Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
genau mein – dummer – Höllenhund mich hingebracht hatte: eben dorthin, wo Kümmerchen früher bereits ihr erstes Wurmloch geöffnet hatte. Ich wusste, dass ich manchmal ziemlich nervig sein konnte – und das eben war eindeutig ein Manchmal-nervig- Erlebnis gewesen –, doch das war noch lange kein Grund, mich gleich in die endlose Wüste der Hölle zurückzuversetzen!
Ich hin wirklich eine schlechte Entschuldigung für ein übernatürliches Wesen, dachte ich traurig. Meine Mutter hatte recht: Ich war tatsächlich nichts als eine nichtsnutzige Möchtegernsterbliche! Ich steckte in der Hölle fest und hatte nicht mal genug magisches Talent, um sie zu verlassen.
„Himmel, ich bin echt jämmerlich“, sagte ich laut, und eh ich michs versah, weinte ich. Ich kam mir wie ein dummes Riesenbaby vor, als mir die Tränen über die Wangen liefen, doch ich konnte nichts dagegen machen. Wenn mir in diesem Moment jemand über den Weg gelaufen wäre, hätte er ein schniefendes, verrotztes, im Sand zusammengerolltes Häufchen Elend gesehen.
Es stimmte. Ich war wirklich eine ziemlich jämmerliche Person.
Schließlich gab ich der Depression, die ich bis jetzt unter Kontrolle gehalten hatte, nach. Ungeachtet des wirklich bösen Sonnenbrands, zu dem ich meine Haut damit verurteilte, schloss ich die Augen und ließ mich treiben. Das hatte ich mir verdient … jämmerlich oder nicht, der menschliche Geist verträgt nur ein gewisses Maß an Stress. Dann braucht er eine Pause.
Wenn man seinem Körper den Schlaf verweigert, bringt er einen automatisch in Situationen, in denen einem praktisch keine andere Wahl bleibt, als einzuschlafen. Auf diese seltsame Art zahlt der Körper es einem wohl irgendwie heim.
Zum Beispiel wird man plötzlich „ganz zufällig“ zu einem wirklich langen, wirklich langweiligen ausländischen Schwarz-Weiß-Film eingeladen, mit schlechten Untertiteln, die weiß anstatt gelb unten im Bild eingeblendet sind, sodass man sie unmöglich lesen kann, selbst wenn man will – was höchstwahrscheinlich nicht der Fall ist, aber darum geht es auch nicht. Man hat einfach keine Wahl. Der Schlaf überkommt einen, ob man will oder nicht. Es ist schlicht eine Tatsache.
Wahrscheinlich war das der Grund für meinen Gefühlsausbruch: Es handelte sich um einen Trick meines Körpers, um mich zum Schlafen zu bringen, damit er meine Energiereserven auffüllen konnte, ohne dass ich mich deshalb schuldig fühlen musste.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich ohne Bewusstsein war, doch als ich wieder zu mir kam, fühlte meine Nase sich unter meiner Berührung ganz warm und aufgeweicht an, etwa wie eine gefüllte Tortilla. Außerdem klebte eine dünne Salzschicht an meiner Oberlippe, ein Überbleibsel von verdunstetem Schweiß. Ich wischte mir den „Salzschnurrbart“ ab, gähnte und versuchte mich zu erinnern, wo ich mich befand und warum alles voller Sand war. Einen Moment lang hatte ich nicht die geringste Ahnung, doch dann fiel mir alles wieder ein, und anstatt mich ausgeruht und für jede Widrigkeit gewappnet zu fühlen, dachte ich nur daran, wie gemein mich meine Familie behandelt hatte. Am liebsten hätte ich einfach den Kopf in den Sand gesteckt.
Nein, ‚so feige war ich auch nicht.
Oh doch.
Eigentlich wünschte ich mir etwas, womit sich das leere Gefühl abtöten ließ, das sich beim Schlafen in meinem Herzen breitgemacht hatte.
Ich kam zu dem Schluss, dass das, was ich wollte, ein Drink war.
Ich bin echt keine Trinkerin, aber wie jedes andere amerikanische Vollblutmädel trinke ich dann und wann ganz gern mal einen kleinen Frou-Frou-Mädchencocktail. Und nach allem, was ich in letzter Zeit durchgemacht hatte, kam es mir durchaus nicht falsch vor, mein Elend in einem leichten Schnapsrausch zu ertränken.
Obwohl mir klar war, dass die Chancen, mitten in der Wüste eine Bar zu finden, praktisch gleich null waren, kriegte ich den Gedanken an etwas Neongrünes, Alkoholisches einfach nicht aus dem Kopf Ich weiß bis heute nicht, was mich geritten hat, aber plötzlich überkam mich der Drang, die Augen zu schließen und das Universum um einen kleinen Sorgentröster zu bitten.
Also tat ich genau das.
„Ich hätte gern einen Midori Sour, bitte.“
In der weiten Leere der Hölle war es so still, dass ich ein wenig über den Klang meiner eigenen Stimme erschrak. Worüber ich jedoch noch mehr erschrak, war der eiskalte Midori Sour, den ich plötzlich in meiner Hand entdeckte.
„Heilige Scheiße!“, japste ich und
Weitere Kostenlose Bücher