Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
leiser und verstummte schließlich ganz. Nur eine Spur Meeresschaum blieb in Form einer glänzenden Schicht auf meiner Hand zurück. Sofort spürte ich, wie die magische Essenz des Schaums durch meine Adern strömte, sich mit meinem Blut vermengte und mir das befremdliche Gefühl gab, unbesiegbar zu sein.
Ich schaute Clio eindringlich an.
„Also, das war echt komisch …“, sagte sie unsicher und zeigte auf meine Hand. „Ich frage mich, was das zu bedeuten hat.“
Ich zuckte so lässig wie möglich mit den Schultern, doch innerlich wühlte mich das Geschehene ziemlich auf. Clio hatte recht … das Ganze war wirklich oberseltsam, und was mir dabei besondere Sorgen bereitete, war, wie sehr ich im Dunkeln tappte. Ich wusste nicht mal, ob es eine gute Sache war, dass der Meeresschaum seine Zelte in meiner Blutbahn aufschlug. Und selbst wenn das in Ordnung ging, wie, zum Teufel, sollte ich dem Vorstand beweisen, dass ich das blöde Zeug hatte, wenn es in mir drin war? Ich konnte schließlich nicht einfach mit ihm spazieren gehen wie mit Kümmerchen – die lag Gott sei Dank wenigstens an der Leine.
All das war mehr als genug, um mir ernsthafte Kopfschmerzen zu bereiten – und mein Schädel brummte ohnehin schon von den Abstechern in fremde Erinnerungswelten, die Kali mir aufgenötigt hatte. Und da wir gerade bei der hinterlistigsten Hindugöttin auf meiner Schwarzen Liste waren … Junge, nächstes Mal, wenn ich sie sah, würde ich ihr die Meinung sagen, egal, was für einen Riesengefallen ich ihr schuldig war!
„Callie?“, fragte Clio vorsichtig. „Äh, jemand, den wir beide kennen, hat gerade meine Tür aus den Angeln gezaubert.“
„Hä?“ Ich war noch immer zu sehr damit beschäftigt, mich über Kali aufzuregen, um die Anspannung in der Stimme meiner Schwester zu bemerken. Erst als Kümmerchen wie wahnsinnig zu bellen anfing, blickte ich auf und sah, dass Clio auf ein gähnendes Loch zeigte, das sich dort befand, wo einmal ihre Schlafzimmertür gewesen war. Anstelle einer hübschen weißen Massivholztür mit einem Velvet-Underground-Poster auf der Innenseite befand sich dort nun nichts außer einem unbeschädigten weißen Türrahmen – mit drei halben Riegeln und einem baumelnden Stück Schlosskette.
Dort standen meine Mutter und unser Rechtsanwalt Pater McGee. Beide wirkten nicht besonders glücklich, mich zu sehen.
„Hi, Mutter“, sagte ich und bedachte sie mit dem breitesten künstlichsten Lächeln, das ich zustande brachte. „So ein Zufall, dass ich dich hier treffe.“
Sie starrte mich finster an, was mich etwa zum dreimillionsten Mal in meinem Leben daran erinnerte, wie knallhart sie war. Sie sah vielleicht bildhübsch und anmutig aus, aber sie war, um Himmels willen, mit dem Tod verheiratet, und das ließ durchaus Rückschlüsse auf ihren Charakter zu.
„Calliope Reaper-Jones“, sagte sie mit zusammengebissenen, perfekt geformten weißen Zähnen. „Was hast du mit deinem Vater und deiner Schwester angestellt?“
„Ich?“, fragte ich und stand auf, wobei mir ein wenig schwindelig wurde. „Ich bin unterwegs und reiße mir den Arsch auf, um diese dummen Aufgaben zu erledigen, und du hast die Frechheit, mir die Schuld zu geben? Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, du kannst mich mal.“
„Calliope“, mischte Pater McGee sich mit wutverzerrtem Gesicht ein, „das reicht jetzt.“
„Wie bitte? Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, war ich nicht mehr fünf, also red nicht mit mir, als wäre ich ein Kleinkind. Und das gilt für euch beide.“ Ich warf meiner Mutter einen möglichst bedeutungsvollen Blick zu.
Kaum zu glauben, wie mies die beiden mich behandelten. Ich ließ mein eigenes Leben links liegen, um ihnen zu helfen, und das war der Dank? Kein Wunder, dass ich einen Vergessenszauber auf mich gelegt hatte … Ich hatte eben gewusst, zu was für einem Drecksleben man als Tochter des Todes verurteilt war.
„Der Detective von der Ermittlungsbehörde für Übersinnliches hat uns alles erzählt“, sagte meine Mutter. „Und ich kann nicht behaupten, dass seine Erklärung keinen Sinn ergeben würde, Calliope. Du wolltest immer sterblich sein, deshalb kann ich verstehen, dass du die Chance ergreifst …“
„Was?“, unterbrach ich sie. „Das soll doch wohl ein Witz sein. Du glaubst, ich hätte all das geplant, damit ich ein normaler Mensch werden kann?“
„Wir wissen von dem Geld“, sagte Pater McGee, und obwohl ich es mir nicht eingestehen wollte, sah ich deutlich,
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