Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
auf die Lippe und spürte ein Rinnsal heißen, salzigen Blutes auf der Zunge. Verzweifelt schluckte ich die Übelkeit herunter, die der Geschmack auslöste. Der Schmerz, der mich verzehrte, war so außerordentlich, dass er mich fast aus der Haut fahren ließ, doch als er schließlich nachließ, wurde mir klar, dass Daniel genau das getan hatte, was er gesagt hatte:
Er war in mich eingedrungen.
14
Ich öffnete die Augen. Daniels Schatten war fort, und ich war allein. Sofort rechnete ich damit, irgendeine Art von Schwere in meinem Innern zu spüren, die mich daran erinnerte, dass ich mir den Platz in meinem Kopf nun mit einer weiteren Seele teilte, aber als ich meinen Körper gedanklich absuchte, fand ich nicht das geringste Zeichen von Daniels Anwesenheit.
Das ist echt komisch, dachte ich bei mir. Sollte ich nicht spüren können, dass jemand in mir drin rumzappelt?
Die Erkenntnis, dies nicht zu können, jagte mir eine Heidenangst ein. Das bedeutete, dass sonst wer Teile meines Körpers bewohnen konnte, ohne dass ich jemals davon erfuhr.
Was für ein zutiefst Furcht einflößender Gedanke!
Plötzlich hörte ich ein knarrendes Geräusch hinter mir, bei dem mir das Herz in die Hose rutschte. Ich wirbelte herum, bereit, mich gegen jedweden üblen Mistkerl zu verteidigen, der mich angreifen wollte, und stellte fest, dass nicht nur ein übler Mistkerl mich ins Visier genommen hatte, sondern ein ganzes Bataillon.
Während ich anderweitig beschäftigt gewesen war, hatten die kurz zuvor hinausgeschickten Ritter offenbar beschlossen, mich mit kampfbereiten Streitäxten und Schwertern zu umzingeln. Ich zuckte zusammen, bereit für den Schlag, der mir den Kopf vom Rumpf trennen würde, wodurch die Sache mit der Unsterblichkeit ja so viel aufregender werden würde.
Wohl eher nicht!
Doch als ich nicht sofort von einem Schlag getroffen wurde, öffnete ich langsam die Augen. Nach wie vor rechnete ich mit dem Schlimmsten – und ich hatte keine Ahnung, was schlimmer sein konnte, als die Ewigkeit mit dem Versuch zu verbringen, seinen Kopf wieder am Körper zu befestigen – und spähte unter halb zugekniffenen Lidern zu den Rittern hinaus.
Jau, immer noch bewaffnet und bereit für ihr Zerstörungswerk.
Das nervt doch total, dachte ich angekotzt.
Je mehr Zeit ich im Fegefeuer verbrachte, desto klarer wurde mir, was Zerberus für ein Arsch war und wie daneben dieser ganze blöde Handel war, auf den ich mich mit ihm eingelassen hatte. Ich hatte nicht um diesen ganzen Mist gebeten, als ich den Job angenommen hatte. Enthauptung stand ziemlich weit oben auf meiner Liste der weniger spaßigen Möglichkeiten, sein Wochenende zu verbringen – und doch war ich nun hier und hatte es tatsächlich mit einem möglichen Enthauptungsszenario zu tun, an dem Tag, an dem ich mich eigentlich von einer sehr hektischen Arbeitswoche hätte erholen sollen.
Nein, das nervt nicht einfach nur total, dachte ich sarkastisch.
»Das ist scheiße«, sagte ich laut.
Mir fiel auf, dass ein paar der Ritter beim Klang meiner Stimme nervös herumzappelten – was mir total komisch vorkam. Ich meine, wenn diese Kerle so wild darauf waren, etwas kurz und klein zu hauen, warum hatten sie dann nicht einfach längst losgelegt und mich in kleine Stückchen zerhackt?
Da traf mich die Erkenntnis.
Nicht ich war der Gegenstand ihres Blutdurstes.
Mein Verstand, der sich heute schon so viel damit beschäftigt hatte, losgelöst von meinem Körper umherzutreiben, setzte sich in Gang und puzzelte all die Informationsfetzen, die ich erhascht hatte, zusammen. Aus der aggressiven Körperhaltung der Ritter hatte ich geschlossen, dass sie sich im Angriffsmodus befanden, aber als ich mir die Zeit nahm, ihre Formation genauer zu betrachten, stellte ich fest, dass die Brüder eigentlich eher eine Verteidigungshaltung eingenommen hatten. Ihre Tötungsabsicht war von mir weg gerichtet, nicht zu mir hin.
Oh mein Gott, dachte ich. Sie beschützen mich!
»Miss Calliope?«, hörte ich Jarvis hinter mir sagen. Ich drehte mich um und sah Suri und den Assistenten meines Vaters in der Tür stehen. Die jüngste Wendung der Ereignisse schien sie völlig zu verwirren.
»Äh-hä?«, antwortete ich vorsichtig. Ich befürchtete, dass irgendwelche plötzlichen Bewegungen meinerseits die prekäre Übereinkunft zerstören würden, zu der ich und die Ritter unbewusst gelangt waren – und ich hatte absolut kein Interesse daran, mein gerüstetes Gefolge wieder in Aufruhr zu
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