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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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durch ein brutales Verbrechen zu verlieren war geradezu unfassbar. Dann aber auch noch zeitlebens die Gewissheit in sich tragen zu müssen, allzu nachlässig, genervt und abweisend mit ihr umgegangen zu sein, würde sich für Keira Jones, da war er sicher, als fast unerträglich erweisen.
    »Mrs. Jones«, sagte er, »hatten Sie den Eindruck, dass sich Ihre Mutter bedroht fühlte?«
    Keiras Augen füllten sich erneut mit Tränen. »Ja«, stieß sie hervor, und es klang wie ein Schluchzen. »Ja. Ich glaube, sie hatte Angst. Sie konnte nur nicht sagen, wovor. Sie fühlte sich bedroht, ja. Und ich habe mich keine Sekunde lang darum gekümmert.«
    Sie ließ den Kopf auf die Knie sinken und begann zu schreien.
    4
    Darcys Mutter buk Muffins.
    Warum backen heutzutage alle Mütter immerzu Muffins?, fragte sich Gillian und spürte, wie sie bei diesem Gedanken erste, leise nagende Kopfschmerzen bekam. Wer sollte all die Muffins, die täglich von Millionen Müttern gebacken wurden, eigentlich essen?
    Diana, Darcys Mutter, löffelte den Teig aus der großen Keramik-Rührschüssel in ihre Förmchen. Die Küche duftete nach Schokolade, nach Butter und Mandeln. Auf dem Tisch standen dicke, rote Kerzen und eine Kanne mit Vanilletee. Daneben ein Schälchen mit Kandiszucker.
    »Nimm dir doch noch Tee«, sagte Diana.
    Sie war eine attraktive Frau. Blond und schlank. Sie spielte sehr gut Tennis und Golf. Sie konnte fantastisch kochen. Sie verstand es, ein Haus gemütlich einzurichten. Ihre Töchter liebten sie. Bei Klassenfesten meldete sie sich zum Schmücken, und sie kam zu Schulausflügen auch gern als Begleitperson mit. Daher liebten sie auch die Lehrer.
    Und sie buk Muffins.
    Im Augenblick allerdings hatte sie ein Thema am Wickel, das sich mit der gemütlichen, vorweihnachtlichen Atmosphäre in ihrer Küche nicht recht vertrug: den Mord, der an einer alleinstehenden alten Frau in London verübt worden war. Angeblich sprach man überall davon, nur Gillian hatte bislang nichts mitbekommen. Becky hatte der kranken Darcy die Hausaufgaben bringen wollen, daher waren sie hinübergegangen. Die Mädchen hatten sich in Darcys Zimmer verzogen, und Gillian war zum Tee eingeladen worden. Eigentlich wollte sie ablehnen. Sie hatte, obwohl todmüde gerade erst aus dem Büro zurückgekommen, Becky hinüber zu ihrer Freundin begleitet, weil sie sie im Dunkeln nicht allein herumlaufen lassen wollte, aber sie verspürte nicht die geringste Lust auf eine Unterhaltung. Doch Diana fragte noch in der Tür als Erstes: »Und? Was sagst du zu diesem grässlichen Verbrechen?«, und natürlich fragte Gillian zurück, um was es denn ging, und damit war ihr Schicksal besiegelt. Diana, immer auf der Suche nach jemandem, mit dem sie tratschen konnte, hatte sie in die Küche gezogen und erzählte ihr dann haarklein alles, was sie wusste.
    »Sie soll über eine Woche in ihrer Wohnung gelegen haben, und niemand hat etwas bemerkt! Ist das nicht grauenhaft? Ich meine, so einsam zu sein, dass es ewig dauert, bis überhaupt jemandem auffällt, dass man tot ist?«
    »Noch grauenhafter finde ich es, in der eigenen Wohnung ermordet zu werden«, sagte Gillian. »Wie ist der Täter hineingekommen? Weiß man da etwas?«
    »Also, angeblich gibt es nicht die geringsten Einbruchspuren. Es heißt, sie hat ihn selber eingelassen. Könnte also ein Bekannter von ihr gewesen sein. Denn so unvorsichtig ist ja eigentlich niemand, dass er einfach die Wohnungstür aufreißt, wenn es klingelt, zumal wenn man völlig allein lebt!«
    Diana widmete sich eine Weile mit Hingabe ihrem Muffin-Teig, und Gillian trank ihren Tee und machte sich eine Menge Gedanken; über den Mord in London und über perfekte Mütter, und die ganze Zeit über versuchte sie, entspannt zu atmen, weil das manchmal half, wenn sich Kopfschmerzen ankündigten.
    Diana hatte alle Förmchen gefüllt, schob sie in den Backofen, schaltete die richtige Temperatur ein, setzte sich dann an den Tisch und nahm sich ebenfalls einen Tee.
    »Sie soll eine erwachsene Tochter haben. Die hat sie gefunden.«
    »Wie entsetzlich!«, sagte Gillian.
    »Na ja, aber zuvor hat diese Tochter nicht einmal bemerkt, dass ihre Mutter seit zehn Tagen nichts mehr von sich hören ließ. Schon seltsam. Das könnte mir mit meinen Töchtern nicht passieren.«
    Gillian dachte an das provozierende Verhalten, das Becky ihr gegenüber an den Tag legte. Würde sie dies von ihrer Tochter auch im Brustton der Überzeugung sagen? Das könnte mir nicht

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