Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
nickte Michael grüßend zu. »Ich hab mir überlegt … ich wollte, eh, fragen …« Sie hielt einen Moment inne und senkte den Blick. Nach einigen Sekunden innerer Buße blickte sie wieder auf. »Tut mir leid«, setzte sie neu an. »Ich hätte vorher anrufen sollen. Aber in letzter Zeit mag ich Telefone nicht sonderlich … vor allem, wenn man über Dinge reden muß, die andere Leute nicht hören sollen.«
Michael wußte, was Janie wollte, ohne es lange erklärt zu bekommen. Der Tod des Trainers würde für sie Gesprächsstoff sein, bis sie ihn in die Geschichte ihrer Beziehung verwoben hatten – bis er eine selbstverständliche Nebensache geworden war, über die man nicht mehr nachgrübelte. Er gab ihr ein paar Augenblicke, sich zu fassen, und ließ sich dann über die kleinen Stückchen Information aus, die er ihr schon mitgeteilt hatte.
»Es ist nicht offiziell als verdächtiger Todesfall eingestuft worden. Und das wird vermutlich auch nicht passieren, weil es keine Hinweise gibt, die zu einem Verdächtigen oder sonst einer Anklage führen könnten. Aber genau das macht dieses Unglück eigentlich suspekt. Es müßte wenigstens irgend etwas geben, das man sich näher ansehen könnte.«
In diesem Augenblick fragte sich Janie, ob sie Kristina vom Tod des Trainers erzählen sollte. Vermutlich weiß sie schon davon, dachte sie. Aber wenn nicht? War es wichtig, daß sie – oder die anderen – davon erfuhr? Aber wenn sie es Kristina berichtete, würden Caroline und vielleicht sogar Michael hineingezogen. Es war etwas anderes, sich selbst in die Mitte eines Tornados zu begeben, als seine Freunde ähnlichen Gefahren auszusetzen.
»Merkwürdig, daß es keine Spuren gab!« Janie fuhr sich durchs Haar. »Sind sie da sicher? Sie haben aber auch gar nichts gefunden?«
»So ist es.«
»Nun, das bedeutet, daß sie nicht nach Caroline, dir oder mir Ausschau halten werden; aber das bedeutet auch, daß sie wahrscheinlich nicht herausfinden, wer ihm das angetan hat – wenn es denn jemand war.«
»Oder es handelte sich wirklich um einen Unfall.«
Michael sah sie überrascht an. »Das hörte sich aber vor ein paar Tagen noch ganz anders an. Da warst du sicher, daß an der Sache etwas faul ist.«
»In mir geht es drunter und drüber«, gab Janie nach einer Weile zu.
Michael und Caroline wußten nichts von Kristina und der Arbeit, die Janie für sie übernommen hatte. Kristina wußte nichts von Janies kleinem Fischzug mit Caroline, um an die Daten der Jungen zu kommen. Sie hatte Janie durch ihre Erkundigungen beim Camp gefunden. Zumindest hatte sie das gesagt. Aus irgendeinem Grund, den Janie nicht erklären konnte, glaubte sie ihr.
Was bedeuten würde, daß irgendeine andere Person oder Gruppe oder Agentur die Jungen aus Camp Meir im Visier hatte. Nicht unbedingt das Camp selbst – obwohl das noch nicht feststand. Der tote Mann mußte eine Drohung gewesen sein – und Janie hatte keinen Grund zu der Annahme, daß sie an Michael oder Caroline gerichtet war. Aber wenn Kristina und ihre Agentur sie durch das Lager gefunden hatte, würden die anderen, die in ihrer Vorstellung rasch zu den Bösen wurden, sie dann nicht auch auf diesem Wege finden?
Vielleicht nicht. Oder bereits passiert … Möglicherweise war die Website vom Camp Meir ein zu enges Verbindungsglied, als daß jemand es riskieren wollte, sich durch ihre elektronische Abrufung zu verraten.
Keinen dieser Gedanken konnte sie aussprechen oder aufschreiben. Ich bin die einzige, die alles weiß, wurde Janie plötzlich klar. Deshalb sollte ich gut auf mich aufpassen.
Sie wandte sich an Michael. »Könntest du so nett sein und mich nach Hause fahren?«
Das Treffen zwischen Kristina und dem Mann, der ihr Tun beaufsichtigte, war fast wie die Befragung nach der Rückkehr von einem Einsatz.
»Ich fühle mich allmählich wie ein geheimer Regierungsspion«, sagte sie zu ihm.
»Worüber du natürlich Bescheid weißt«, antwortete er mit einem Lachen.
»Nun ja, ich habe eine Menge gelesen.«
»Klar! War nur ein Spaß – versuche, es leicht zu nehmen. Aber es sieht tatsächlich so aus, als sei dieses ganze Projekt auf einmal sehr kompakt geworden.«
»Na, das ist es doch auch, meinst du nicht?«
»Vermutlich. Und je eher die Sache endlich ans Licht kommt, desto besser werde ich mich fühlen. Weißt du, deine Arbeit war wirklich hervorragend, Kristina. Du hast deine Sache heute abend glänzend gemacht. Deine Erklärungen waren klar und präzise, und sie haben
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