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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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irgendein Grund, warum sie nicht hereinkommen sollen?«
    Sie biß sich auf die Unterlippe, um nicht wieder zu weinen.
    »Könnte sein. Deswegen brauche ich Kristina.«

    Sie starrte durch das Okular auf die schlimmste Bestie in der aufgezeichneten Geschichte der Mikrobiologie, einen einzelligen feuerspeienden Drachen, den alle Ritter und Damen der biochemischen Tafelrunde in den Jahren seit seinem ersten Erscheinen zu erschlagen versucht hatten, ohne den geringsten Erfolg. Und deshalb erkannte Kristina MR SAM in ihrem Mikroskop in dem Moment, in dem sie ihn sah – obwohl sie noch ein Kind gewesen war, als der medikamentenresistente Staphylococcus aureus mexicalis sein entsetzliches Debüt gegeben hatte. Sie blickte von dem Mikroskop auf und nickte Janie zu, die mit beschämt gesenktem Kopf vor dem hastig eingerichteten Isolationsr aum am Türrahmen des Labors lehnte – dem nackten weißen Raum, in dem Caroline eingeschlossen vor sich hin schluchzte.
    Michael stand ihr gegenüb er. Sein Gesicht war von dem Schock verkniffen und angespannt. Sich selbst überlassen, hätte er all die vernünftigen Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen, die er bei seiner alltäglichen Arbeit mit Inbrunst befolgte, und sich mit bloßen Fingernägeln durch die Tür gekämpft. Als sie die Tür verriegelten, die ihn jetzt von seiner Frau trennte, hatten Tom und John Sandhaus ihn festhalten müssen. Sobald sie ihn losließen, ging er mit Fäusten auf die Stahltür los und verfluchte alles und jeden, der ihm einfiel.
    Man berief eine Dringlichkeitssitzung ein. Es entbrannte eine hitzige und sehr schmerzhafte Diskussion, aber man kam zu einer Einigung. Die Rede war von Isolation, notwendigem Übel und unbarmherziger Entschlossenheit, das Nötige vorzunehmen.
    »Ich glaube, Sie sollten sich das ansehen«, sagte Kristina leise, nachdem sie ein paar Minuten in das Mikroskop geschaut hatte. Ihre Augen wanderten sekundenlang zu Michael und wandten sich dann wieder Janie zu.
    Müde stand Janie von ihrem Stuhl auf und schlurfte durch das kleine Labor, mit einem bleiernen Schritt nach dem anderen. Das, was Kristina ihr zu zeigen hatte, würde bestimmt schlimmer sein, als erwartet. Die Bakterien würden sich vervielfachen und gedeihen und triumphal allem widerstehen, was man ihnen in den mörderischen Weg werfen konnte.
    Warum, fragte sie sich verzweifelt, habe ich gedacht, daß ich dagegen etwas ausrichten könnte?
    Sie würden alle sterben, genau hier an ihrem »sicheren« Ort, wenn MR SAM freikam, was er definitiv schaffen würde – weil ihm das immer gelang, früher oder später.
    Als Kristina sie dazu aufforderte, drückte sie das Auge an das Mikroskop und schaute auf den Zellabstrich von Carolines halbamputiertem Zeh. Es gab noch einen weiteren Abstrich mit Zellen von ihrem Niednagel, der darauf wartete, ihnen seine eigene Botschaft mitzuteilen.
    Sie werden ausschwärmen, herumschwimmen, sich teilen, eine richtig satanische Party feiern …
    Doch sie taten nichts dergleichen – statt dessen waren sie mit dem bakteriellen Äquivalent dessen beschäftigt, was man mit »nach Luft schnappen« hätte bezeichnen können.
    »Allmächtiger«, flüsterte Janie. Sie sah zu Kristina auf. »Was ist das? «
    »Ich weiß nicht. Aber sehen Sie sich die andere Probe an.«
    Sie nahmen den Objektträger mit dem Zellmaterial des Zehs aus dem Mikroskop und schoben den Abstrich von Carolines Finger ein. Der Anblick war buchstäblich identisch.
    »Irgend etwas läßt sie – schrumpfen«, stellte Kristina fest. »Es sieht merkwürdig aus – gewöhnlich fressen sie einfach alles, womit sie in Kontakt kommen, und suchen sich dann die nächste Nahrung.« Erneut sah sie in das Mikroskop. »Nimmt sie irgendwelche Medikamente?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    Als sie wieder aufblickte, verriet Kristinas Miene angespannte Erregung und hoffnungsvollen Unglauben. »Entweder das, oder sie hat eine Abart von MR SAM, die zu einem selbstzerstörerischen Zustand mutiert ist.«
    »Normalerweise läuft es andersherum – so ist MR SAM überhaupt erst MR SAM geworden. Zur Unbesiegbarkeit mutiert! Noch nie habe ich von irgendeinem Bakterium gehört, das sich selbst außer Gefecht setzt.«
    »Ich auch nicht!«
    »Aber MR SAM hatte ja schon immer eine Vorliebe dafür, Dinge zu tun, mit denen wir nicht rechnen«, murmelte Janie.
    Erwarte das Unerwartete, flüsterte Alejandro in ihrem Ohr.
    Jetzt dachte sie laut: »Vielleicht läuft da etwas ab, worauf wir gar nicht kommen

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