Bennys Blutgericht
Glück gehabt, ich bin nicht gestorben, obwohl dieses Dasein auch kein richtiges Leben ist. Meiner Frau ging es weniger gut. Sie wurde getötet, während mir die Kugel des Killers dieses Schicksal bescherte.«
»Weiß man, wer es getan hat?«
»Nein, man fand die Mörder nie. Es waren zwei. Sie zogen sich geschickt zurück. Aber ich gehe davon aus, daß es Personen waren, die mich haßten, denen ich zu einem Aufenthalt hinter Gittern verhalf. Ihre Kollegen haben auch in diese Richtung hin ermittelt, doch nie etwas herausgefunden. Zu perfekt ist das Komplott geschmiedet worden. Ich werde bis zu meinem Tod darunter zu leiden haben.« Er räusperte sich. »Sie sind bestimmt nicht hergekommen, um sich die Klagen eines Verbitterten anzuhören. Es geht um meinen Sohn. Warum genau?«
»Ein Mann nannte uns den Namen.«
»Damit kann ich nichts anfangen!« lautete die barsche Antwort.
»Ein besonderer Mann«, sagte Suko. »Er selbst hat sich als Voodoo-Meister bezeichnet.«
Es war eine gute Aussage gewesen, und ich behielt den Richter genau im Auge.
Der Mann war kurz zusammengezuckt. In seinen Augen hatte ich ebenfalls eine ähnliche Reaktion gesehen. Dann preßte er die Lippen zusammen wie jemand, der beweisen will, daß er kein einziges Wort mehr sagen möchte.
»Wissen Sie darüber Bescheid?« erkundigte ich mich.
»Ich kenne keinen Voodoo-Meister.«
»Er heißt Calypso«, sagte Suko leise. »Vielleicht haben Sie den Namen schon gehört?«
»Nein, nie!«
Eine scharfe Antwort, die wir ihm nicht abnahmen. Sie war uns einfach zu schnell gekommen.
»Ihr Sohn wird ihn kennen.«
»Möglich, Mr. Sinclair. Mein Sohn ist Zwanzig. Er ist erwachsen. Er ist für sich verantwortlich, obwohl er hier bei mir im Haus lebt. Zum Glück, sage ich nur, denn er kümmerte sich rührend um mich. Aber ich weiß nicht, wen mein Sohn alles kennt und mit wem er befreundet ist. Er hat viele Bekannte und Freunde und ist dabei auch nicht auf einen Typ oder auf eine Gesellschaftsschicht spezialisiert. Es kann durchaus sein, daß sich dieser Calypso darunter befindet. Aber das ist nicht meine Angelegenheit. Ich habe mich um andere Probleme zu kümmern.«
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, fuhr ich fort.
»Was?« Der pensionierte Richter lachte hart. »Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie Benny verdächtigen?«
»Nein.«
»Na bitte.«
»Es sei denn, er kennt eine Frau namens Greta Robson.«
»Wer soll das sein?«
»Sie stellte Puppen her.«
»Stellte, sagen Sie?«
»Leider ist sie tot. Man hat sie umgebracht, und zwar mit einem Messer.«
Dr. Benson blies die Luft aus. »Allmählich lassen Sie die Katze aus dem Sack. Erst dieser Voodoo-Meister, dann die tote Puppenmacherin. Auf was muß ich mich noch alles gefaßt machen?«
»Pardon, wir ermitteln!«
»Aber nicht gegen meinen Sohn!« fauchte er uns an. »Benny hat nichts damit zu tun.« Er bewegte wütend seinen rechten Arm. »Wie kommen Sie überhaupt nur auf ihn?«
»Der Voodoo-Meister sagte uns seinen Namen«, erklärte Suko mit leiser Stimme.
»Dann hat er gelogen!«
»Warum sollte er das tun?«
»Was weiß ich, verdammt? Wie kann ich ahnen, was im Schädel dieser Person vorgeht? Überhaupt – Voodoo. Damit habe ich nichts zu tun. Ich weiß ja, wer Sie sind. Erfolge kann man Ihnen nicht absprechen, meine Herren, aber auch Sie können sich irren.«
»Das geben wir gern zu«, sagte ich. »Irren ist bekanntlich menschlich. Nur glauben wir, daß wir beide uns in diesem Fall nicht irren. Tut mir leid, Dr. Benson.«
Er beugte sich etwas vor und wies mit dem ausgestreckten Finger auf mich. »Um bei den Sprichworten zu bleiben, Sinclair. Glauben heißt nicht wissen.«
»Für uns ist es der einzige Weg.«
»Das ist mir egal, verflucht. Ich habe jedenfalls keine Lust, mit Ihnen länger darüber zu diskutieren. Verlassen Sie mein Haus. Ich werde mit meinem Sohn sprechen und Ihnen dann Bescheid geben. Zwischen uns hat es seit dem Tod meiner Frau keine Geheimnisse gegeben. Er wird mir die Wahrheit sagen.«
»Wie Sie meinen, Dr. Benson.«
Wir erhoben uns beide und der pensionierte Richter blickte zu uns hoch. Er hatte sich stark aufgeregt. Auf seinem Gesicht lag ein dünner Schweißfilm, und ich wurde wieder daran erinnert, wie Johnny Conolly in den Garten gelaufen war und von der brutalen Tötung der Kröten erzählt hatte.
Wer so etwas tat, der konnte für mein Dafürhalten keinen guten Charakter haben. Praktisch ohne Vorwarnung fragte ich Dr. Benson: »Liebt Ihr Sohn
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