Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
starrte ihn finster an. »Wer sagt das? Stell dich nicht dumm, Jarvis!«, platzte es galliger aus mir heraus, als ich beabsichtigt hatte. Weil ich nicht die einzige Person verstimmen wollte, die auf meiner Seite stand – insbesondere jetzt, da ich rundum von waffenstarrenden Todesakoluthen umgeben war –, entschuldigte ich mich. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so ankeifen.«
Jarvis schien meiner Entschuldigung nicht zu trauen, aber weil er ein guter Freund war, nahm er sie widerwillig an und führte dann seine Bemerkung über den »guten Angriff« näher aus. »Ich glaube, das kommt aus dem Fußball …«
Ich verdrehte die Augen.
Er unterbrach sich. »Soll ich aufhören?«
»Nein, nein, nein«, sagte ich. »Bitte, ich möchte wirklich wissen, wie du die Sache siehst.«
Suri sah erst zu Jarvis und dann zu mir. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie uns beide für total durchgeknallt hielt – was wahrscheinlich näher an der Wahrheit war, als ich zugeben mochte.
»Wie ich soeben sagen wollte«, setzte Jarvis erneut an, »ich glaube, wenn du einfach tust, was du willst, anstatt um Erlaubnis zu bitten, dann sind die Ritter gezwungen, dir zu folgen.«
»Vielleicht«, meinte ich und versuchte zweifelnd auszusehen, obwohl ich das Gefühl hatte, dass Jarvis absolut richtig lag.
Normalerweise würde ich alles tun, um dem kleinen Faun nicht die Genugtuung zu geben, recht zu haben – er freut sich dann immer diebisch, was es noch tagelang erschwert, mit ihm zurechtzukommen –, aber in dieser Situation sah ich nur einen Ausweg: seinen.
»Also, ist doch kein Ding«, sagte ich und trat einen Schritt vor.
Es kam zu einem Moment der Verwirrung, als die Ritter nicht wussten, ob sie mich aufhalten oder sich mit mir mitbewegen sollten, doch letztlich entschieden sie sich dafür, mir zu folgen. Bei jedem Schritt blieben sie dicht bei mir, mit kampfbereiten Waffen und Rüstungen, die schepperten wie die Halsbänder, die alte Frauen manchmal ihren mordlüsternen Katzen umhängten, um ihre Missetaten zu vereiteln.
Jarvis und Suri bewegten sich schnell außer Waffenreichweite, als mein Gefolge und ich durch den Torbogen in die Halle traten. Ich kam mir ein bisschen dumm vor, als ich mich umschaute und feststellte, dass all die Leute und Wesen, die ruhig in den Studierzimmern gearbeitet hatten, nun am Mittelgang standen und mich beobachteten. Es war wie in so einem Traum, in dem man splitternackt zur Arbeit oder zur Schule kommt und alle einen anstarren und man sich wie ein Riesenvollidiot vorkommt – nur dass das Träume waren. Dies hier war die Realität.
»In Ordnung, Leute«, sagte ich laut, »weitermachen. Hier gibt es nichts zu sehen.«
Natürlich gab es eine Menge zu sehen, weshalb niemand sich vom Fleck rührte.
Da man also ohnehin nicht auf mich hörte, beschloss ich, die Gaffer zu ignorieren. Sollten sie die Show genießen. Mit Sicherheit hatte es in der Totenhalle noch nie zuvor etwas derart Interessantes zu sehen gegeben wie eine unsterbliche Mittzwanzigerin, die mit ihrer fröhlichen, gerüsteten Bande in Richtung Toilette rasselte.
Wir kamen nur langsam voran. Die Ritter wollten eigentlich nicht mitkommen, taten es aber trotzdem. Auf unserem Weg kamen wir an zwei Männern Ende sechzig vorbei, die braune Roben trugen und uns aus einem der Torbögen beobachteten. Ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um christliche Mönche handelte, doch mir wurde keine christliche Nächstenliebe zuteil, als wir sie passierten. Die beiden hielten weiten Abstand zu uns, zogen sich fast bis in ihr Studierzimmer zurück und bekreuzigten sich dann, als wäre ich irgendeine Art von Höllengezücht, das in ihr Revier eingedrungen war.
»Entschuldigt bitte die Störung, Jungs«, brummte ich schnippisch. »Hoffentlich haben wir euch nicht so sehr erschreckt, dass ihr euch die Gewänder nass gemacht habt oder so.«
Die beiden Mönche waren nicht die einzigen schwarzen Schafe, die wir auf der Suche nach der Toilette trafen. Nein, wir wurden von allen und jedem, denen wir auf unserem Marsch begegneten, mehr oder weniger wie Aussätzige behandelt.
Am anderen Ende der Halle, nicht weit von dem Wandteppich mit dem Ritter, der Katze und dem Einhorn, auf den ich bei meiner Astralreise gestoßen war, erspähte ich eine kleine Abessinierkatze in einem der Zimmer, die mit angewinkelten Hinterläufen auf einem Stuhl saß, während sie die Vorderpfoten sanft auf einen der langen Lesetische gestützt hatte. Aufgeschlagen vor ihr lag
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