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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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vielleicht als etwas ansah, das diese Belastung sichtbar machte.
    »Schau«, sagte sie mit mehr Überzeugung, als sie eigentlich empfand, »derzeit besitze ich das Journal. Ich habe das Risiko auf mich genommen, es ans Tageslicht zu bringen, und deswegen soll es einstweilen dort sein, wo ich es haben will. Und das ist der Ort, wo es sich im Moment bereits befindet – im Depository.«
    Er blieb regungslos stehen. »Nun gut«, sagte er förmlich. »Ich schätze, jetzt hast du’s mir gegeben.«
    Janie war ein bißchen verblüfft über diesen plötzlichen Mangel an Verständnis zu einer Zeit, zu der sie eigentlich ihre Gemeinsamkeit hätten genießen sollen. Sie sehnte sich danach, alles wieder ins Lot zu bringen. »Komm«, bettelte sie leise, »wir wollen uns doch diese Tage hier nicht verderben. Falls wir wirklich streiten müssen, finden wir vermutlich ein besseres Thema – irgendwas, bei dem einer von uns gewinnen könnte. Und ich bin sicher, daß es dazu kommt – ein anderes Mal. Tatsächlich hoffe ich, daß wir oft Gelegenheit haben, uns persönlich auseinanderzusetzen. Aber im Augenblick ist unsere Zeit begrenzt, also laß uns aufhören und sie genießen, okay?«
    Ein paar Sekunden vergingen. Dann sagte er: »Okay! Du hast recht.«
    »Das sind für mich die drei Worte, die ich von einem Mann am liebsten höre.« Sie lächelte und hoffte, daß ihr Lächeln ihn überzeugte. »Würdest du jetzt einer dämlichen Weibsperson in mittleren Jahren gestatten, dich zum Abendessen einzuladen? Ich habe Hunger nach all der Lauferei.«
    Die Härte in seinem Gesichtsausdruck schwand. »Ich auch. Gehen wir.«

    Man roch ihn viele Häuserblocks weit, den angsterregenden Geruch von nassem, verkohltem Holz und widerwärtigen Chemikalien zur Feuerbekämpfung. Michael Rosow stand vor dem zerstörten Haus und schüttelte traurig den Kopf, während neben ihm Caroline weinte. Er war auf dem Revier gewesen, als der Anruf eines Nachbarn kam; aber bis die Feuerwehr eintraf, war es schon zu spät, um Janies Haus noch zu retten. Das Zuhause, das sie einst mit ihrem Mann und ihrer Tochter geteilt hatte, beschränkte sich jetzt auf einen triefenden Trümmerhaufen, aus dem der Qualm noch heißer Asche aufstieg. Reste eines Blumenmusters, wie durch ein Wunder verschont geblieben von dem ehemaligen Wohnzimmer, bildeten die einzige Farbe in dem schwärzlichen Chaos.
    Er streichelte Carolines Rücken, während sie hinter vorgehaltener Hand schluchzte. »Was hat sie gesagt, wann sie nach Hause kommt?« fragte er leise.
    »Sie wußte es nicht genau. In ein paar Tagen vielleicht.«
    »Vielleicht sollte jemand sie anrufen.«
    Caroline wischte ihre Tränen ab. »Warum? Das Ganze wird nicht besser aussehen, wenn sie früher wiederkommt.«
    »Sie wird es wissen wollen.« Er seufzte schwer und zog ein Handy aus der Tasche, »Ich glaube, wir überlassen das Tom.«

    Tom stand vor dem Ankunftsbereich für internationale Flüge im Logan Airport und versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen, wie er sich das letzte Mal gefühlt hatte, als er Janie hier abholte. Diesmal würde er wenigstens nicht denselben vernichtenden Schlag erleben müssen. Er hatte einen Blumenstrauß in der Hand gehabt, damals nach der Londoner Reise; aber als er die Nachricht gelesen hatte, die sie einem anderen Passagier mitgegeben hatte, hatte er die Blumen auf einen nahen Stuhl gelegt und dort gelassen. Diesmal war er mit leeren Händen gekommen. Was ihn beschämte. Denn in seinem Herzen sah es gegenteilig aus.

KAPITEL 23
    Wie de Chauliac vorhergesagt und Alejandro sich sehnlich gewünscht hatte, kehrten die Symptome von Gräfin Elizabeth geheimnisvollerweise am nächsten Morgen zurück. Also machten sie sich wieder auf den Weg zu ihr, denn de Chauliac wollte unbedingt sein Versprechen halten, sich um sie zu kümmern – so lächerlich ihr Leiden auch sein mochte.
    Alejandro ritt neben Geoffrey Chaucer, die Wachen hinter ihnen. De Chauliac blieb ein ganzes Stück zurück und murrte, grollte und fluchte über ihre alberne Mission. Hin und wieder drehte der Jude sich um, schaute über die Schulter zurück und lächelte dem Franzosen spöttisch zu, was dessen Zorn noch steigerte.
    Ungefähr nach der Hälfte des Weges beugte Alejandro sich zur Seite und sagte leise zu Chaucer: »Ihr liebt doch Intrigen, junger Mann, oder irre ich mich?«
    »Ist das so deutlich zu sehen?«
    »So deutlich wie die Pockennarben auf dem Arsch einer Hure, denke ich«, erläuterte Alejandro.
    Er pflegte

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