Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
behauptet, meine Mutter und mein Vater hätten sie geschickt, um mir beizubringen, wie ich meine magischen
Fähigkeiten besser kontrollieren kann. Aber ich glaube, das war alles gelogen. Ich denke, eigentlich ist sie gekommen, um mich zu warnen, damit ich dich nicht suche.«
»Woher sollte sie überhaupt wissen, dass du dich auf die Suche nach mir begeben würdest?«, fragte Senenmut unsicher.
»Das habe ich noch nicht rausbekommen. Aber als du meintest, dass Hatschepsut Rache an den Göttern nehmen will, dass sie sie um ihren eigenen Tod betrügen will, ist mir etwas in den Sinn gekommen.«
Senenmut starrte mich an. Es fiel ihm ganz offensichtlich schwer, seine Version von Hatschepsut mit der in Einklang zu bringen, die ich ihm gerade beschrieb.
»Es hat mich zu dem Schluss gebracht, dass jemand mich übers Ohr hauen will«, sagte ich. »Dass jemand anders Zerberus gesagt hat, dass er mich bitten soll, dich zu finden – und zwar aus ziemlich niederen Motiven.«
»Aber warum …«
Senenmut wurde von dem Geräusch von Stimmen am Eingang der Grabstätte unterbrochen.
»Wir müssen hier raus«, wisperte ich, stemmte mich mit dem Rücken gegen die Wand und drückte mich hoch. Sofort war Senenmut an meiner Seite und legte stützend den rechten Arm um mich.
»Hier entlang«, sagte er und führte mich in Richtung Statue. Er streckte die Hand aus, drückte etwas an ihrem Kopf und legte dann die Handfläche an die Mauer. Ein Stück Wand glitt beiseite, und Senenmut trug mich durch die Öffnung. Die Stimmen wurden lauter, gerade als das Wandstück sich wieder an seinen Platz zurückschob.
Ich wollte mich umschauen, doch es herrschte absolute Finsternis. Ich spürte Senenmuts Hand an meiner Hüfte, die mir Halt gab. Aber abgesehen von dieser kleinen menschlichen Berührung, die mich daran erinnerte, wo ich mich befand, hätte ich genauso gut irgendwo im Weltraum schweben können.
»Sieh«, zischte Senenmut mir ins Ohr und drückte mich mit dem Gesicht nach vorne, und ich stellte fest, dass ich wieder sehen konnte.
Wir befanden uns in irgendeiner Geheimkammer und konnten durch versteckte Gucklöcher in den Vorraum spähen, den wir gerade verlassen hatten. Mir fiel ein, dass Zerberus erzählt hatte, Senenmut sei Architekt gewesen, und ein Teil von mir fragte sich, ob er dieses Grabmal für seine Tochter gebaut hatte. Das kam mir ziemlich wahrscheinlich vor, da er offenbar wusste, wo sich all die Geheimverstecke und derlei mehr befanden.
»Hast du dieses Grab …«, setzte ich an, aber Senenmut bedeutete mir zu schweigen.
Ich versuchte nicht, weitere Fragen zu stellen. Stattdessen drückten wir beiden uns schweigend an die Wand und schauten zu, wie das Drama seinen Lauf nahm.
Es war komisch, doch langsam mochte ich den Kerl wirklich, jetzt, da wir keine Geheimnisse mehr voreinander hatten. Ich war froh, dass Zerberus mich geschickt hatte, um ihm zu helfen. Es war nicht richtig gewesen, dass er all die Jahre in der persönlichen Folterkammer der Schakalbrüder eingesessen hatte, und es freute mich, dabei geholfen zu haben, die Dinge für ihn in Ordnung zu bringen.
Die erste Person, die die Grabkammer betrat, war der Senenmut der Vergangenheit, gefolgt von zwei Wachen mit langen Speeren. Eine der beiden stieß ihm das stumpfe Ende des Speers in den Rücken, sodass Senenmut stolperte und nach vorne auf die Knie fiel. Er schrie oder klagte nicht, sondern stand einfach wieder auf und verharrte trotzig in der Mitte der Kammer.
Ich verglich diese Version Senenmuts mit der, die ich kannte, und stellte fest, dass sie praktisch identisch waren. Der einzige Unterschied bestand darin, dass dieser Senenmut weniger leidgeprüft und abgehärtet aussah. Ansonsten waren sie ein und dieselbe Person.
Einige Momente später betrat Mustafa den Raum. Er sah aus wie ein Racheengel Gottes. In der rechten Hand hielt er einen blitzenden Krummsäbel, und sein geschmeidiger, nachtfarbener Leib verschmolz mit den Schatten des Grabmals.
»Wo ist das Mädchen?«, fragte er die anderen Wachen, doch keiner von beiden wusste eine Antwort. Er überlegte einen Moment lang und nickte dann. »Sie muss zu sich gekommen und geflohen sein«, sagte er, und die anderen Wachen pflichteten ihm eifrig bei. »Es spielt keine Rolle. Wir haben den Mann, den wir wollen.«
»Den Mann, den ihr wollt?«, wiederholte der Senenmut der Vergangenheit, ehrlich verblüfft über seine missliche Lage. Der Blick seiner gelben Katzenaugen huschte zwischen den Wachen hin
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