Beobachter
ermordete Frauen, und die Frau, die mit beiden zu tun hatte, ist spurlos verschwunden. Da stinkt etwas gewaltig, Christy! Ich weiß, dass es die verrücktesten Zufälle gibt, aber an dieser Stelle müsste man mir den Zufall schon beweisen. Und vergessen Sie nicht: Die Ehe der Stanfords war offenbar alles andere als harmonisch. Wenn eine Ehefrau sich einer Selbsthilfegruppe alleinstehender Frauen anschließt, um Anregungen für ihren eigenen endgültigen Schritt zu sammeln, dann lässt das auf ein ziemlich hohes Maß an Zerrüttung schließen. Was wissen wir denn? Vielleicht hat Carla Roberts ihrer Freundin intensiv zugeraten, den eiskalten Anwalt endlich zu verlassen, und vielleicht hat das Stanford so richtig gestunken. Eine Scheidung könnte ihn eine Menge Geld kosten. Geld, das er vielleicht gar nicht hat. Die Leute leben in einem protzigen Haus, fahren protzige Autos und sind protzig eingerichtet, aber wie oft hat man schon erlebt, dass genau derartige Lebensgebäude auf absolut tönernen Füßen stehen. Vielleicht ist die imposante Villa bis unters Dach beliehen. Die tollen Autos geleast, und die Leasingraten werden mit Ach und Krach abgestottert. Eine Scheidung wäre der alles entscheidende Genickbruch. Stanford könnte diese Gruppe, zu der seine Frau ging, gehasst haben, und am meisten Carla Roberts.«
»Und was ist mit Anne Westley? Und Thomas Ward? Oder Gillian Ward?«
Darauf hatte Fielder keine Antwort gewusst. Christy auch nicht.
Bei Nancy Cox erwartete sie ein Frühstückstisch mit Toastbrot, verschiedenen Marmeladensorten, Rühreiern mit Speck und frisch gebackenen Scones. Dazu gab es eine große Kanne Kaffee, der herrlich duftete. Nancy hatte im Wohnzimmer ihres kleinen Reihenhäuschens in Fulham gedeckt. Sie war eine zierliche Frau mit freundlichen Augen, kurz geschnittenen grauen Haaren und einer sehr warmherzigen Ausstrahlung. Auf ihrem Sofa lagen zwei schlafende Katzen. Im Garten stand ein Schneemann.
»Meine Enkel waren am Wochenende da«, erklärte sie, als sie Christys erstaunten Blick bemerkte.
Christy, die am frühen Morgen wieder einmal nur im Stehen einen Kaffee hinuntergekippt und später einen Schokoriegel verschlungen hatte, ließ sich nicht ungern bewirten. Sie verdrückte zwei Portionen Rührei, aß eine Scheibe Toast dazu und trank drei Tassen Kaffee. Wieder einmal stellte sie fest, wie sehr ein ordentliches Frühstück die Lebensgeister zu wecken und die Laune zu heben vermochte. Allerdings war für die nächsten Tage nun erst einmal eine Diät angesagt. Christy stand stets im Kampf mit den Pfunden.
Was Nancy über Liza berichtete, deckte sich mit dem, was Ellen Curran bereits gesagt hatte. Und nur zum Teil ließen sich die Schilderungen der Sprechstundenhilfe wiederfinden.
»Arrogant? So habe ich sie eigentlich nicht empfunden. Ja, sie war immer furchtbar teuer angezogen, und der Schmuck, den sie an einer Hand trug, war wahrscheinlich mehr wert als das, was ich in fünf Jahren an Rente bekomme. Aber diese Dinge machen Menschen nicht glücklich, oder? Mir kam sie traurig vor. Niedergeschlagen.«
»Was berichtete sie über ihre Ehe? Sie wollte sich ja trennen.«
»Ach, wissen Sie, ich habe immer gedacht, die trennt sich nie. Die will sich nur manchmal vergewissern, dass sie die Möglichkeit dazu hätte. Schwer zu sagen, was sie ihrem Mann eigentlich vorwarf. Sie redete so wenig. Sie und Carla Roberts waren immer ziemlich stumm. Während wir vier anderen ohne Punkt und Komma durcheinanderschnatterten.«
»Carla Roberts …«
Nancy machte ein bekümmertes Gesicht. »Weiß man jetzt, wer sie umgebracht hat? Ich wollte es ja nicht glauben, als ich es in der Zeitung las. Man denkt nie, dass so etwas Menschen geschieht, die man kennt . Ich war fassungslos!«
»Auch wenn Carla und Liza wenig redeten – irgendetwas müssen sie ja mal gesagt haben?«
Nancy überlegte. »Ja, also Liza sagte schon ein paar Mal, dass sie sehr unglücklich sei in ihrer Ehe. Ihrem Mann gehe es nur noch um Geld, um Prestige, um sein Ansehen. Er steht ja oft in der Zeitung, weil er so viele Wohltätigkeitsgalas veranstaltet. Aber das heißt nicht, dass er sich auch um seine Frau genügend kümmert, nicht? Ich glaube, sie fühlte sich zutiefst allein, selbst wenn er da war.«
»Wissen Sie, ob er einverstanden war, dass sie zu dieser Gruppe ging?«
»Ich glaube, er wusste das gar nicht. Sie hatte ihm wohl ziemlich pauschal etwas von einer Selbstfindungsgruppe erzählt. Er fand das wahrscheinlich ziemlich
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