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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Schlimmeres geschehen – ein älterer Sohn war an der Pest gestorben, keinen Monat vor unserer Ankunft. Ich befragte die Frau, aber sie konnte mir nur wenig Auskunft geben. Sie sagte nur, der Schwarze Tod käme und ginge, raffe aber immer jemanden dahin. Ich fragte sie nach Ratten, und sie berichtete mir, der Junge habe oft allein welche gejagt und vielleicht in seinem verzweifelten Hunger auch gegessen. Wir fanden sein Grab, und ich nahm eine seiner Hände – möge Gott mir vergeben –, denn ich weiß, daß dieses Fleisch vielleicht eines Tages gebraucht wird. Es ist in einem Stoffbeutel verpackt und sicher verwahrt.
    Und so, dachte er bei sich, gleichzeitig von Stolz erfüllt und voller Angst um sie, ist die Tochter wie der Vater zur Grabräuberin geworden.
    Hatte sein eigener Vater die gleiche Angst und den gleichen Stolz empfunden, als er in Kates Alter war? Er sehnte sich aus tiefster Seele danach, ihn zu fragen. Und das tat er in einem kurzen, geflüsterten Gebet. Aber er hatte keine Zeit, auf eine Antwort aus seinem Herzen zu lauschen. Nun wandte er sich wieder dem Brief zu und dachte dabei: Mögen alle, die über Sterbliche wachen, achtgeben, daß diese Taten sie nicht so weit in die Irre führen, wie es bei mir der Fall war.

    Wir müssen uns beeilen, wieder von hier wegzukommen, lautete der Brief weiter, denn wir ziehen weiter nach Norden, und ich werde Karle nicht verlassen, ehe Ihr frei seid. Es wird eine Schlacht zwischen den Mannen von Charles von Navarra und den Anhängern des Dauphins geben; Marcel hat mit Navarra ausgehandelt, daß Karle ein Heer von Bauern zu dessen Unterstützung führt und im Gegenzug die Bauern gewisse Freiheiten erhalten werden, wenn der Dauphin geschlagen ist. Obwohl Karle und ich Navarra als grausame Bestie erkannt haben, konnte Marcel uns davon überzeugen, daß wir nur so unsere Ziele zu erreichen vermögen. Seid auf der Hut bei Eurem Umgang mit Elizabeth, Père, denn sie ist die Gattin meines Halbbruders. Karle beharrt darauf daß Ihr das wißt – aber ich muß es mit diesen Zeilen noch einmal wiederholen, um Euch daran zu erinnern. Wir fürchten um Euch, wenn Lionel erfährt, wer Ihr seid. Trotzdem erwarten wir Nachricht von diesem Pagen der Gräfin. Möge Gott Euch beschützen und bald zu uns schicken.

    Er sah aus dem Fenster; die schattenhaften Gestalten standen dicht beieinander. Karle schien einen Arm um Kate gelegt zu haben, als wolle er sie beschützen, nicht Alejandros wegen, sondern aus eigenem Antrieb. Mit einem tiefen Seufzer kritzelte Alejandro hastig die Antwort:

    Tochter, ich tue alles, was ich kann, um vor Elizabeth meine wahre Identität zu verbergen – und de Chauliacs Zwecken würde es im Augenblick nicht dienen, sie ihr zu offenbaren. Meine nächste Botschaft an Dich wird w ahrscheinlich von Chaucer kommen – ich habe erst heute einiges in die Wege geleitet, aber ich kann noch nicht sagen, wann es fruchten wird. Doch gewiß bald, denn Elizabeth scheint eine ungeduldige Person zu sein. Der Page wird unter dem Namen » Jacques « nach Karle fragen, denn so hat er ihn kennengelernt.
    Ich sehne mich danach, wieder an Deiner Seite zu sein. Vielleicht wirst Du mir dann verraten, warum Dein Brief weit häufiger » wir « sagt als » ich « . Der Herr sei mit Euch beiden!

KAPITEL 22
    Janie starrte aus dem Fenster, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Sonnenlicht glänzte auf dem Atlantik, und sie blinzelte, um die grellen Reflexe abzuwehren, die sie blaue Flecken sehen lassen würden, wenn sie zu intensiv auf die Wasseroberfläche starrte. Um sich abzulenken, überlegte sie, ob das, was da unten aufblitzte, weiße Schaumkronen oder vielleicht die Spitzen von Eisbergen waren.
    Bis zur Landung würde es nur noch ein paar Minuten dauern. Ihre Erregung war nur zögerlich gewachsen, als sie die Reise antrat, eincheckte und an Bord ging; aber jetzt, kurz vor dem Wiedersehen mit Bruce nach so langer Trennung, platzte sie schier vor Vorfreude. Der Flug war zwar relativ kurz, trotzdem hatte sie schon alles gelesen, was der Bildschirm in der Rückenlehne des Sitzes vor ihr zu bieten hatte; und der Roman, der eigentlich zur Unterhaltung in ihrer Handtasche steckte, hatte sie nicht fesseln können. Beinahe verzweifelt drückte sie auf den Sprechknopf ihres Helms und sagte zu ihrem Sitznachbarn: »Sieht ziemlich kabbelig aus da unten. Glauben Sie, daß wir über die Stelle geflogen sind, wo die Titanic untergegangen ist?«
    Wenigstens ein paar zustimmende Worte

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