Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
einer neunzigprozentigen Wahrscheinlichkeit ausgegangen. Offenbar hat der Computer einfach keine Ahnung.“
Ich ließ meine Schwester glücklich tippend zurück – wahrscheinlich versuchte die kleine Hexe, ihre blöde Kiste dazu zu bringen, die Wahrscheinlichkeit meines Versagens noch zu erhöhen. Auf der Suche nach Jarvis ging ich Richtung Haupttreppe.
Jetzt, da ich die neue Vorsitzende und Generaldirektorin der Jenseits GmbH war, war Jarvis mein Assistent.
Ich war mir sicher, dass er die frohen Neuigkeiten bereits gehört hatte und in ebendiesem Moment versuchte, durch den Müllschlucker zu entkommen.
„Jarvis?“, rief ich, während ich den langen Flur entlangging, der vom Zimmer meiner Schwester zur Haupttreppe führte. Ich erinnerte mich verschwommen, dass der kleine Kerl erscheinen musste, wann immer mein Vater ihn rief. Hoffentlich war dieses besondere Vorrecht nun auf mich übergegangen!
Einen Augenblick später stand Jarvis genau vor mir, sodass ich vor Schreck beinahe die letzten beiden Treppenstufen hinunterfiel.
„Verdammt noch mal, Jarvis! Schleich dich nicht so an!“
„Ja, He …“
Jarvis hielt mitten im Satz inne und starrte mich finster an. Beinahe hätte er mich schon wieder „Herrin“ genannt. Es machte ihn wahnsinnig.
Hä, hä, wenigstens etwas an diesem Job, das Spaß macht, dachte ich und spürte, wie die Migräne, die ich in Arbeit hatte, langsam wieder nachließ.
„Du hast mich gerufen, Miss Calliope?“, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen, während er mir durch die Eingangshalle folgte.
„Für dich einfach Callie, mein kleiner Freund.“
Er schürzte die Lippen und schüttelte ratlos den Kopf. „Weißt du, man erwartet dich in einer halben Stunde zum Vorstandstreffen im Büro“, setzte Jarvis an, doch ich beachtete seine Worte nicht und fragte stattdessen: „He, reine Neugier: Aber musst du nicht alles tun, was ich dir sage?“
Er wurde eierschalenbleich. Man konnte förmlich zusehen, wie er nach einer Antwort suchte, die ihn vor einem schlimmeren Schicksal als dem Tod bewahren würde. Doch glücklicherweise blieb ihm keine Zeit dafür.
„Gehört das nicht zu deiner Arbeit? Wenn ich dich also darum bitte, mir Bio-Dim-Sum zu beschaffen, musst du das sozusagen … machen. Hab ich recht?“
Jarvis schluckte hörbar. Die Antwort bereitete ihm sichtlich Mühe. „Alles, was man vernünftigerweise erwarten kann …“, hob er an, doch ich fiel ihm ins Wort.
„Nein, ich erinnere mich da anders dran, Jarvis. Ich glaube, du musst alles tun, was ich verlange. Und damit meine ich wirklich alles.“
„Ja, Miss Calliope. Du hast mich erwischt. Ich muss deinen Anweisungen Folge leisten, aber dein Vater hat dieses Vorrecht nie …“
„Ich möchte, dass innerhalb der nächsten zehn Minuten ein Bio-Dim-Sum auf Hys Schreibtisch steht, und ich will keine Ausflüchte hören. Außerdem möchte ich ein Schreiben vom Vorsitzenden der Haus 6- Hof GmbH, in dem er Hy mitteilt, dass ich mit einem Spezialauftrag betraut und unterwegs bin – such dir was aus, Hauptsache aufregend – und dass meine Stelle nicht anderweitig vergeben werden darf, egal, wie lange ich weg bin.“
„Aber …“
„Kein Aber, Jarvis.“
Er schloss den Mund, und ein gepeinigter Ausdruck trat auf sein Gesicht, als wir bei der Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters ankamen. „Ja, Callie. Gibt es sonst noch etwas, das ich für dich tun kann?“
„Nein, ich denke, das genügt fürs Erste. Jetzt aber hopp, hopp, keine Müdigkeit vorschützen, Jarvilein!“ Mit diesem kessen kleinen Spitznamen beendete ich meinen Satz und schlug dem entsetzten Jarvis die Tür vor der Nase zu.
7
Ich hatte die Unsterblichkeit nie gewollt. Die Vorstellung erschien mir nicht mal ansatzweise attraktiv. Ich wäre absolut zufrieden damit gewesen, gut achtzig oder neunzig Jahre als unbedeutende Sterbliche zu verleben und schließlich in einem großen, alten Himmelbett die Kurve zu kratzen – im Kreise einer liebenswerten und weitläufigen Familie, bei der es sich vorzugsweise um meine eigene handeln sollte.
Aber wahrscheinlich hat der Nachbar immer den schöneren Rasen. Ich musste wohl einfach die Tatsache akzeptieren, dass ich unsterblich war und nicht das Geringste dagegen unternehmen konnte.
Mit sechzehn hatte ich einen Autounfall. Es geschah auf dem Rückweg von einem Ausflug nach New York City, zusammen mit meinen Newporter Freundinnen Jessie und Davia. Mit den beiden hatte ich jeden einzelnen Sommer seit meinem
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