Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
Vom Netzwerk:
Schluss, dass sie sich den Lichtschein tatsächlich eingebildet hatte. Und aufgeweckt hatte sie vermutlich irgendetwas im Fernseher. Ein Schrei, ein Schuss. Diese Dinge geschahen schließlich in Krimis.
    Dennoch, sie würde die Haustür heute gründlich verriegeln, mit Sicherheitskette, was sie sonst nicht tat. Und in allen Räumen im Erdgeschoss die Läden vor den Fenstern schließen.
    Das konnte zumindest nichts schaden.

FREITAG, 4. DEZEMBER
    1
    »Und? Was machst du jetzt so den ganzen Tag?«, fragte Bartek.
    Es war laut in dem Pub. Jeder Tisch besetzt, und alle lachten, redeten, tranken. Grölten. Samson ging nicht so gern hierher, aber Bartek bestand immer darauf, und da Bartek sein einziger Freund war, wollte Samson ihn nicht verärgern. Sie trafen sich manchmal freitags, wenn Bartek frei hatte. Früh, meist gegen sechs oder halb sieben. Bartek bekam Stress mit seiner Freundin, wenn er seinen freien Abend ausschließlich mit einem Freund in einer Kneipe verbrachte, daher gingen sie meist spätestens um halb neun wieder nach Hause. Samson war mit dem Auto gekommen, obwohl das bedeutete, dass er nichts trinken konnte. Aber er war ohnehin nie besonders scharf auf Alkohol, und außerdem war es ihm zu umständlich, den Bus zu nehmen. Er hatte wenig Lust, in der Kälte an der Haltestelle zu warten, und nach einem Fußmarsch war ihm noch weniger zumute. Wie üblich hatte er sich den ganzen Tag im Freien herumgetrieben. Irgendwann reichte es.
    Das Auto hatte ihm seine Mutter vererbt. Er wusste, dass Millie deswegen sauer war. Immer noch, nach all den Jahren. Sie konnte es nicht verwinden, wenn andere etwas bekamen, was sie selbst eigentlich haben wollte.
    »Also, ich sitze nicht dauernd daheim, wenn du das meinst«, entgegnete Samson nun auf Barteks Frage. »Das wäre mir viel zu langweilig. Und außerdem hatte Millie diese Woche immer erst nachmittags Dienst und war den halben Tag zu Hause, und … na ja, du weißt ja. Auf ihre Gesellschaft kann ich gut verzichten.«
    Millie arbeitete in einem Pflegeheim für alte Menschen. Samson wusste, dass sie ihren Beruf hasste. Manchmal hörte er, wie sie über ihre Patienten sprach, und dann gruselte es ihn bei der Vorstellung, einmal alt und jemandem wie ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein.
    »Dass dir das nicht stinkt«, sagte Bartek, »immer noch bei deinem Bruder und deiner Schwägerin zu wohnen! Dafür bist du doch viel zu alt!«
    »Das Haus gehört mir aber auch!«
    »Dann lass dir anteilig eine Miete zahlen, aber such dir etwas Eigenes. Du wirst doch da nur schlecht behandelt!«
    »Ich habe Angst zu vereinsamen, wenn ich alleine lebe«, sagte Samson leise.
    Bartek zog die Augenbrauen hoch. »Wie alt bist du jetzt? Vierunddreißig! Es wäre wirklich mal Zeit für eine Frau, mit der du zusammenlebst! Hast du nicht vor, irgendwann einmal zu heiraten und eine Familie zu gründen?«
    Samson nahm einen Schluck von seinem alkoholfreien Bier.
    Bartek hatte den heiklen Punkt erwischt. Sie hatten schon früher manchmal darüber gesprochen: heiraten, Kinder in die Welt setzen, ein normales Leben führen. Bartek, der seit Jahren eine feste Freundin hatte, tat sich schwer mit dem Thema. Seine Freundin wollte seit Langem schon heiraten, er selbst, obwohl fast vierzig Jahre alt, fürchtete die feste Bindung. Samson, der nie hatte zugeben wollen, dass seine Probleme ganz anders gelagert waren, hatte sich ebenfalls hinter einer gewissen Bindungsangst verschanzt, die er in Wahrheit gar nicht hegte. Im Gegenteil, nach nichts sehnte er sich so sehr wie nach einer Frau, die ihn heiraten würde. Ein Haus, ein Garten, Kinder, ein Hund … Er hatte das Bild deutlich vor Augen, und oft dachte er, dass er alles geben würde, es Wirklichkeit werden zu lassen. Aber die peinliche – und wie er fand: geradezu perverse – Tatsache war die, dass er überhaupt noch nie eine Freundin gehabt hatte. Weder in der Schulzeit noch danach. Überhaupt nie. Sodass er bislang nicht einmal in die Nähe des Themas Heiraten gelangt war.
    »Na ja«, meinte er ausweichend, »es ist ja nicht so, dass man jeden Tag einer Frau begegnet, die man heiraten würde!«
    »Also, meine Freundin hat mich jetzt so weit«, sagte Bartek, und er sah dabei nicht ganz unglücklich aus. »Sie hat mir nun wirklich das Messer auf die Brust gesetzt, und vielleicht war das ganz gut so. Im nächsten Sommer wagen wir es. Großes Fest, jeder kommt. Du bist natürlich auch eingeladen!«
    »Wie schön«, sagte Samson und versuchte,

Weitere Kostenlose Bücher