Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
setzte sich gerade hin; ihre Miene hellte sich auf. »Und Ihre Computer, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Das kostet eine Million Dollar Strafe, wenn ich mich an einem Computer vergreife.«
»Ich will ja nicht, daß Sie sich selbst daran vergreifen, John, ich meine, der Himmel verhüte, daß Sie sich etwas zuschulden kommen lassen … nur in Erfahrung bringen möchte ich, wohin ich mich wegen etwas wenden muß – das ist alles.«
»Was sollte ich über Zugangswege in einem Computer wissen, das Sie nicht wissen?«
»Ich muß herausfinden, welche Art Subventionsgeld da draußen herumgeistert. Sie scheinen unerschöpfliche Quellen zu haben, und ich bin seit einer Weile aus dem Geschäft … Sie sind doch eine Art Subventionskönig, nicht? Oder haben Sie den Biß verloren?«
»Ach, Spaß beiseite, Janie!«
»Nein, wirklich. Sie wissen immer, wie man an Geld kommt. Sie verfügen über einen gewissen Magnetismus.«
»Wozu brauchen Sie Geld?«
»Da wurde ein Kind an die Studie für Spinalregeneration verwiesen, die die Stiftung durchführt; aber mein Supervisor macht es mir schwer, den Jungen aufzunehmen. Und es könnte einen ähnlichen Fall in Boston geben, der mich auch interessiert. Die Stiftung hat dafür angeblich kein Geld.«
John warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Aber sicher hat sie das. Bei den Talenten! Wenn ihr eine kommerzielle Gesellschaft wärt, könnte man sich eure Aktien kaum leisten.« Er rührte in seinem Kaffee und klopfte mit dem Löffel an den Rand des Bechers. »Sie wollen es bloß nicht ausgeben. Ich hoffe, das überrascht Sie nicht.«
»Nein, im Grunde wohl nicht … natürlich bin ich enttäuscht, aber überrascht nicht!«
»Gut. Sonst müßte ich meine hohe Meinung von Ihnen ändern.«
»Übrigens gibt es noch einen Grund …«
Sie erklärte, was Tom zu ihrer Wiederzulassung meinte. »Je mehr ich über diesen Jungen erfahre, desto mehr denke ich, daß wir es da mit etwas Wichtigem zu tun haben.«
»Aber er hat sich Knochen gebrochen … das fällt nicht unter Neurologie«
»Seine Wirbelsäule ist schwer traumatisiert. Das ist neurologisch. Hören Sie, freilich ist es nicht Ihr Fachgebiet, also sehen Sie es vielleicht anders als ich. Aber glauben Sie mir, da liegt etwas Einmaliges vor. Vielleicht einmalig genug, um meine Wiederzulassung zu erreichen, wenn ich genügend herumstochere.«
»Liegt Ihnen so viel daran?«
»Ich hasse das, was ich jetzt tue. Es ist sinnlos. Ich fühle mich wie eine Art Milchmädchen, das Eimer mit Informationen von einem Ort zum anderen schleppt, damit meine Arbeitgeber es so aussehen lassen können, als seien ihre Medikamente wirksam.«
»Und – sind sie es?«
»Vielleicht. Ein paar durchaus! Und jetzt haben sie so viel Geld und so viele Leute in der Abteilung Erfolgsbilanz, daß sie die Sache einfach in Gang halten müssen. Sonst gehen die Investitionen, die sie schon getätigt haben, alle den Bach runter. Was ein weiterer Grund ist, warum Geld zur Verfügung gestellt werden sollte, um dieses Kind in die Studie aufzunehmen!«
»Man weiß nie, was hinter diesen Organisationen steckt. Sie haben einen Aufsichtsrat wie andere große Firmen auch. Denn im Grunde sind sie nämlich große Firmen; bloß behaupten sie, sie würden keinen Profit machen. Die Regierung läßt sie aus irgendeinem Grund damit durchkommen. Zuviel Politik, zuwenig Wissenschaft …«
»Scheußlich, dieser Tatbestand! Ich fühle mich fast wie eine – wie eine Hure. Aber es stimmt wohl. Ich meine, ich habe die Stelle bei der Stiftung angenommen, weil ich endlich wieder arbeiten wollte. Ich brauchte eine Ablenkung, um nicht an … andere Sachen denken zu müssen – aber auch, weil es so aussah, als hätten die ein Gewissen. Zumindest damals. Mittlerweile habe ich so meine Zweifel.«
John kicherte ironisch. »So ähnlich ging es mir, als ich hier anfing – und jetzt ertappe ich mich dabei, daß ich die ganze Zeit in die andere Richtung gucke. Der Elfenbeinturm – ich wollte nie einer von diesen Konzerntypen sein, die sich nur bis zum goldenen Handschlag durchwursteln. Aber ich bin einer. Der einzige Unterschied ist meine Dauerstellung. Was wollen Sie machen? So läuft es eben heutzutage auf der Welt.« Er zuckte mit den Schultern und lächelte wieder. »Wir können nur tun, was wir tun können, richtig?«
»Jawohl. Also können Sie sich für mich einige Subventionslisten ansehen.« Auch sie lächelte.
Vor allem am Abend, wenn er in England schlief und sie in Massachusetts
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