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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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zurückkommen, weil dann seine Gläubiger über ihn herfallen würden.«
    »Carla Roberts hat aber nie erwähnt, dass sie selbst von seinen Gläubigern bedroht wurde?«
    »Nein. Bei ihr wäre ja auch wirklich nichts zu holen gewesen.«
    John seufzte. Er hatte Liza Stanford gefunden, the missing link, wie er geglaubt hatte. Und nun schien er bereits wieder vor einer Wand zu stehen. Am Ende des Weges, der sich als Sackgasse entpuppte.
    »Und Sie selbst? Sie hegten absolut keinen Groll gegen die beiden Frauen? Gegen Westley und Roberts? Aus irgendwelchen Gründen?«
    »Nein«, sagte Liza, aber es lag ein winziger, kaum spürbarer Hauch von Unsicherheit für eine Sekunde in ihrem Gesicht und in ihrer Stimme.
    John hatte ihn bemerkt.
    Da ist etwas. Verdammt, irgendetwas ist da!
    »Reiner Zufall das alles? Dass die beiden Frauen ermordet werden und Sie gleichzeitig untertauchen? Ihren Mann verlassen? Ihr Kind alleinlassen? Aber gerade nur bis an das andere Ende von London ziehen? Rein räumlich gesehen waren die Opfer noch durchaus in Ihrer Reichweite.«
    Liza bekam schmale Augen. »Fantasieren Sie immer so wild?«
    »Von Carla Roberts weiß die Polizei, dass sie ihrem Mörder offenbar arglos auf sein Klingeln hin geöffnet hat. Eine alleinstehende Frau, die im völlig verlassenen oberen Stockwerk eines Hochhauses lebt, reißt sicher nicht für jeden bereitwillig die Tür auf. Aber wenn eine gute Bekannte davor steht, ist das natürlich etwas anderes.«
    Liza erhob sich. Sie setzte an, etwas zu sagen, schluckte die Worte aber im letzten Moment hinunter. John wusste trotzdem, was sie hatte sagen wollen: Sie hatte ihn auffordern wollen, sofort zu verschwinden. Und hatte sich gerade noch besonnen. Sie konnte es sich nicht leisten, ihn zu verärgern, er hatte sie in der Hand.
    Er konnte die Wut in ihrem Gesicht sehen.
    Er stand ebenfalls auf. Ein paar Sekunden lang musterten sie einander schweigend. Dann sagte er: »Warum werfen Sie mich nicht hinaus? Warum haben Sie so entsetzliche Angst, dass ich dann sofort zur Polizei marschiere und Ihr Versteck verrate? Warum, zum Teufel, wenn Sie nichts verbrochen haben, fürchten Sie nichts so sehr wie eine mögliche Entdeckung? Was ist los, Liza? Was ist mit Ihrem Leben los?«
    Sie antwortete nicht.
    Er versuchte es erneut. »Sie nahmen an einer Selbsthilfegruppe teil, zu der sich alleinstehende Frauen zusammengeschlossen hatten. Frauen, die plötzlich verlassen wurden oder geschieden waren und versuchten, mit der neuen Situation irgendwie umzugehen. Sie haben dort erklärt, zwar noch verheiratet zu sein, sich aber mit Trennungsabsichten zu tragen. Weshalb, Liza? Weshalb wollen Sie so dringend und so unbedingt von Ihrem Mann fort, dass Sie sich jetzt sogar verstecken und offenbar völlig inkognito in einer winzigen Wohnung hier in Croydon hausen?«
    Sie schwieg wieder, und er dachte schon, sie werde ihm überhaupt nicht mehr antworten und er müsse gehen, ohne noch ein einziges Wort von ihr gehört zu haben.
    Doch gerade als er aufgeben, seinen Autoschlüssel nehmen und sich anschicken wollte, die Wohnung zu verlassen, begann sie zu reden.
    »Sie wollen es wirklich wissen? Was mit meinem Leben los ist?« Sie schloss für einen Moment die Augen. »Ich fasse es nicht! Nach all den Jahren will es wirklich jemand wissen !«
    3
    Die Villa lag völlig im Dunkeln.
    Nicht einmal am Tor brannte eine Lampe oder an dem gewundenen Weg, der zum Haus hinführte. Nur der Schnee machte den Abend ein wenig heller. Die Zweige der Bäume bogen sich unter der Last.
    Christy schaute auf ihre Armbanduhr. Es war sechs Uhr. Sie hatte gehofft, entweder Dr. Stanford selbst oder zumindest seinen Sohn daheim anzutreffen, aber niemand hatte auf ihr Läuten reagiert. Die Dunkelheit hinter den Bäumen, die das Haus so hermetisch zur Straße hin abschirmten, wies ebenfalls darauf hin, dass niemand zu Hause war.
    Christy überlegte, ob sie zu Stanford in die Kanzlei fahren sollte. Sie fürchtete jedoch, ihn genau damit zu verfehlen.
    Aber hier warten? Bei der fürchterlichen Kälte?
    Wo war der Junge?
    Sie überquerte langsam und unschlüssig die stille, verschneite Straße zu ihrem Auto hin. Als sie gerade aufschließen wollte, wurde sie plötzlich angesprochen.
    »Wollten Sie zu den Stanfords?«
    Christy drehte sich um. Am Gartentor des Hauses, das dem der Stanfords schräg gegenüberlag, stand eine Frau. Christy schätzte sie auf Anfang siebzig. Sie hatte sich einen Mantel um die Schultern geworfen, den sie an der

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