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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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seinem Platz im Tor gute Sicht auf seine Mannschaftskameraden. In dem grellen Licht wirkten sie wie bewegliche Statuen. Jemand zog einen alten kaputten Ball hervor, der mit Klebeband umwickelt war, und los ging es. Aber wie immer in Tunesien natürlich nicht ohne Palaver.
    Die Jungs foulten sich und boten spektakuläre Stürze. Und während sie darüber noch lautstark stritten, flitzte irgendein gewiefter kleiner Kerl durch den Strafraum und setzte den Ball in ein unbewachtes Tor. Dadurch brach erneut Streit aus und nach einer Weile waren sie mit dem Streiten vier oder fünf Spielsituationen im Rückstand und alle brüllten aneinander vorbei. Einige waren so genervt, dass sie sich eine neue Zigarette ansteckten.
    Benny war gerade am Wegdösen, als der erste Ball an ihm vorbeizischte. Er hatte weder den Ball noch einen Spieler gesehen. Der Ball streifte auf dem Weg ins Tor nur seinen Ellbogen. Benny jaulte auf. Diese Jungs konnten sich wirklich bewegen, wenn sie wollten. Das war Fußball, wie ihn brasilianische Straßenkinder spielten. Kaputter Ball, nackte Füße und ehrgeizige artistische Einlagen. Sie zeigten Fallrückzieher, Seitenzieher und gehechtete Kopfbälle. Kein Wunder, dass einige Jungen eine ganz flache Stirn und einen stieren Blick hatten: Bei diesem Ball musste es sich anfühlen, als köpfe man einen Felsbrocken.
    Omar war natürlich mitten im dicksten Getümmel und schlug den kleinen schweren Ball, als ob er ein Ballon wäre. Sie hätten vierhundert oder fünfhundert Tore einheimsen können, aber es war viel wichtiger mit Stil einen Treffer zu landen, als den Ball bloß irgendwie am Torhüter vorbeizubugsieren. Den Ball an Mitspieler abzugeben war zweifelsohne nicht zwingend. Jeder einzelne Spieler war entschlossen mit dem Ball von einem Ende des ›Spielfelds‹ zum anderen zu gelangen und dann in möglichst akrobatischer Manier zum Schuss zu kommen. Einigen gelang das auch. Benny hatte keine Chance.
    Nach einer Weile wurde es peinlich. Da war vor allem dieser eine Junge. Ein großer schlaksiger Kerl, dem nicht nur ein Schneidezahn fehlte. Er bahnte sich seinen Weg durch die anderen hindurch und schlenzte den Ball mit der Innenseite seines Fußes an Benny vorbei ins Tor. Dann schlitterte er mit zahnlosem Grinsen zehn bis fünfzehn Meter auf dem Bauch durch den Staub. Grrr, dachte Benny. War er etwa fast fünftausend Kilometer weit gereist, um sich demütigen zu lassen?
    Und als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, fingen sie an zu täuschen. Sie holten weit aus und ließen den Ball dann zwischen Bennys Beinen hindurchrollen. Benny spürte, wie sein Gesicht vor Scham ganz heiß wurde und der Phosphatstaub die Haut verklebte. Aber dann kam das wirklich Allerletzte, das Gemeinste vom Gemeinen, das jeden Sportler an den Rand des Hara-Kiri treibt: Die Tunesier bemitleideten ihn! Sie servierten ihm erbärmlich harmlose Schüsse und waren dann überschwänglich enttäuscht, wenn er sie hielt. Benny ging auf, warum manche Leute nicht gern Sport trieben. Wenn man nicht gut war, machte es einfach keinen Spaß.
    Omar trabte immer mal wieder nach hinten zum Tor und munterte seinen neuen Freund mit nach oben gerecktem Daumen ein wenig auf, bevor er wieder im Gewühl verschwand. Benny grinste höhnisch, um zu zeigen, dass ihm das alles keineswegs Spaß machte. Aber unglücklicherweise sah Omar wegen der tarnenden Staubschicht nur Zähne. Und Zähne bedeuteten Lachen. Alles paletti.
    Zum Schluss schien sich ein Elfmeterschießen anzubahnen, weil wahrscheinlich keiner den Spielstand kannte. Während der andere Torhüter noch durchhalten musste, freute Benny sich über die Pause. Selbst einfaches Stehen machte ihn völlig fertig. Omar gesellte sich zu ihm. Zwischen seinen Zähnen glühte schon wieder eine neue Zigarette. Benny hoffte, dass der Giftmüll nicht leicht entzündlich war.
    »Mabrook« , sagte Omar begeistert.
    »Ja, ja, schon recht«, wehrte Benny ab. Er kannte den Tonfall. So gönnerhaft hatte auch er schon viele Nieten im Tor ermuntert.
    Omar legte den Arm um Bennys Schulter und führte ihn zur behelfsmäßigen Seitenlinie. Offenbar sollte er diese Runde auf die Bank. Aus dem Spiel genommen, wenn es um die Entscheidung ging. Oh, diese Schande.
    »Immer sachte mit den jungen Pferden«, sagte Benny und stapfte zurück zum Tor. »Wenn ich für den Anfang gut genug bin, dann bin ich auch gut genug für das Ende.« Wenn Pater Barty ihn jetzt hören könnte, wie er darum kämpfte, auf einem

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