Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
kann, wenn sie wieder nach Hause kommt.«
»Ich sehe so viel von Betsy an ihr, Bruce, es läßt sich nicht ändern. Betsy wäre jetzt ungefähr im gleichen Alter.«
Er zog sie unter der Bettdecke enger an sich. »Sieht sie so aus, wie Betsy jetzt aussehen würde?«
»Ich habe kein Bild mehr von Betsy angeschaut, seit London. Aber sie erinnert mich einfach an den Typ junge Frau, der Betsy jetzt wohl wäre.«
Bruce stützte sich auf einen Ellbogen und sah Janie im fahlen Schein der unglaublicherweise noch immer sichtbaren Sonne an.
»Und wie sieht der aus?«
Janie seufzte. »Voller Leben, begeistert, an allem interessiert und unglaublich lieb.«
»Nach dem, was du mir erzählt hast, kommt mir diese Kristina nicht besonders lieb vor.«
»Doch, ist sie, auf ihre Art schon«, beharrte Janie und spielte mit seinen Brusthaaren. »Sie hat ein paar ganz rührende Eigenschaften. Vermischt mit den merkwürdigen. Aber ich mag sie immer mehr.«
Sie schwiegen einen Moment und hörten sich gegenseitig atmen. Janie begann einzuschlummern. »Ich kann nicht mehr dagegen ankämpfen«, murmelte sie, »gegen die Müdigkeit.«
»Gute Nacht.«
Tom starrte aus seinem Schlafzimmerfenster und beobachtete zerstreut, wie ein Käfer nach dem anderen ohne erkennbaren Grund draußen gegen die Straßenlaterne flog. In der Stille hörte er die Uhr auf seinem Nachttisch ticken, ticken und noch mehr ticken. Er starrte auf das erleuchtete Zifferblatt, als könne er es dadurch zum Verschwinden bringen.
Drei Uhr nachts. Die meisten Leute in Massachusetts lagen wohl in ihren Betten. Vielleicht nicht die, die an irgendeinem Rand lebten, und auch nicht die, die auf sie achtgaben, während sie an diesem Rand entlangbalancierten. Aber in Island waren die Leute vielleicht schon wach.
Und taten Dinge.
Mit wehem Herzen fragte er sich, warum ihrer beider Leben so asynchron verlaufen war. Er hatte sich, als er sie vor der dreiwöchigen Reise nach England zum Flughafen fuhr, geschworen, in der Sekunde, in der sie wieder heimischen Boden betrat, vor ihr auf die Knie zu fallen und sie wenn nötig anzuflehen, ihr Leben teilen zu dürfen. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, daß drei Wochen alles ändern würden.
»Das ist ja atemberaubend!« brach Bruce in Begeisterung aus. »Was für ein Panorama!«
»Ja, wirklich kaum zu fassen«, bekräftigte Janie.
Sie hielten sich an den Händen, als sie vorsichtig die metallene Plattform auf dem Gipfel des Kletterpfades umrundeten. Im Laufe des Vormittags waren sie langsam auf den Vulkan geklettert und hatten hin und wieder gerastet, oder sich geküßt, wenn ihnen danach war. Die Belohnung für ihre erheblichen Anstrengungen war die unerhörte Mondlandschaft, die vor ihnen lag: ein massives, glänzendes Feld aus Gletschereis.
Die Sonne, so hoch am Himmel, wie sie in Island überhaupt stieg, stand immer noch in einem Winkel, daß ihre Strahlen blendeten. Das Eis spiegelte sie wider und ließ sie sogar durch ihre Sonnenbrille dringen. Janie schützte ihre Augen mit einer Hand vor der gnadenlosen Attacke. »Ich glaube, heute nachmittag möchte ich irgendwas im Zimmer machen«, sagte sie. »Meine Augen sind wirklich strapaziert.«
»Mir fällt mindestens eine Sache ein, die wir drinnen tun könnten.«
Sie lachte laut auf, und das Eisfeld schickte das Echo ihres Lachens zurück. Also senkte sie die Stimme und sagte leiser: »Ja, natürlich, das auch, aber ich meine, danach.«
»Gibt es darüber hinaus noch was anderes?«
»Ja, was dich vielleicht überrascht. Aber ich dachte an etwas Bestimmtes. Im Reisebüro hat man mir einen Führer gegeben, und der erwähnt ein gewisses Arni-Magnussun-Institut. Es ist eine Art Museum. Sie haben da eine Menge alte Handschriften.«
Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie Ärger über seine Züge huschen, der aber gleich wieder verschwunden war. Lächelnd legte er einen Arm um ihre Schulter. »Du kriegst einfach nicht genug von diesen alten Schwarten, was?«
»Nein, anscheinend nicht.«
Als sie sich an den Abstieg machten, sagte Bruce: »Unsere erste Verabredung hatten wir auch in einem Museum.«
»Ja, stimmt.«
»Na, dann sollten wir uns dieses ebenfalls ansehen, schätze ich!«
»Als ich jünger war, haben wir so was ›Leibchen‹ genannt«, brummte er zärtlich, während seine Hände einen Knopf ihrer Strickjacke nach dem anderen öffneten. Und als sie über ihre Schultern rutschte und Janie nur noch ein Spitzenunterhemd und ihren Slip anhatte, hauchte er ihr
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