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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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sie bei ihm blieben. Aber Kate ließ nicht mit sich handeln.
    Wie gewohnt, sorgten sie zuerst für Sauberkeit und beseitigten allen Schmutz, den ihre Vorgänger hinterlassen hatten. Der Vater schnitt für die Tochter einen geraden Ast, sie selbst sammelte etwas Stroh, mit einem Lederriemen banden sie das Stroh an den Ast und verfertigten so einen einfachen Besen. Unverzüglich nahm Kate ihn an sich, denn Fegen war natürlich Frauenarbeit, während Männer sich um die Dinge kümmerten, die größere Körperkräfte erforderten.
    Außerdem, hatte sie ihm viele Male gesagt, könnt Ihr es einfach nicht so gut wie eine Frau.
    Alejandro ließ seine eigenen Aufgaben einen Moment ruhen und sah zu, wie sie den Lehmboden kehrte und ihn von Ungeziefer befreite; als um sie herum Staub aufwirbelte, verlor er sich in seinen Erinnerungen und sah …
    … das kleine Kind, das tapfer den Besen schwang, der in Mutter Sarahs Hütte zurückgeblieben war, den Spinnweben zu Leibe rückte und dann, als es mit dem feinen, aber schädlichen Gespinst fertig war, mit seinen schmutzigen Händchen die eigenen Tränen wegzuwischen versuchte … ein kleines Mädchen, das Stroh aufschüttete und Arme voll Brennholz hereintrug … das eilig seine Pflichten erfüllte, während er bebte und zitterte und schließlich, von der Pest gefällt, auf das Strohlager sank – ob er sich davon wieder erheben würde oder nicht, hing gänzlich von dem Kind und der Stärke seines jungen Willens ab.
    Sie hatte damals getan, was nötig war, und sie tat es heute. Irgendwie gelang es Guillaume Karle, sich in ihren geübten Rhythmus einzufügen, als sei er immer da gewesen, und schließlich Alejandros Aufgaben zu übernehmen wie ein junger Kämpfer mit samtigem Geweih, der den alternden Platzhirsch verdrängte. Kate verbannte den Schmutz, den Staub und die Spinnweben aus der Hütte, und der junge Christ trug das Feuerholz herein, das ihre Nächte erhellen, ihr Essen wärmen und ihr Wasser kochen würde. Nachdem Karle mit dem Sammeln von Reisig fertig war, schnitt er große Mengen frisches Gras für ihre Betten und trug es in riesigen Ballen in das Lagerhaus. In einer Ecke stapelte er es zu einem großen Haufen.
    Als er ihn hoch genug fand, sagte er: »Wohin soll es gelegt werden?«
    Alle hielten inne in dem, was sie gerade taten. Kate und Karle sahen Alejandro an, und Alejandro schaute zwischen ihnen hin und her. Die unausgesprochene Frage hing in der Luft und wartete auf Antwort, während im Westen glühend die Sonne unterging.
    Endlich raffte Kate sich auf: » Père, ich muß ein Wort mit Euch sprechen.« Sie sah Karle kurz an, dieser nickte und ging hinaus ins Freie.
    Als sie allein waren, legte die Tochter sanft eine Hand auf den Arm ihres Vaters. »Er ist ein guter Mann, Père. Ihr konntet nicht wissen, was für einen geeigneten Beschützer Ihr gewählt habt.«
    Alejandro streichelte ihr Haar und lächelte ein wenig traurig.
    »Ich glaube, nicht ich habe gewählt, Tochter, sondern eher die Vorsehung.«
    »Dann versteht Ihr hoffentlich, daß ich diesen Mann vor Gott zu meinem Ehemann nehmen will.«
    »Will er dich denn auch zur Frau?«
    »Das müßt Ihr ihn selbst fragen.«
    Er wollte seine Hand nicht von ihrem Haar nehmen; es fühlte sich sauber, kühl und wunderbar vertraut an – wie immer, seit er ihr beigebracht hatte, es zu bürsten.
    »Muß ich?« fragte er leise.
    »Aye, Père. Ihr müßt!«
    Da wurde ihm eine unangenehme Wahrheit klar. Vor ihm stand eine voll ausgewachsene Frau und nicht das Kind, das er aus England mitgenommen hatte. Der Gedanke bedrückte und verwirrte ihn, aber er begriff, was er zu tun hatte.
    Er nahm seine Hand weg. »Karle«, erhob er seine Stimme.
    Der Gerufene erschien in der Tür. Er blickte rasch zu Kate, die kurz lächelte und dann die Augen niederschlug.
    Die beiden Männer sahen einander einen Moment schweigend an. Dann sagte Alejandro: »Meine Tochter sagt, daß Ihr mit mir sprechen möchtet.«

    Als de Chauliac sich in dem leeren Raum umschaute, ließ nichts als ein sauber gefalteter Stapel höfischer Kleidung erkennen, daß hier vor kurzem ein Mensch gew ohnt hatte. Er hinterläßt nirgends Spuren, zumindest keine sichtbaren. Keine Überbleibsel, kein Topf mit körperlichen Ausscheidungen, der hätte geleert werden müssen. Er war mit wenig gekommen und nur mit einem ordentlichen Anzug gegangen: Nichts von ihm war geblieben als der eine Gegenstand, den ihm der Wachmann bei seiner Flucht hatte entreißen können, sowie sein

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