Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
Das leichte Glitzern des Kristallglases zog Daniels Blick auf sich. Getrübt lag es im Sand – was seltsam war, denn als ich es zuletzt angeschaut hatte, war das Glas funkelnagelneu gewesen, nicht alt und angeschimmelt. Ohne mein Handgelenk loszulassen, hob Daniel das Glas auf, roch an den Resten seines Inhalts und zuckte entsetzt zurück.
„Hast du das etwa getrunken?“, fragte er und schüttelte mich.
Ich brachte nicht mehr als ein Nicken zustande. Mittlerweile konnte ich weder die Lippen bewegen noch schlucken. Stattdessen wurde ich selbst von einer unerklärlichen Lähmung verschluckt, die meinen ganzen Körper ergriffen hatte.
„Wie blöd kann man eigentlich sein?“, sagte er leise, aber trotzdem laut genug, damit ich ihn bestens verstehen konnte, falls es mich interessierte.
Wie bitte?, dachte ich. Wen bezeichnest du hier als blöd, Blödmann? Es war mir völlig egal, für wen Daniel sich hielt. Ich würde mich nicht einfach so von ihm runtermachen lassen. Ich konnte ihm zwar keine Beleidigungen an den Kopf werfen, doch ich konnte sie immer noch denken. Also, nimm das!
„Hör mal“, meinte er, während er mich behutsam in den Sand legte, „ich weiß, dass du jetzt wahrscheinlich total durchdrehst, aber es gibt keine andere Möglichkeit, das Gift zu neutralisieren.“
Das Gift? Spinnt der Typ?
„Lass dir gesagt sein, dass es für mich schlimmer ist als für dich.“ Mit diesen Worten begann er, sein weißes Baumwollhemd aufzuknöpfen.
Entschuldigung, warum ziehst du bitte schön dein Hemd aus?, dachte ich, während er nach seinem braunen Ledergürtel griff und ihn löste. Lieber Himmel, willst du mich etwa vergewaltigen?
„Es ist nichts Sexuelles“, sagte er, als könnte er meine Gedanken lesen. „Glaub mir, du bist im Moment die letzte Frau auf der Welt, mit der ich Sex haben möchte.“ Er zog seinen Gürtel aus der Hose, öffnete seinen Hosenstall und verriet damit, dass seine Vorliebe Boxershorts galt und nicht Slips.
Das Deprimierende daran war, dass ich zwar froh war, dass er nicht auf irgendwelchen schrägen Komapatientensexkram stand, ich mich aber trotzdem ein bisschen verletzt fühlte, weil er keinen Sex mit mir wollte. Und mit „ein bisschen“ meine ich, dass es wehtat, als hätte man mir die Seele in Brand gesteckt. Sex mit mir, hier in der Wüste, wo wir Sand in den Hintern kriegen und uns aller Wahrscheinlichkeit nach einen Ganzkörpersonnenbrand dritten Grades holen würden.
„Na schön, das wird wehtun.“ Er legte sich auf mich, sodass uns nur ein Paar Boxershorts und all meine Kleider trennten. Ich schaute zu ihm hoch. Sein Gesicht war etwa zwei Zentimeter von meinem entfernt, doch ich konnte nur daran denken, wie sehr mein Leben nervte. Selbst wenn ich lang hingestreckt am Boden lag und weder Arme noch Beine bewegen konnte, reichte das nicht, damit ein Kerl bei mir zur Sache kommen wollte.
„Ich muss schon sagen, du bist wirklich eine kranke und verdrehte Person. Was für schmutzige Gedanken du hast, Calliope Reaper-Jones.“
Verdammt noch mal, dieses Arschloch liest tatsächlich meine Gedanken!
Mit einem teuflischen Grinsen ließ Daniel mich wissen, dass ich absolut richtiglag. Dann bewegte er sein Gesicht noch näher an meines heran, bis unsere Lippen einander berührten. Seine weichen Lippen drückten sich fest auf meine, und er schmeckte honigsüß. Für einen kurzen Moment stockte mir der Atem, und die Welt um uns herum hörte auf zu existieren. Daniel und ich waren allein in einem Vakuum, das nur uns beide enthielt. Dann schlüpfte sein ganzer Körper in meinen, und es fühlte sich an, als hätte man mich direkt ins Paradies teleportiert. Noch nie zuvor war ich einem Menschen so nah gewesen – und dabei rechne ich Sex eindeutig mit. Es war einfach himmlisch. Allein das Wissen, dass er in mir drin war und seine Lebenskraft sich mit meiner mischte, machte mich ganz gaga vor Leidenschaft.
Daniel hatte gesagt, dass das, was er vorhatte, nichts Sexuelles sei, doch es handelte sich eindeutig um das Erotischste, was ich jemals erlebt hatte.
Ich hätte für immer in diesem Zustand verharren können, Daniels Körper auf magische Weise mit dem meinen verschmolzen, aber es sollte nicht sein. Mit einem Mal verzehrte ein brennender Schmerz meinen Körper von Kopf bis Fuß und ließ all das Glück, das ich soeben verspürt hatte, verglühen, bis nichts von mir übrig war außer einem sich windenden Klumpen Qual. Der
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