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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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nicht er hatte den Treffpunkt gewählt, sondern sein Verbindungsmann.
    »Nur Bargeld«, hatte dieser gesagt. Auf der ganzen Fahrt war Bruce nervös gewesen, weil er eine so große Summe in Banknoten bei sich trug. Er hatte sich daran gewöhnt, mit einer Plastikkarte zu zahlen. Bargeld war eine Last, denn man mußte es tragen – es enthielt Keime, es konnte gestohlen werden.
    Seine »Verabredung« kam um einiges zu spät. Schon wollte er aufstehen und gehen, da klopfte ihm von hinten jemand auf die Schulter.
    »Dr. Ransom?«
    »Ja«, sagte er und drehte sich um. Er hatte sich irgendeinen unangenehmen Typ in ungepflegter Kleidung vorgestellt, jemanden, der nach Alkohol und Illegalität roch. Jemanden, der weit mehr nach Randgruppe aussah als die Person, die ihn begrüßte. Und weit männlicher.
    »Sie sind Merrill Jenkins?«
    Die zierliche, attraktive Lady überwältigte ihn mit ihrem Lächeln. »Du liebe Zeit, nein. Ich bin seine Assistentin und geschickt worden, Sie zu holen. Mr. Jenkins wartet draußen im Auto. Würden Sie mir bitte folgen?«
    Bruce nahm seine Jacke und seinen Schirm und folgte – auf den ersten Blick entflammt – der jungen Dame aus dem Lokal, neidisch beobachtet von den übrigen Gästen, die sich zunächst falsche Vorstellungen machten. Sie nahmen an, Bruce würde die junge Frau für gewisse Aufmerksamkeiten bezahlen. Sie ahnten nicht, daß er statt dessen eine enorme Summe für ihren Arbeitgeber bei sich trug, und zwar sehr viel mehr, als das Vergnügen ihrer Gesellschaft gekostet hätte, damit er eventuell seine Visaprobleme verschwinden ließe …

    Nur, was du für die Nacht brauchst, hatte er gesagt und gemeint, den Rest könnten sie morgen holen. Sie warf ein paar Dinge in einen Rucksack, den er ihr ausgehändigt hatte. Kleider zum Wechseln, einen Pullover, ein Nachthemd, ein paar Toilettensachen …
    Ihre Schuhe … das letzte verbleibende Paar aus einer einst stolzen Sammlung. Vorhin hatte sie sie ausgezogen und unter das Bett im Gästezimmer gestellt, kurz vor dem Gespräch mit Bruce. Sie sah sie nicht sofort, und deswegen ließ sie sich auf alle viere nieder und schaute unter den Rand der Tagesdecke.
    Da waren sie. Sie streckte die Hand aus und zog sie heraus, und während sie sie über die Holzdielen zog, hörte sie ein Knistern.
    An den Sohlen klebte das Einwickelpapier von einem Pfefferminzbonbon.
    Sie hielt es in der Hand, starrte es ein paar Sekunden an und flüsterte dann: »O mein Gott …«

    Als sie am frühen Abend aus der Stadt fuhren, begegneten sie einem Krankenwagen. Sie tauschten einen nervösen Blick, als das rote Blinklicht auf dem Kamm eines Hügels sichtbar wurde.
    Was machte dieses Bonbonpapier unter dem Bett im Gästezimmer?
    Sie durchsuchte ihr Gedächtnis nach einem Anlaß, bei dem Kristina in diesem Zimmer gewesen sein könnte. Kein einziger fiel ihr ein – sie hatte immer in Toms Arbeitszimmer gesessen. Janie fühlte sich verwirrt, verraten und sehr müde.
    Der Krankenwagen fuhr vorbei, und die Lichter verschwanden hinter ihnen. »Diese Dinger machen mich auf einmal nervös«, sagte sie.
    Irgendwie müssen sie eine Art Beziehung haben, von der ich nichts weiß, etwas hinter meinem Rücken; kein Wunder, daß sie so schnell so gut miteinander auskamen.
    »Zu Recht. Wir sollten alle nervös sein. Wegen einer Menge Dinge.«
    Als sie ein paar Minuten später einem zweiten Krankenwagen begegneten, flüsterte sie: »Das ist kein Test.«
    »Nein. Aber wir werden alle getestet.«
    Er wollte ihr nicht sagen, wohin er fuhr. »Ich möchte, daß es eine Überraschung ist!«
    Janie fragte sich, wie sie noch überraschter sein könnte, als sie bereits war.
    »Vertrau mir einfach«, bat er.
    Ob, das würde ich ja so gern … aber …
    Sie hob die kleine Tasche auf, die zu ihren Füßen stand, und nahm sie auf den Schoß. Schützend drückte sie sie an sich und sagte:
    »Weißt du, das ist so ziemlich alles, was ich auf der Welt noch habe. Dazu ein paar Kleider in deinem Haus und die Sachen, die ich in deinen Safe gelegt habe – aber damit hat es sich dann auch.«
    Nach einer Pause sagte Tom: »Vermißt du viel?«
    Das kam ihr wie eine dumme Frage vor. »Ich vermisse die Vertrautheit der Dinge.«
    »Eine Zeitlang wird uns allen das jetzt so gehen. Bis diese Wolke vorbeigezogen ist.«
    »… hört sich an, als wärst du sicher, daß sie wieder verschwindet.«
    »Alles geht vorbei. Die Frage ist nur, wann.«
    Bitte, oh, bitte, laß dieses Mißtrauen vergehen, und das schnell.

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