Benny und Omar
brachte Mohamed Gama mit seinen langen Beinen pro Schritt viele Meter hinter sich. Er versuchte nicht mehr, Hilfstrupps zusammenzutrommeln. Er wollte Omar allein fangen. Der Schweiß floss in Strömen von Bennys Stirn. Gott sei Dank hatte er buschige Augenbrauen.
Die Sporthalle ragte vor ihnen auf. Am Weg stand ein Wachmann und versperrte ihnen den Weg zum Baugelände. Benny kannte ihn. Einer von Mohameds Lieblingen. Ein großer schwarzer Mann mit Bart und einer ausgeprägten Lücke zwischen den Schneidezähnen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hatten seine Eltern ihm noch den Namen Turki aufgehalst.
Turki erspähte sie und stellte sich breitbeinig in den Weg wie ein Sumo-Ringer. Benny löste sich aus der Gruppe.
»He, Turki«, rief er, hocherfreut, dass er wieder seinen spöttischen Ton anschlagen konnte.
Turki knurrte und spuckte seine Zigarette aus. Es kam nicht oft vor, dass sich die Gelegenheit bot, berechtigterweise einen dieser Europäer zu verprügeln. Benny rannte direkt auf ihn zu. Der Typ erinnerte ihn an einen Verteidiger aus Bridgetown, gegen den er einmal spielen musste. Ein Schlag dieser gewaltigen Hände würde ihn in zwei Teile spalten.
Benny tänzelte um Turki herum und wich seinem Griff immer wieder aus. Das war wieder einer seiner berühmten ausbaufähigen Pläne. Du stürzt dich ins Getümmel und dann … ja dann überlegst du dir was, bevor Turki deinen Kopf zerquetscht wie der Seewolf die Kartoffel. Grace und Omar hatten sich vorbeigekämpft. Das wenigstens hatte er erreicht.
Benny wollte sich gerade zu seiner Tat gratulieren, als Turki ihn am Kopf zu fassen bekam. Die Hand passte auf seinen Kopf wie eine Saugglocke. Benny stellte sich vor, wie seine Augen durch den Druck hervorquollen. Es war Zeit für ein kreatives Foul.
Bennys persönliches Lieblingsfoul war der rückwärts ausgeführte Stoß mit dem Hintern, den er gegen Gama eingesetzt hatte. Dieses Foul war nicht nur sehr wirkungsvoll, sondern auch demütigend für den Gefoulten. Gleich danach kam das so genannte Kartoffelsack-Foul. Kaum ein erfahrener Spieler fiel darauf herein, wenn aber doch, dann zeigte er üblicherweise wenig Neigung, seinen Deckungsspieler bis zum Schlusspfiff am Leben zu lassen. Turki dürfte dieses Foul jedoch neu sein. Benny nagelte den Tunesier mit der Ferse an Ort und Stelle fest und rempelte ihn dann mit einer Schulter an. Normalerweise würde ein Stoß von Benny diesen Kerl nicht mehr als ein paar Zentimeter bewegen, aber da einer seiner Füße festgehalten wurde, fiel er um wie ein Sack Kartoffeln.
Benny jagte um die Sporthalle herum und über das Baugelände. Der Pick-up hinter ihm kam rutschend zum Stehen und auf Bennys Hinterkopf regnete es Kieselsteine. Er kam jetzt wirklich in Bedrängnis. Aber wenigstens empfand er Genugtuung darüber, dass er für den kleinen Tunesier eine Minute rausgeschlagen hatte, um über die Mauer zu kommen. Höchstwahrscheinlich würde er Omar nie wieder sehen.
Natürlich nur, wenn dieser Idiot nicht einfach stehen blieb und die Mauer anstarrte. Aber genau das tat er.
»Omar!«, japste Benny. »Was zum Kuckuck …?«
Omar drehte sich um. Sein Gesicht war schmal und angsterfüllt. »Binny Khouya. Mafi. Wir machen den Weg frei.«
Übersetzung: kein Berg mehr. Der Schutthaufen war weg. Gama hatte offenbar beschlossen, weitere grenzüberschreitende Freundschaften von vornherein zu unterbinden. Und nach Omars Gesichtsausdruck zu schließen, hatte er das getan, nachdem die Ben Alis sich im Dorf niedergelassen hatten. Benny versuchte nachzudenken, aber von allen Seiten brach es über ihn herein. Im Nacken spürte er schon die Schatten seiner Verfolger. Vor ihm stand der entsetzte Omar. Grace weinte. Wie sollte er das alles unter einen Hut bringen? Was würden sie mit Omar anstellen, wenn sie ihn fassten?
Benny tat, was sein Instinkt ihm sagte. Er sprang an der Mauer hinauf und versuchte, die Krone zu fassen. Der Absprung war gut, die Landung weniger: Er knallte gegen den Beton und schlug sich schmerzhaft die Hüfte an. Aber er bekam einen Ellbogen über die Mauer. Mohamed war jetzt um die Ecke. Seine Stimme war deutlich zu hören, sie wurde nicht mehr von Gebäuden gedämpft.
Das war die Gelegenheit für Benny. Er konnte sich ganz einfach wieder auf die Erde zurückfallen lassen. Niemand könnte ihm vorwerfen, dass er nicht wie ein Löwe für seinen Freund gekämpft hatte. Benny erhaschte einen Blick auf Kaheenas Gesicht unter Omars Achseln. Er zog sich
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