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Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel

Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel

Titel: Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Benson
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ahnte bestenfalls, was für ein Gesicht zu einem solchen Paar Beine gehören würde, und die Beschreibung verdammt sexy würde ihm wahrscheinlich nicht annähernd gerecht werden.
    Erst jetzt kam ich darauf, mir die Hand anzusehen, die Kali mir zusammengequetscht hatte, aber ich entdeckte kein Anzeichen von gerissener Haut, keine Flecken getrockneten Blutes. Nichts als lange Finger, eine anmutige Handfläche und unlackierte, natürlich schöne Nägel.
    „Schau aufs Wasser.“
    Wieder diese sexy Stimme. Zuerst dachte ich, dass sie zu einem Mann gehörte. Dann, beim zweiten Mal, war ich plötzlich schrecklich verwirrt … und nun stellte ich fest, dass ich ein winziges bisschen mehr dazu neigte, die Stimme einer Angehörigen des weiblichen Geschlechtes zuzuordnen. Sie hatte eine gewisse RuPaul-Qualität, die mir am Anfang nicht aufgefallen war, ein weiches Timbre, das die darunterliegende tiefere, kehlige Note beinahe – aber doch nicht ganz – verbarg. Es war dieser kehlige Klang, der mich völlig durcheinanderbrachte.
    Ich verspürte einen unirdischen Drang, genau das zu tun, was die Stimme mir sagte. Es war einer dieser Momente, vor denen man von seiner Mutter immer gewarnt wird: „Würdest du vom Empire State Building springen, wenn deine Freunde es dir befehlen?“
    Dazu kann ich nur sagen: Ja, wenn diese Stimme mir befohlen hätte, vom Empire State Building zu springen, hätte ich genau das getan.
    „Schau aufs Wasser, Calliope Reaper-Jones. Und merke dir, was du dort siehst.“
    Zuerst erblickte ich nichts außer dem Horizont, der sich über seiner Geliebten, der Indigosee, in die Unendlichkeit zu erstrecken schien. Luft und Wasser hielten einander so innig umschlungen, dass es mir schwerfiel zu erkennen, wo der blasse, pfirsichfarbene Himmel mit seinen violetten Wunden aufhörte und wo die tiefblaue See anfing.
    Ich war wie verzaubert von dem majestätischen Anblick, der sich mir bot. Noch nie zuvor hatte ich einen Strand wie diesen gesehen, weder in der Wirklichkeit noch in einem Buch. Es war ein magischer Ort, der aussah, als hätte es ihn seit Anbeginn der Zeit gegeben und als würde er fortbestehen, wenn der Mensch und all seine Werke längst zu Staub zerfallen waren.
    „Sieh“, sagte die Stimme.
    Da sah ich ihn: den Dämon Vritra, dessen langer Schlangenleib sich durch den einsamen Ozean grub. Er hatte eine Drachenschnauze mit großen, bebenden Nüstern, einen schuppigen Kopf und Hals und große, mandelförmige Augen. Ich beobachtete, wie er sich zielstrebig dem Festland näherte, und kam dabei zu dem Schluss, dass er mindestens zwanzig Meter lang sein musste.
    Ich war mir nicht sicher, woher ich den Namen des Dämons kannte. Ich konnte mir nur vorstellen, dass mein Leihkörper bestens vertraut mit diesem Geschöpf war und etwas davon auf mich abfärbte. Seltsamerweise hatte ich nämlich keine Angst vor diesem Wesen. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall: Ich freute mich auf seine Ankunft.
    Vritra ließ sich von den Wellen anheben und vor mir auf den Strand spülen. Ich trat nicht auf ihn zu, ließ mir nicht mal anmerken, dass ich seine Ankunft bemerkt hatte. Der Dämon schob sich auf seinem mächtigen Bauch näher heran, bis er nur noch ein paar Meter von mir entfernt war. Dort hielt er an. Seine riesigen Augen blitzten im Zwielicht. So stand ich also allein mit dem Dämon in der Dämmerung.
    „Du bist gekommen.“ Die Stimme des Dämons war wie ein Zischen, und ich spürte, wie sich auf meinen Armen und Beinen prickelnde Gänsehaut bildete, während das letzte Tageslicht sich am Horizont festklammerte.
    Ich sprach nicht, sondern wartete darauf, dass Vritra fortfuhr.
    „Sie kommt. Ich kann es nicht verhindern. Sie ist schlauer, als du mich glauben gemacht hast.“
    Ich nickte. Mein Kopf fühlte sich so schwer an, als befände sich mehr als ein Mensch darin.
    „Doch wir werden sie alle bezwingen“, fügte Vritra hinzu, und im Halbdunkel sah ich einen Moment lang seine gespaltene Zunge hervorzucken – ein verdammt unheimlicher Anblick.
    Der Dämon schloss genüsslich die Mandelaugen, als ich die Hände ausstreckte und auf seinen zerfurchten Schädel legte, um das geschwollene Fleisch mit den Fingerspitzen zu massieren. Das Ungeheuer gab sich selbstvergessen meiner Berührung hin. An den Handflächen spürte ich den Puls seiner Gedanken als dumpfes Vibrieren. Es waren dunkle Gedanken, böse Gedanken. Die Person, in deren Körper ich gefangen war, fürchtete diese Gedanken – obwohl sie sich

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