Beobachter
gemerkt?«
»Also«, sagte Tess, »wenn die Depressionen hatte, dann fresse ich, ehrlich gesagt, einen Besen. Die hat mit ihrer Art andere in Depressionen gestürzt, so war es höchstens. Sie selbst … na ja, man schaut in Menschen nicht hinein, besonders dann, wenn sie sich einer näheren Kontaktaufnahme völlig verweigern. Aber ich kann es mir bei ihr nicht vorstellen. So wie ich Liza Stanford erlebt habe, würde ich das für ausgeschlossen halten.«
»Danke, dass Sie Zeit für mich hatten«, sagte Christy.
2
Es verblieben drei Frauen auf Christys Liste, die sie hatte aufsuchen wollen: die drei Teilnehmerinnen an Ellen Currans Frauengruppe, die neben der ermordeten Carla Roberts und der verschwundenen Liza Stanford nun noch übrig waren.
Ellen Curran hatte Namen und Adressen aller Gruppenmitglieder gemailt, aber Christy hatte schon herausgefunden, dass sie nur mit einer der Frauen würde sprechen können. Die beiden anderen waren schon im Dezember gemeinsam zu einer Rundreise durch Neuseeland aufgebrochen und würden erst im Februar nach England zurückkehren.
Blieb Nancy Cox, die am Telefon sehr nett geklungen hatte. »Kommen Sie einfach am Vormittag zu mir«, hatte sie zu Christy gesagt, »ich genieße seit einem Jahr meinen Ruhestand. Ich habe Zeit.«
Während sie ihren Wagen durch die Stadt und den langsam verebbenden starken Berufsverkehr des frühen Morgens steuerte, musste Christy an ihr Gespräch mit Fielder vom Samstag denken. Sie hatte wissen wollen, was Logan Stanford, den sie bislang nur aus der Presse kannte, für ein Typ sei, und Fielder hatte eine ganze Weile gezögert.
»Ich will ehrlich sein, ich mag ihn nicht«, hatte er schließlich gesagt. »Aber dieser Umstand sollte natürlich nicht den geringsten Einfluss auf die Ermittlungen haben. Er hat einfach furchtbar viel Geld und lässt das auch richtig raushängen, und solche Menschen waren mir noch nie sympathisch. Außerdem ist er der klassische Staranwalt, von dem man den Eindruck hat, er geht über Leichen, nimmt es mit der Wahrheit nicht allzu genau, schafft unversteuertes Geld beiseite und erwirkt eine einstweilige Verfügung nach der anderen, wann immer ihm jemand auch nur einen Schritt zu nahe kommt. Wissen Sie, was ich meine?«
Sie hatte gelacht. »Ja. Ich verstehe schon. Aber seien Sie vorsichtig mit Ihren Aussagen. Besonders, was die Steuerhinterziehung betrifft!«
»Ich sage das ja nur zu Ihnen, Christy. Keine Ahnung, ob es stimmt. Aber man kann es sich bei ihm einfach vorstellen.«
»Das Verschwinden seiner Frau beunruhigt ihn tatsächlich nicht?«
»Er ist es gewohnt, wie er behauptet. Ebenso ist er es gewohnt, dass sie irgendwann wieder auftaucht. Deshalb halten sich seine Sorgen in Grenzen.«
»Finden Sie das normal? Ich meine, selbst wenn man es gewohnt ist … Ein Mensch, der so depressiv ist, dass er immer wieder für Wochen verschwindet … Das ist doch kein Zustand! Er kann das doch nicht auf sich beruhen lassen. Er müsste versuchen, ihr zu helfen.«
»Er kommt mir ziemlich emotionslos vor. Und sehr auf seine Karriere und sein Ansehen konzentriert. Allerdings wissen wir nicht, wie sehr er vielleicht in der Vergangenheit schon versucht hat, irgendetwas gegen ihr Problem zu tun. An depressiven Menschen können Partner auch scheitern. Irgendwann haben sie keine Kraft mehr, lassen den Dingen ihren Lauf und hoffen, dass alles am Ende halbwegs gut ausgeht.«
Jetzt, auf dem Weg durch die Stadt, kam Christy ein weiterer Gedanke. Die Sprechstundenhilfe in Anne Westleys Praxis hatte es für nahezu ausgeschlossen gehalten, dass Liza Stanford unter Depressionen gelitten haben sollte. Dazu kam der Umstand, dass die Familie offenbar richtig im Geld schwamm.
Anwaltsgattin, dachte Christy, und klotzig reich. Teurer Schmuck, Designerklamotten. Bentley. Zu einer solchen Frau würde es auch passen, dass sie aus ganz anderen Gründen für eine Weile abtaucht, zum Beispiel, um sich irgendwo generalüberholen zu lassen. Hochburg Brasilien. Vielleicht sitzt sie in einer Klinik in São Paulo, bekommt Fett abgesaugt, die Augenlider gestrafft, das Dekolleté glatt gezogen und die Lippen aufgepolstert. Über so etwas redet niemand gern. Ihrem Mann hat sie bei Todesstrafe verboten, irgendetwas über ihr extravagantes Hobby verlauten zu lassen, und alles, was ihm einfiel, waren Depressionen. Man darf die harmlosen Möglichkeiten nicht außer Acht lassen.
Allerdings verstand sie durchaus Peter Fielders Argumentation. »Wir haben zwei
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