Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
Zeit herauszufinden, wo Jarvis festgehalten wird, und um dafür zu sorgen, dass der blöde Detective, der ihn mitgenommen hat, bereuen wird, jemals geboren worden zu sein.
„Kann ich Ihnen helfen, gnädige Frau?“
Aufgeschreckt wandte ich den Blick von der Uhr ab und schaute in die freundlichen Augen des Wachtpostens, der mich soeben angesprochen hatte. Sofort fühlte ich mich an einen alternden Bluthund erinnert. Sein Gesicht war eine einzige Ansammlung von Falten, die von einem weißen Haarschopf gekrönt wurde. Er hatte gütige Augen, die einem sofort das Gefühl gaben, dass er ein Freund war und mehr als bereit, einem zuzuhören, egal, was für ein Problem man hatte – und dass er einem bei der Lösung behilflich sein würde.
Ich öffnete den Mund, um ihm klipp und klar zu sagen, was mich herbrachte und was ich mit diesem blöden Detective Davenport vorhatte, aber etwas in meinem Kopf befahl mir, meine Zunge zu hüten. Es war noch nicht an der Zeit für die Wahrheit … also beschloss ich, meine große Klappe zu halten.
„Ich bin hier, um Erkundigungen über einen Gefangenen einzuholen, den Sie im Fegefeuer festhalten“, erklärte ich und setzte dabei meine patentierte „Unschuldsmiene“ auf.
„Ein Gefangener?“ Er hob neugierig eine Braue.
„Ja, man hat mir gesagt, dass Sie einen Freund von mir festgenommen haben. Und dass er hier wäre. Im Fegefeuer.“
Der alte Wachtposten kratzte sich am Kopf. „Ich weiß nicht so recht, wovon Sie reden, gnädige Frau“, sagte er schließlich. „Wir stecken niemanden ins Fegefeuer. Heutzutage nicht mehr. Es gibt nicht einmal mehr eine direkte Verbindung zwischen diesem Gebäude und dem Fegefeuer. Nicht, seit der Einsatz des Fegefeuers verboten wurde.“
Mir gefiel überhaupt nicht, was er da sagte, und ich kam zu dem Schluss, dass er mir einfach nur auswich, um mich auf eine falsche Fährte zu locken. Offensichtlich hielt die Ermittlungsbehörde für Übersinnliches ihre Gefangenen sehr wohl im Fegefeuer fest, und außerdem stank es hier geradezu nach Magie, was die langweilige alte Eingangshalle eindeutig zu einer Fassade machte, hinter deren verschlossenen Türen allerlei Geheimoperationen vor sich gingen. Warum sollte jemand so eine schreckliche Farbauswahl für seine Eingangshalle treffen, wenn nicht, um die Wartenden so sehr zu langweilen, dass sie ins Koma fielen? Auf diese Weise blieb niemand übrig, der wach genug war, um unbequeme Fragen zu stellen!
„Hör mal, Freundchen“, sagte ich, legte meine Unschuldsmiene ab und starrte ihn finster an. „Ich will, dass du Detective Davenport holst. Und es ist mir egal, was für eine bescheuerte Ausrede du gerade in deinem hübschen Bluthundkopf ausbrütest. Hol einfach dieses elende Stück Dreck her, wenn du nicht willst, dass ich dir an Ort und Stelle die Eingeweide rausreiße.“
Ich lächelte und fletschte dabei drohend die weiß glänzenden Zähne, wie man es bei ernsthaft wütenden Hunden beobachten konnte. Wahrscheinlich konnte ich den Wachtposten mit meiner gesammelten Perlweiße einfach totglänzen – ich hatte immer gewusst, dass mein hingebungsvoller Einsatz von Zahnpflegekaugummis mir irgendwann zugutekommen würde. Andererseits brauchte ich den Alten lebendig und nicht tot … zumindest vorerst.
„Äh, hier gibt es keinen Detective Davenport“, sagte der Alte nach einer kurzen Pause. „Und wir halten hier auch niemanden gefangen – das ist die Wahrheit. Gefangene schicken wir heutzutage in die Unterstadt.“
„Das hier ist also nicht die Unterstadt.“ Ich kam mir vor wie in einer ziemlich schrägen Folge von Twilight Zone.
„Nein, gnädige Frau“, antwortete er kopfschüttelnd. „Das hier ist die Oberstadt.“
Scheiße, dachte ich mir. Offenbar beherrsche ich die Kunst des Wurmlochreisens doch noch nicht ganz.
„Na schön, gut. Vielleicht bin ich also in der Oberstadt, aber der Rest ist glatt gelogen. Ich weiß genau, dass ihr einen Detective Davenport habt, der in der Entführung meines Vaters ermittelt – also bitte!“
Der alte Wachmann nahm ein Notizbuch zur Hand und zog einen Bleistift hinter seinem Ohr hervor. Er befeuchtete sich den Zeigefinger mit der Zunge und blätterte das Buch mit der Fingerspitze durch.
„Und Ihr Vater wäre?“
„Mein Vater ist der Tod … kapiert?“, sagte ich entnervt. Musste ich dem Mann denn alles erklären?
Der Alte fing an, etwas in sein Buch zu schreiben, doch dann hielt er inne und schaute mich fragend an. „Und Ihr Vater
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