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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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nicht.«
    Und das, ohne das Fleisch vorher im Kochtopf zu erhitzen, dachte Kate. »Niemand darf Ratten essen«, ordnete sie entschieden an. »Niemals wieder! Ratten zu essen, ist der fast sichere Tod.«
    »Wir sind ohnehin sicher, daß wir sterben werden.«
    Auf diese hoffnungslose Bemerkung hatte Kate keine Antwort. Sie war bestürzt über die Verzweiflung, die sie sah, und gab der Frau ihre letzten Äpfel. Plötzlich schämte sie sich ihrer eigenen strahlenden Gesundheit, das Fleisch auf ihren Knochen war ihr peinlich. »Habt Ihr denn gar kein Brot?« hakte sie nach.
    »Wie sollen wir Brot backen? Sie haben den Pflug genommen – es gibt also keine Felder und daher kein Mehl. Überdies vermag mein Mann den Boden nicht mehr zu bestellen; er kann sich nicht lange genug aufrecht halten, auch nur eine Reihe umzugraben. Nicht einmal Steckrüben pflanzen wir mehr an. Navarra hat uns obendrein all unser Vieh genommen!« Sie drehte den Kopf zur Seite und spie gehässig auf den schmutzigen Boden.
    Dann begann sie zu weinen, der kleine Junge kam aus seiner Ecke und klammerte sich an ihren Rock. »Wie sind wir in diese Lage gekommen?« schluchzte die Frau. »Wir hatten so vieles, wofür wir uns immer bedankten! Und jetzt ist alles verloren.«
    Guillaume Karle trat näher an Kate heran und flüsterte: »Könnt Ihr nichts für diesen Mann tun? Hebamme? «
    Sie warf ihm einen unsicheren, ängstlichen Blick zu. Dann ging sie zum Lager des gelblich aussehenden Bauern. Sie prüfte seinen Zustand, so gut es ging, ohne ihn zu berühren, denn dadurch hätte sie sich nur angesteckt. Cholera, schloß sie aus ihrer kurzen Musterung. Alejandro hatte ihr die Symptome oft beschrieben; mit großer Wehmut berichtete er oft von seinem alten Soldatenkameraden, der die Cholera aus tiefster Seele fürchtete, und dann statt dessen der Pest zum Opfer fiel.
    Wieder bei Karle, flüsterte sie: »Da ist wenig zu machen. Aber ich wage nicht, sie ohne jede Hoffnung zurückzulassen.« Der Frau befahl sie: »Ihr müßt Brennmaterial sammeln, soviel Ihr könnt – denn alles Wasser, das Euer Gatte trinkt, soll vorher abgekocht werden. Er muß möglichst viel trinken. Nach dem Aussehen seiner Haut ist er ziemlich ausgetrocknet.« Dann wandte sie sich an das Kind.
    »Kennst du Löwenzahn?« fragte sie.
    Der Kleine nickte dumpf.
    »Dann pflücke allen, den du findest; es wird deinem père helfen, gesund zu werden. Bring die Blätter deiner maman, damit sie daraus Tee für ihn kocht.«
    Nun kam die Frau wieder an die Reihe. »Der Tee aus Löwenzahnblättern kann seinem Magen helfen; vielleicht wird er dann fähig sein, etwas Nahrung bei sich zu behalten.« Sie streckte den Arm aus und legte eine Hand auf die Schwangere. »Ihr müßt die Blätter trocknen, die übrigbleiben, dann zermahlen und als Pulver einnehmen. Sie enthalten eine Kraft, die sowohl Euch als auch Eurem Kind dient.«
    Die Frau, mindestens doppelt so alt wie ihre Ratgeberin, warf Guillaume einen argwöhnischen Blick zu. Dieser gab den Blick sofort an Kate weiter.
    Sie begriff das Zögern und verkündete: »Diese Dinge hat mein père mich gelehrt.« Dann schlug sie die Augen nieder und flüsterte Karle zu: »… als er immer durch die Tür meines Wandschranks zu mir sprach.«
    Karle konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, versuchte aber, es vor der kränklichen Bäuerin zu verbergen. »Das ist ein guter Rat«, sagte er zu der Frau, »und Ihr solltet ihn befolgen.«
    »Aber sie ist so jung …«, begann diese.
    »Ihr père ist ein Arzt. Zwar ist sie jung für eine Hebamme, hat jedoch bei ihm viel Weisheit erworben.«
    Damit schien die Frau zufrieden. Sie machte dem Kind mit einer Umarmung Mut und schickte es aus nach den erforderlichen Blättern. »Vielleicht gibt es auch noch Holz für ein Feuer«, überlegte sie laut, während sie ein Umschlagtuch ergriff. »Hinter dem Haus.«
    Sie folgten ihr nach draußen und brachten genug Holz zurück, um ein Feuer anzuzünden. »Ich werde jeden Tag für die Genesung Eures Mannes beten.«
    Alsbald verließen sie das Haus und seine elenden Bewohner und bestiegen ihre Pferde. »Warum hat sie vor mir geknickst?« fragte Kate neugierig.
    »Weil es so lange her ist, daß sie Gesundheit zu sehen bekam. Sicher hat sie Euch für eine Art Göttin gehalten.« Er lächelte spöttisch. »Oder wenigstens für eine Prinzessin.«
    Sie starrte ihn einen Augenblick verwirrt an, und als ihr klar wurde, daß er scherzte, faßte sie sich wieder. Der Wunsch, weiterzuziehen,

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