Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
daheim, Jarvi – und was zum Teufel hast du an?«, sagte ich und grinste ungläubig.
Einmal mehr wünschte ich mir, meine Handtasche nicht verloren zu haben. Dann hätte ich jetzt mein Handy zücken und ein paar Erpresserfotos von Jarvis’ Garderobe machen können -natürlich nur zur Dokumentation für die Nachwelt –, obwohl ich natürlich wusste, dass er mir allein schon für den Versuch, ihm paparazzimäßig zu kommen, die Eingeweide zerfleischt hätte. Trotzdem hatte es etwas wirklich Bizarres an sich, Jarvis in Kleidersammlungsresten rumlaufen zu sehen, und die Situation schrie geradezu danach, dokumentiert zu werden.
Jarvis errötete, als er merkte, dass ich seine Kleider anstarrte.
»Ich bin verkleidet«, fauchte er und zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch.
»Als was verkleidet?«, fragte ich kichernd. »Du siehst aus wie ein fürchterlich schiefgegangener American-Apparel- Werbespot.«
Jarvis holte seinen Zwicker hervor – wahrscheinlich in dem Versuch, seine Würde wiederherzustellen – und starrte mich durch die Brillengläser an, was mich umso lauter kichern ließ, weil er einfach so absurd aussah.
»Oh, mein Gott, ich wünschte, ich hätte einen Fotoapparat«, ächzte ich, während mein Kichern sich zu einem lauten Lachen auswuchs.
»Sei einfach still«, sagte Jarvis, nahm den Zwicker ab und verstaute ihn fein säuberlich wieder in seiner Tasche.
Wahrscheinlich war ihm klar geworden, wie bescheuert sein Versuch aussah, Hip-Hop-Streetwear mit Dandychic zu kreuzen.
»Warum hast du dich überhaupt verkleidet?«, fragte ich.
Jarvis seufzte, schaltete ein paar Lampen an, setzte sich in den ledernen Ohrensessel meines Vaters und tätschelte mit der Hand die Armlehne. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an das zusätzliche Licht im Zimmer zu gewöhnen, aber aus dem Augenwinkel sah ich etwas mit braunem Fell auf dem Perserteppich aufblitzen, am geschnitzten Mahagonikamin vorbeihuschen (in dem sofort ein Feuer aufloderte) und elegant auf der Armlehne landen.
Einen Augenblick später folgte Clio der Katze ins Zimmer -und mir stockte der Atem.
Sie trug ein tief ausgeschnittenes rotes Trägertop und superkurze Jeanshöschen, in denen sie wie eine Trailerpark-Prinzessin aussah. In meinem ganzen Leben hatte ich meine kleine Schwester noch nicht so angezogen gesehen, und ehrlich gesagt war ich schockiert von ihrem Aufzug.
»Ach, du bist zurück«, bemerkte Clio geistesabwesend und stellte sich hinter Jarvis’ Sessel.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Clio, die ich kannte und liebte, hätte sich niemals so benommen (oder angezogen). Es stand außer Zweifel, dass Bastet für diese neuerliche Persönlichkeitsveränderung meiner Schwester verantwortlich war.
»Ähm, ja, wir sind zurück.«
Clio löste den Blick von mir und betrachtete dann Senenmut auf eine Art und Weise, die mich beinahe erröten ließ.
»Hast du nicht einen Freund?«, platzte es aus mir heraus, doch Clio zuckte nur mit den Schultern.
»Ach, wirklich?«
Jarvis meldete sich zu Wort und trug in gewisser Weise dazu bei, die Lage zu entschärfen. »Ich schätze, dass Bastet dich über unsere Unternehmungen aufklären muss«, sagte er leise und streichelte der Abessinierkatze den Nacken.
Es war mir unheimlich, dass Jarvis das Tier solcherart koste. Immerhin brachte er seine Zuneigung normalerweise nicht besonders deutlich zum Ausdruck, und als wir das letzte Mal miteinander geredet hatten, waren wir uns ziemlich einig darin gewesen, dass wir die Königin der Katzen nicht mochten … und jetzt das?
Echt komisch.
»Ich will eigentlich nicht hören, was Bastet dazu zu sagen hat«, murmelte ich und versuchte mit vorgeschobenem Kinn meine Verärgerung unter Kontrolle zu halten. Während ich fort gewesen war und versucht hatte Kümmerchen vor der permanenten Rückkehr in die Hölle zu retten, hatte Bastet sich fleißig bei meinen Freunden und meiner Familie eingeschmeichelt.
Und gleichzeitig versucht sie ihre Gedanken zu kontrollieren, dachte ich wütend.
Clio verließ den Schutz des Ohrensessels und kam auf mich zu. Während sie näher trat, hielt sie meinen Blick fest. »Callie, du musst Bastet zuhören«, sagte sie, legte die Arme um mich und drückte mich. »Sie hat erst nicht gewusst, dass wir auf ihrer Seite sind.«
»Was für eine Seite?«, fragte ich gereizt und schüttelte Clios tröstende Umarmung ab. »Ich verstehe nicht, wovon du redest.«
Clio zuckte über meine mangelnde Bereitschaft zur Vernunft
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