den rotierenden Ball sachte höher in die Luft und schlug ihn dann mit aller Kraft, die in seinen drahtigen Armen steckte. Der andere Torwart trat einfach zur Seite. Netz! Wenn es ein Netz gegeben hätte. Benny lächelte. Dieses Hühnchen wäre gerupft. Endlich war sein Ruf wiederhergestellt. Omar heulte auf. Er schlang die Arme um Benny und schwang ihn im Kreis. So viel zum Thema Fußball.
    Der Zahnlose legte umgehend offiziell Beschwerde ein und das Palaver erhob sich erneut. Benny wusste, dass die Regeln gegen ihn sprachen. Es war einfach nicht möglich, bei einem Elfmeterschießen von der Torlinie aus ein Tor zu schießen. Aber da diese Jungs sich für jede Art von Talent begeistern konnten, ließen sie es wahrscheinlich gelten.
    Und so war es auch. Ein solches Tor musste einfach in die Wertung kommen.
    Dann wollten sich alle den Schläger genauer anschauen und einmal den Ball mit ihm schlagen. Benny sah zu, wie sie den Schläger schwangen wie Idioten und nicht trafen und fühlte sich in die Zeit zurückversetzt, als er selbst erst vier Jahre alt gewesen war. Es war schon komisch, wie man innerhalb von zwei Sekunden vom Deppen zum Helden aufsteigen konnte.
    Jemand zog eine schwarze Plastiktüte hervor und verteilte mehrere Laibe Pitabrot. Sie brachen sich große Stücke ab und tranken trübes Wasser aus einer alten Cola-Flasche. Benny wusste genau, dass er solch mysteriöses Wasser nicht trinken durfte und wahrscheinlich würde ein Teil seines Körpers den Preis dafür zahlen müssen. Er machte sogar den Versuch, die Flasche zurückzuweisen, aber davon wollten die Jungs nichts wissen. Zu allem Überfluss war es Zahnlos, der ihm die Flasche anbot. Wie konnte er ihm eine Abfuhr erteilen, nachdem er seinen Schuss zum Eigentor umgewandelt hatte?
    Es fiel Benny auf, dass er zum ersten Mal, seit er Irland verlassen hatte, richtig glücklich war.
     
    Omar brachte ihn zurück zur Mauer. Sie setzten sich zusammen auf die Mauerkrone und betrachteten die Lichter von EuroGas.
    »Was ist mit deiner Familie, Omar«, fragte Benny. Dann versuchte er, seine Worte in die TV-Sprache zu übersetzen. »Äh … Homer Simpson?«
    Omar nickte. »Doh!« , sagte er und schlug sich an die Stirn.
    »Okay … Du … Bart. Homer und Marge?«
    Der tunesische Junge kapierte. »Nichts Homer. Nichts Marge.«
    Auf einmal sah er traurig aus. Benny bereute, dass er gefragt hatte. Omar zeigte auf den Bahnübergang. Ein Dreieck aus grünen Lichtern war die einzige Beleuchtung auf der Gabes Road.
    Er holte tief Luft. »Homer, Marge: Fahr lieber mit der Bundesbahn – bumm.«
    Benny schluckte. Tunesier zu sein war nicht leicht und ein Moped zu besitzen schien auf einmal gar nicht mehr so toll. Benny wusste nicht, was er sagen sollte. Und wenn er es gewusst hätte, dann hätte er es nicht übersetzen können.
    »Lisa«, sagte Omar.
    »Hä?«
    »Homer, Marge – bumm. Lisa: Chicago Hope.«
    Es gab also eine Schwester. Irgendwo in einem Krankenhaus.

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