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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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Morgenmensch. Lag ab halb sechs in der Früh wach und fühlte sich voller Tatendrang. Abends hingegen … Manchmal ging sie schon um acht Uhr ins Bett.
    Sie richtete sich in ihrem Sessel auf.
    Sie lauschte nach draußen. Sie konnte nichts hören.
    Es war ihr drei- oder viermal aufgefallen in der letzten Zeit. Dass ein Auto hier herauskam. Am Abend, in der Dunkelheit. Sie hatte den Motor gehört, sie hatte das Licht der Scheinwerfer über die Wände des Wohnzimmers streichen sehen. Und dann – nichts. Kein Laut, kein Licht, gar nichts. Als habe jemand angehalten, den Motor ausgeschaltet, die Scheinwerfer ebenfalls.
    Um im Dunkeln dort zu stehen und … was zu tun?
    Anne Westley war keine ängstliche Frau. Beim ersten Mal war sie aufgestanden und vor die Haustür getreten, war dann sogar den Plattenweg durch ihren Garten gelaufen bis zum Tor. Hatte versucht, irgendetwas zu erkennen, aber das war hier draußen fast unmöglich. Der Wald wuchs bis direkt an das Grundstück heran. Eine Nacht ist eigentlich nie völlig schwarz, das wusste Anne, aber hier draußen war sie es. Nahezu undurchdringlich schwarz.
    Und die Lage ihres Hauses war es auch, was das Auftauchen eines Autos so befremdlich erscheinen ließ. In unmittelbarer Nähe gab es nicht einmal eine Straße. In einiger Entfernung befand sich ein abgelegener Parkplatz, von dem aus verschiedene Wanderwege in die Wälder führten. An den Wochenenden, vor allem im Sommer, herrschte dort ein gewisses Kommen und Gehen, aber im Winter, und schon gar nach Einbruch der frühen Dunkelheit, verirrte sich kaum noch jemand dorthin. Vielleicht mal ein Pärchen zum Knutschen. Aber das würde kaum weiter in den Wald vordringen und dann auch noch sein Auto über den schmalen Pfad quälen, der schließlich an Annes Gartenpforte endete.
    Sie stand auf, ging ans Fenster, versuchte hinauszuschauen, sah aber vor allem ihr eigenes Gesicht, das sich in der Scheibe spiegelte. Sie schaltete das kleine Lämpchen in der Ecke sowie auch den Fernseher aus, und das Zimmer lag im Dunkeln. Wieder starrte sie angestrengt in den finsteren Abend. Es war schwierig, irgendetwas zu erkennen. Sie ahnte mehr den Garten mit seinen vielen Büschen, dem hohen Gras, den nun kahlen Obstbäumen. Im Sommer hatte sie Kirschen, Äpfel und Birnen ohne Ende geerntet, hatte wochenlang Marmelade und Gelee eingekocht. Alles in große Gläser gefüllt, die Deckel mit Gummiringen verschlossen, Etiketten aufgeklebt und säuberlich beschriftet.
    Und dabei immer an Sean gedacht. Daran, dass er vor allem davon geschwärmt hatte: von den Obstbäumen und von der eigenen Marmelade. Und sie hatte gewusst, dass sie nur seinetwegen erntete und einkochte, denn sie selbst aß Marmelade nicht besonders gern. Im Leben würde sie das alles, was sich dort unten im Keller in den Regalen stapelte, nicht mehr verzehren. Irgendwann würde sie sterben, und dann müssten neben allem anderen tonnenweise Marmeladengläser samt Inhalt entsorgt werden.
    Sean und sie hatten das Haus acht Jahre zuvor auf einer Wanderung entdeckt. Sie hatten einen Ausflug nach Tunbridge Wells gemacht, der hübschen Stadt im äußersten Westen der Grafschaft Kent, eingebettet in Wiesen, Felder, Hügel und tiefe Wälder. Die Gegend war berühmt für ihre Obstplantagen und die schier endlosen Hopfenfelder. Es regnete selten hier, die Sommer waren heiß und trocken, und im Frühling lag immer der schwere, süße Geruch der Obstblüten in der Luft. Sean und Anne waren durch einen Wald gestreift, in dem Maiglöckchen und Buschwindröschen blühten, und plötzlich war das Haus vor ihnen aufgetaucht, ein ehemaliges Forst- oder Jagdhaus, wie es schien. Es sah ziemlich verfallen, deutlich unbewohnt und wenig einladend aus. Aber das hatte Sean nicht gestört. Er hatte sich in den Garten verliebt und konnte gar nicht mehr aufhören, davon zu reden.
    »Dieses riesige Grundstück! Die vielen Obstbäume. Die Fliederbüsche. Goldregen, Jasmin, was du willst. Der Wald drum herum. Es ist das, wonach ich immer gesucht habe. Ich habe immer darauf gewartet!«
    Sie hätte das alles nicht haben müssen. Beide waren sie damals sechzig Jahre alt gewesen, und Anne hätte es vernünftiger gefunden, sich nicht ausgerechnet im Alter mit einem Grundstück zu belasten, das ihnen harte körperliche Arbeit abverlangen würde. Sean hatte natürlich genau andersherum argumentiert. »Gerade wenn wir in ein paar Jahren pensioniert sind, können wir uns das erlauben. Wir haben dann viel Zeit und müssen

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