BENUTZT: Psychothriller
Sohn um die Ecke gelaufen kam und ihm aufgeregt alles Neue erzählte. Er hörte immer noch, wie seine Frau in der Küche mit einem Topf klapperte, und wie seine Tochter einen Diskobesuch auszuhandeln versuchte.
Er drehte den Schlüssel in der Wohnungstür um, trat in das Dunkel des Flurs und musste wieder einmal akzeptieren, dass er umsonst auf all das wartete. Alles, was ihn empfing, war gnadenlose Stille. In den ersten Wochen war er darüber fast wahnsinnig geworden. Hatte die Wohnung manchmal mitten in der Nacht fluchtartig verlassen und war stundenlang durch die Stadt gelaufen. Dass es langsam besser wurde, war vermutlich auch Jennis Verdienst. Einen verständnisvolleren Menschen hätte er wahrscheinlich kaum finden können. Sie ließ ihm den Schmerz um seine Frau - ohne das geringste bisschen Eifersucht - und nahm ihn einfach, wie er war.
Mike machte den Fernseher an, um wenigstens fremde Stimmen in der Wohnung zu haben, schenkte sich ein Glas seines sündhaft teuren Whiskys ein und versuchte, sich etwas zu entspannen. Nach dem zweiten Glas fielen ihm tatsächlich die Augen zu, und er schlief, wie so oft, in seinem Sessel ein.
–10–
„Halsschmerzen“ war Kassandras erstes Gefühl, nachdem sie aufgewacht war. Noch immer saß sie an die Wand gelehnt, mit dem Kopf auf ihren Knien, in dieser undurchdringlichen Dunkelheit. Sie brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, wo sie war. Dann meldete sich auch schon die Angst zurück und zog den Knoten um ihren Magen enger. Trotz des elenden Durstes, der auch für ihre Halsschmerzen verantwortlich war, war der Schmerz ihrer nun übervollen Blase stärker. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass sie sich bereits vor der Begegnung mit der Spinne erleichtern wollte, es vor Schreck und Angst aber verdrängt hatte. Aber was sollte sie tun? Von der vermeintlich sicheren Pritsche heruntersteigen, oder den einzig sicheren Platz einnässen?
Noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnte, ertönte ein weit entfernt klingendes Geräusch, das am ehesten dem Quietschen einer schweren Tür gleichkam und wie durch eine lange Röhre hallte. Ohne dass Kassandra dem etwas entgegensetzen konnte, begann ihr Körper erneut zu zittern. Nach kurzer Stille setzte ein schleifendes Geräusch ein, das unweigerlich näher kam. Starr vor Angst und Hilflosigkeit konzentrierte sie sich darauf, das, was sie hörte, einzuordnen. Das Schleifen kam kontinuierlich näher, aber war da nicht auch das schwere Atmen eines Menschen zu hören? Sie starrte in den schwarzen Raum bis ihre Augen brannten, doch da war absolut nichts zu erkennen. Dann ertönte erst ein metallisches Klicken, und einen Sekundenbruchteil später wurde sie von drei ultrahellen Halogenstrahlern regelrecht auf ihrem Platz fixiert. Tausend Nadelstiche malträtierten ihre Augen, die es nicht geschaffte hatten, sich rechtzeitig zu schließen. Trotz der neuen Schmerzen filterte ihr Gehirn erst das erneute Quietschen einer Tür heraus. Dann, nach wenigen Sekunden, den Schlag wie diese wieder geschlossen wurde und anschließend das scheppernde Geräusch von Metall auf Metall. So sehr sie es wollte, es war ihr unmöglich, die Augen zu öffnen. Wieder ertönte das leise Klicken, dann verschwand das Licht hinter ihren geschlossen Augenlidern, und alles war still.
»Hallo?«, Kassandras leise Stimme verebbte ungehört, und doch hatte sie das Gefühl nicht mehr alleine zu sein. Erneut rief sie: »Hallo, ist da wer?« Nichts regte sich. Was, wenn er neben mir steht? ging ihr durch den Kopf, und das Zittern verstärkte sich. Plötzlich drang ein leises Stöhnen an ihr Ohr. Sie versuchte ihren Kopf so auszurichten, dass sie besser hören konnte. Und tatsächlich: Da war wieder ein Stöhnen, und die Person konnte nicht allzu weit von ihr entfernt sein. Vorsichtig schob Kassandra ein Bein nach vorne. Das Stöhnen klang nicht nach einer Bedrohung, sondern nach einem Menschen, der Hilfe brauchte!
Jetzt ließ sie das zweite Bein folgen, doch im selben Augenblick, als ihre Füße den Boden berührten, setzten erneut die Schritte und das schleifende Geräusch ein. Reflexartig zog sie sich wieder auf ihren Platz an der kalten Steinwand zurück, doch dieses Mal war sie gewarnt. Als die Scheinwerfer erneut aufglühten, schützte sie ihre Augen mit vorgehaltener Hand und blinzelte seitlich heraus. Es dauerte einige Augenblicke bis das Bild scharf wurde.
Ihr erster Gedanke war, dass sie sich in einem Tierkäfig befand. Die Wände bestanden aus rohem, aber
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