Beobachter
Peak District … Irgendwo gibt es hier eine Karte … Leider kann ich Ihnen auch nur das ungefähre Gebiet nennen … Ach, hier ist es!«
Er legte das Buch auf den Tisch. Die drei Männer beugten sich darüber. Die aufgeschlagene Seite zeigte eine Schwarz-Weiß-Karte des Peak Districts. Mit einem Bleistift malte Sherman einen kleinen Kreis zwischen die Linien. »Hier«, sagte er. »Wenn ich Ike richtig verstanden habe, müsste sich die Hütte dort irgendwo befinden.«
»Hm«, machte John sorgenvoll. Was wie ein harmloser, winziger Kringel aussah, war in Wahrheit ein unüberschaubar großes Gebiet. Hochmoore, Berge, vereinzelte Waldstücke. Es würde Tage dauern, es zu durchkämmen.
Angus wies auf einen schwarzen Strich. »Das hier ist eine Landstraße. Beginnt fast direkt hinter Manchester. Die müssten sie früher immer genommen haben, wenn sie zur Hütte fuhren. Allerdings führt sie nicht bis vor die Tür. Das letzte Stück muss ein unbefestigter Feldweg gewesen sein. Wo genau der abzweigt, weiß ich nicht.«
»Wahrscheinlich gibt es dort Dutzende von Feldwegen«, mutmaßte John. Er rieb sich über die Augen. Sie brannten vor Müdigkeit.
Angus warf einen düsteren Blick hinaus zum Fenster. »Aber wissen Sie, es ist sowieso illusorisch zu glauben, Sie könnten bei diesem Wetter die Hütte erreichen. Dort muss der Schnee meterhoch liegen. Unmöglich, mit dem Auto durchzukommen. Die Landstraße ist vielleicht geräumt, nie im Leben aber die Nebenstraßen oder der Feldweg.«
John und Samson sahen einander an. Sherman hatte zweifellos recht.
»Aber«, sagte John, »Tara Caine ist dann auch nicht bis zur Hütte vorgedrungen. Jedenfalls nicht mit dem Auto.«
»Mit Sicherheit nicht«, stimmte Angus zu.
Zum ersten Mal mischte sich Samson in die Unterhaltung ein. Vor lauter Stress stotterte er wieder. »Aber dann müssten wir auf d…das Auto stoßen. Es müsste da irgendwo an der Straße stehen!«
»Richtig«, sagte John und stand auf, »und es müsste Fußspuren im Schnee geben. Wir versuchen es. Haben Sie herzlichen Dank, Mr. Sherman. Sie haben uns sehr geholfen. Wir machen uns sofort auf den Weg.«
Auch Sherman stand zittrig auf. »Nehmen Sie das Buch mit. Damit Sie die richtige Straße in den District hinein finden.«
John nahm das Buch. »Danke. Wir bringen es auf jeden Fall zurück. Ich weiß nicht, was ohne Sie geworden wäre.«
Der alte Mann lächelte. »Ich hätte alles für Tara getan. Wenn sie da draußen sitzt und verzweifelt und verstört ist, müssen Sie sie finden! Sie war ein so wunderbares Kind! Ich habe sie so gemocht. Ich habe auch ihren Vater so sehr geschätzt. Die Gewissheit, jetzt zu Taras Rettung beitragen zu können, ist ein großes Geschenk für mich am Ende meines Lebens.«
John nickte. Er vermied es in diesem Moment, Sherman in die Augen zu sehen. Wenn es ihnen gelang, Tara zu finden, dann hatte der alte Mann, wie es jetzt aussah, in Wahrheit den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass eine vierfache Mörderin dingfest gemacht werden konnte. Aber das brauchte er jetzt nicht zu wissen.
Die Erkenntnis würde ihm früh genug das Herz brechen.
8
Sie hatte die Taschenlampe. Tara hatte sie zurückgelassen. Damit besaß sie Licht. Das war viel. In ihrer Lage.
Ihre Hände und Füße waren frei. Kaum hatte sie gehört, wie Tara von draußen die Tür verschloss, hatte sie ihre Handgelenke aus dem Klebeband befreit. Es war dann nicht mehr schwierig gewesen, sich auch der Fußfesseln zu entledigen.
Sie hatte den Autoschlüssel. Sie hatte ihn im Vorbeigehen gegriffen und dann fest in der geschlossenen Hand gehalten.
Die Hütte war hermetisch verriegelt. Und eisig kalt. Gillian fürchtete sich vor dem Moment, da die Batterie der Taschenlampe leer war. Dann würde sie von Finsternis umgeben sein. Und alles wäre vorbei.
Sie musste hier raus. Wenn sie am Leben bleiben wollte, musste sie raus!
Ihr Gedanke, als sie den Schlüssel gegriffen hatte, war der gewesen, dass sie damit Tara zwang, zurückzukommen. Niemals konnte Tara zu Fuß den District verlassen. Das Auto nützte ihr nichts, und es war unwahrscheinlich, dass Menschen vorbeikamen. Schon gar nicht in der nun hereinbrechenden Nacht. Die Kälte, Gillians grausamster Feind im Moment, war da draußen für Tara ein noch größerer Feind. Sie brauchte den Schlüssel. Also musste sie zurückkommen. Und dann …
Ja, was eigentlich? Konnte es Gillian gelingen, sie zu überwältigen? Eine Frau, die mit einer Pistole und mit einem Messer
Weitere Kostenlose Bücher