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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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er an beiden Ellbogen gepackt und auf die Füße gerissen.
    Er hinkte jämmerlich, als er durch das Grabgewölbe und eine andere Stiege hinauf geführt wurde. Als er wieder ans Tageslicht kam, fand er sich im Hof des Gebäudes wieder, das er noch vor so kurzer Zeit bewundert hatte. Während er über die Steine geschleift wurde, fragte er sich, warum er kein Prickeln im Rücken verspürt hatte, als er vorhin an diesem Haus vorbeigekommen war – nachdem er nun wußte, wem es gehörte.
    Der adelige Hausherr erwartete ihn in einem großen, holzgetäfelten Raum, der schön möbliert und mit reichverzierten Wandbehängen geschmückt war. Alejandro wurde unsanft auf einen feingewebten Teppich vor den aristokratischen Arzt gestoßen. Dieser saß in einem Sessel mit hoher Rückenlehne und starrte ihn mit unverhüllter Bosheit an; sein Blick verlangte wortlos Erklärungen für die letzten zehn Jahre.
    Er wird nicht glauben, was ich durchgemacht habe, sondern mich für wahnsinnig halten.
    Also schwieg Alejandro; doch er schaute sich um und sah zu seinem Erstaunen ringsherum an den Wänden Bücher. Während er so dastand und an Würde sammelte, was ihm geblieben war, blickte er über die Regale hinweg und versuchte, die Anzahl zu schätzen. Es mußten Hunderte von Folianten sein; und obwohl er wilde Gerüchte über eine Bibliothek in Córdoba mit mehr Büchern gehört hatte, als ein Mann in einer Woche zählen konnte, hatte er seit seiner Zeit als Student an der Universität von Montpellier nicht mehr so viele Bände versammelt gesehen wie hier. König Edwards Bibliothek in Windsor Castle war nicht halb so groß.
    »Offenbar fesselt Euch der Inhalt meiner Bücherschränke, Meister«, bemerkte de Chauliac. »Das überrascht mich nicht. Es gibt hier viele schöne Bände. Ich habe sie mit großer Sorgfalt gesammelt.«
    Alejandro starrte ihn bloß an. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was er sagen sollte. Daher verzog er die Mundwinkel und erwiderte: »Seid gegrüßt, Monsieur de – ah, Pardon! Ich meine, Doktor de Chauliac … es ist in der Tat sehr lange her. Wir sind beide älter geworden – aber ich muß zugeben, daß Ihr anmutig gealtert seid, und Ihr scheint Euch bester Gesundheit zu erfreuen!«
    » Merci, Doktor Canches! Ich erinnere mich von Euren kurzen Besuchen bei mir, daß Ihr über eine gute Beobachtungsgabe verfügt.« Natürlich hatte de Chauliac seinen wahren Namen herausgefunden. Spanische Soldaten dürften ihn ihm genannt haben, als sie ihn in Avignon ergreifen wollten, er aber schon fort war.
    »Und was ist mit Eurem Herrn, Seiner Heiligkeit Papst Clemens? Wie befindet er sich?«
    Sehr freundlich, daß Ihr fragt, aber Ihr müßt in einer Höhle gelebt haben, erwartete er als Antwort von de Chauliac. Statt dessen teilte der Franzose ihm mit: »Ich bedaure, Euch sagen zu müssen, daß Seine Heiligkeit vom Blitz getroffen wurde, nachdem er Euch nach England geschickt hatte. Ich habe alles versucht, konnte ihn aber nicht retten. Sein Blut hat von der Gewalt dieses Blitzes gekocht. Es war, sagen wir, ein unglückseliges und ziemlich unappetitliches – Ereignis.«
    Was für eine unglaubliche Ironie, dachte Alejandro. »So eine Tragödie – vor allem, nachdem Ihr seine Gesundheit immer so aufopfernd geschützt hattet!«
    Doch während er in der Bibliothek dieses Mannes stand, umgeben von dessen eindrucksvoller Weisheitssammlung, empfand Alejandro unwillkürlich eine gewisse Bewunderung für den ehemaligen Arzt des Papstes. Obwohl ihm de Chauliac und der jetzt verstorbene Clemens übel mitgespielt hatten, indem sie ihn diktatorisch nach England schickten, hatte er in der kurzen Zeit seines Studiums bei diesem Lehrer viel gelernt.
    Ihr müßt all Eure Kunstfertigkeit aufwenden, um die Ansteckung zu meiden, hatte de Chauliac ihn beschworen, als er ihn auf die Reise vorbereitete; denn ich glaube, daß sie durch die Luft von einem Opfer auf das andere überspringt, ohne daß wir jemals sehen, auf welche Weise! Gott hat gewollt, daß dieser Vorgang einstweilen nur Ihm selbst sichtbar ist. Wir können es nicht durchschauen. Aber es ist da, so sicher, wie die Schöpfung sieben Tage gedauert hat. Es ist da, und eines Tages, so Gott will, werden wir in der Lage sein, dieses Phänomen zu erkennen.
    Alejandro wußte, daß sich im Wasser winzige Tiere befanden, und de Chauliac hatte angedeutet, daß es auch in der Luft welche gab.
    »Es waren die Ratten«, platzte der Jude laut heraus.
    De Chauliac zog eine Augenbraue hoch und

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