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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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Kleidungsstücke zur Altkleidersammlung gebracht. Kinderklamotten von Becky aussortiert, eigene, lange nicht getragene Sachen beiseitegeräumt. Sie holte alte Zeitungen und leere Pappkartons vom Dachboden und füllte die Papiertonne, sie rief den Sperrmüll an und bestellte ihn für den Anfang der nächsten Woche. Im Keller standen noch Möbel aus der ersten Zeit ihrer Ehe, Erinnerungsstücke, die stets zu viele nostalgische Gefühle ausgelöst hatten, als dass Gillian sich von ihnen hätte trennen können. Jetzt kamen sie auf die Liste der Gegenstände, die sie würde abholen lassen.
    Im Keller hatte sie sogar noch etliche zusammengefaltete Umzugskartons gefunden, die von ihrem und Toms Umzug in dieses Haus übrig geblieben waren. Sie schleppte sie nach oben, baute sie zusammen und begann mit ersten Packarbeiten. Bücher, Porzellan, gerahmte Fotografien, Kerzenständer.
    Jetzt, am Dienstagmittag, sah das Haus bereits aus, als stehe der Umzug unmittelbar bevor.
    Sie merkte, dass sie hungrig war, nahm eine Pizza aus dem Tiefkühlschrank und schob sie in den Backofen. Während sie auf ihr Essen wartete, fuhr sie ihren Computer hoch und fahndete über Google nach einem Makler in Southend oder London. Sie kannte niemanden aus der Branche und hätte im Grunde den Erstbesten nehmen können, aber dann fiel ihr Blick auf den Namen Luke Palm und ein Erinnerungsglöckchen schlug an. Der Name war in ein oder zwei Zeitungen genannt worden. Palm war der Mann, der die ermordete Anne Westley gefunden hatte. Sie überlegte, dass er für sie vielleicht die günstigste Möglichkeit wäre. Sie konnte ihm offen erzählen, weshalb sie das Haus verkaufen wollte, ohne dass er gleich in Ohnmacht fiele oder entweder verständnislos oder sensationsheischend reagierte. In gewisser Weise war er Teil der ganzen Geschichte. Gillian, die sich, seitdem brutalste Gewalt in ihr Leben eingedrungen war, manchmal wie auf einer Eisscholle treibend fühlte, losgelöst von der Normalität und von den Menschen, in deren Dasein derartige Übergriffe nicht stattfanden, stellte sich Luke Palm als einen Menschen vor, der ebenfalls auf einer Eisscholle saß. Er flößte ihr mehr Vertrauen ein als alle anderen.
    Sie wählte die Nummer seines Büros und wurde von der Sekretärin sogleich durchgestellt.
    »Palm.«
    »Hier ist Gillian Ward.« Sie machte eine kurze Pause und wartete, ob eine Reaktion kam, aber offensichtlich war Palm der Name nicht präsent. Sicher hatte er in der Zeitung von Toms Ermordung gelesen, allerdings hatte nur ein Blatt dabei auch Toms vollen Namen genannt.
    »Ich möchte mein Haus verkaufen«, fuhr sie fort. »Hier draußen in Southend, Stadtteil Thorpe Bay. Ich würde mich gern beraten lassen, wie hoch ich etwa den Preis ansetzen kann. Ich habe keine Ahnung, wie die Lage auf dem Markt im Augenblick ist.«
    »Kein Problem. Ich kann mir Ihr Haus jederzeit anschauen. Wann hätten Sie Zeit?«
    »Würde es bei Ihnen morgen passen? Morgen Nachmittag?«
    »Ich habe morgen leider schon ein paar Termine. Wäre Ihnen halb sechs zu spät?«
    »Nein, das wäre perfekt.«
    Sie nannte ihm ihre Adresse und Telefonnummer. Als sie sich verabschiedet hatten, blieb sie noch ein paar Minuten am Esstisch sitzen, blickte hinaus in den tief verschneiten Garten. Voraussichtlich war das ihr letzter Winter hier.
    Ich tue es, dachte sie, ich tue es wirklich. Ich breche alle Brücken hinter mir ab.
    Ein paar hungrige Vögel flatterten um das Vogelhäuschen herum, das gleich neben dem Kirschbaum stand. Sie drehten enttäuscht ab, als sie merkten, dass es leer war. Gillian konnte das Bild nicht abwehren, das vor ihrem inneren Auge entstand: Beckys Geburtstag zwei Jahre zuvor. Der 22. November. Sie hatte sich das Vogelhaus sehnlichst gewünscht und es auch bekommen. Gillian hatte am Fenster gestanden und zugeschaut, als sie und Tom es noch am Nachmittag draußen aufbauten. Beckys Wangen glühten vor Freude. Tom hatte es genossen, etwas mit seiner Tochter zusammen zu unternehmen. Die beiden hatten so glücklich gewirkt, so harmonisch. Das Zuschauen hatte Gillian mit Wärme erfüllt. Etwas von dieser Wärme konnte sie selbst jetzt noch spüren, und das war gefährlich. Viel zu gefährlich.
    Sie verscheuchte das Bild.
    Der Garten lag wieder leer vor ihr, vergraben unter einer Decke unberührten Schnees. Kein Mann mehr dort, der zusammen mit einem Kind lachte und redete. Nur die hungrigen Vögel.
    Nachher muss ich Vogelfutter kaufen, dachte Gillian.
    2
    Samson verschloss

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