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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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daran; aber im Gegensatz zu Paris, das unter den Nachwehen eines Krieges litt, war Avignon unter dem Schutz der Kirche in aller Stille gediehen, und man hatte sogar Mittel zu seiner Verschönerung gefunden. Der weite, gepflasterte Platz war übersät von den verachteten Tauben, die landeten, um gelegentlich an Pferdeäpfeln zu picken, und es herrschte lebhaftes Treiben. Die Ziege noch immer im Schlepptau, sah Alejandro sich auf dem Platz nach einem Zeichen um, wohin er sich wenden sollte. Aber die Menschen strebten in alle Richtungen, und er fand keinen Hinweis.
    Das Baby begann wieder mit seinem Geschrei, diesmal heftiger, und wollte sich nicht beruhigen lassen. Also saß Alejandro ab und führte das Pferd an den Rand des Platzes, wo er es an einen Baum band. Er löste den Strick der Ziege und hockte sich neben sie. Ihr Euter war fast voll; es war ohnehin an der Zeit, sie zu melken. Er massierte mit einer Hand das Euter, mit der anderen tätschelte er Guillaumes winzigen Rücken, und bald begann die Ziegenmilch zu fließen. »Hier kommt dein Abendessen, Kleiner«, sagte er und stellte einen kleinen Eimer aus seiner Satteltasche unter sie. Langsam und geduldig füllte er das Gefäß, denn Eile würde die Milch sauer werden lassen oder die Ziege erschrecken, was beides nicht wünschenswert war.
    Dann setzte er sich auf eine steinerne Mauer und nahm das Kind auf den Schoß. Er tauchte die Ecke eines kleinen weißen Tuchs in die warme Milch und legte sie sanft an die Lippen des Kindes. Das winzige Baby saugte genüßlich und hatte das Tuch bald leergesaugt. Alejandro wiederholte den Vorgang, bis sein Schützling gesättigt war; dann tauchte er seinen eigenen Finger in die Milch und bot ihn dem Baby an, damit es die Wärme von Fleisch zwischen den Lippen kennenlernte. »Wenn wir eine Amme für dich gefunden haben, mußt du wissen, was du zu tun hast«, murmelte er liebevoll.
    »Sie wird dir etwas Besseres als Lumpen anbieten!«
    Ihm kam es so vor, als habe er seit der Abreise aus Paris nichts anderes getan, als zu reiten, das Kind zu füttern und seine Windeln zu wechseln, wenn es nötig war. In den Zwischenpausen versuchte er zu schlafen. Aber er hatte das Gefühl, insgesamt nur ein paar Stunden die Augen geschlossen zu haben. Man stelle sich vor, dachte er bei sich, eine Frau wäre allein mit einem Säugling … wie sollte sie überleben? Er wußte, daß in solchen Fällen häufig alle beide starben.
    Aber dies würde das letzte Mal sein, daß dieses Kind sein Abendessen aus einem Stück Stoff saugen mußte; denn wenn alles wie geplant verlief, würde er einen Tempel finden, dort eine Jüdin suchen, die sich ihrer erbarmte und sich als bezahlte Amme anstellen ließ.
    Als das Kind gesäubert und gewickelt war und wieder vor seiner Brust hing, band er die Ziege an das Pferd. Er trat auf den Platz hinaus und hielt den ersten intelligent aussehenden Fußgänger an.
    »Bitte, Herr«, sagte er, »wo finde ich den Teil der Stadt, in dem die Juden leben?«
    Der Mann starrte ihn argwöhnisch an. Alejandro hielt eine Pergamentrolle vor sich, die er selbst auf hebräisch geschrieben hatte.
    »Jemand schuldet mir Geld, und ich muß es eintreiben.«
    Der Mann musterte die Schriftrolle verächtlich und zeigte in südliche Richtung. »Da entlang«, fertigte er ihn kurz ab.
    »Welche Straße soll ich suchen?« rief Alejandro ihm nach.
    »Rue des Juifs!«

    Es war eine dunkle und enge Straße wie die Rue des Rosiers, alles andere als hübsch, aber sauber und ordentlich und von vertrauter Lebhaftigkeit. An den Türrahmen sah er nicht die Überreste von Mesusahs, sondern die Symbole selbst. Er stieg vom Pferd und führte das Tier am Zügel. Auf dem Weg durch die Straße berührte er jede einzelne Mesusah.
    Er ging zwei oder drei Blocks weit und wurde von den Passanten vage, aber nicht unfreundlich angestarrt. Dies mußte eine eng verbundene Gemeinschaft sein, in der sich alle Bewohner kannten und jeder wußte, wohin er gehörte. Die Wachsamkeit, sein ständiger Begleiter während eines ganzen Jahrzehnts, ließ langsam nach, und er fühlte sich seltsam leicht und frei. Obwohl übrigens seine ganze Aufmachung städtisch war, wurde er nicht sofort als Außenseiter empfunden. Manch einer nickte ihm vorsichtig zu, wenn er vorbeikam. Er kannte sein Ziel selbst nicht genau, aber er lächelte und nickte mit wirklich empfundener Freundlichkeit und verspürte keinerlei Argwohn.
    Und plötzlich, als habe Gott selbst ihn geführt, fand er sich vor

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