Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
Vom Netzwerk:
du durch die Straßen streunst und in fremde Häuser spähst?«, fragte Bartek, der sich offenbar bemühte, in eine ihn grotesk anmutende Situation eine gewisse Struktur und Logik zu bringen.
    »Nicht direkt.«
    »Ja, zum Teufel, was bringt es dir denn dann?«
    Samson zuckte mit den Schultern. »Ist doch egal.«
    »Nein, ist es nicht. Sei mir nicht böse, Samson, aber für mich klingt das ganz schön schräg. Wenn du mich fragst … dir bekommt es nicht, arbeitslos zu sein. Du fängst an, seltsame Marotten zu entwickeln.«
    »Ich habe mir meine Arbeitslosigkeit nicht ausgesucht.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber bemühst du dich denn, etwas Neues zu finden? Du bist doch noch jung! Notfalls fährst du eben Taxi … irgendetwas. Aber den ganzen Tag lang hinter anderen Leuten herzuschleichen, also, das bringt doch nichts!«
    »Es ist interessant.«
    Bartek schüttelte den Kopf. »Gott, Samson, also wirklich … Hast du denn wenigstens schon eine Frau entdeckt, die zu dir passen könnte? Damit das alles irgendwann einmal zu irgendetwas führt?«
    Samson musste zugeben, dass sich seine Ausbeute an jungen, alleinstehenden Frauen in Grenzen hielt. »Die meisten sind natürlich älter. Deutlich älter als ich. Eine gehört zu … zu meinem Programm. Sie hat mein Alter und lebt offensichtlich alleine. Arbeitet freiberuflich von zu Hause aus und hat einen großen Hund.«
    »Ja und? Hast du sie mal angesprochen?«
    Samson merkte, dass Bartek tatsächlich nichts verstand. Die Frauen, die er beschattete, würde er nicht ansprechen. »Nein.«
    »Lade sie doch mal auf einen Kaffee ein.«
    »Kann ich machen«, sagte Samson, aber er wollte nur, dass Bartek Ruhe gab.
    »Man kann auch über das Internet Frauen finden«, sagte Bartek.
    »Ich weiß, aber …«
    »Nichts aber. Du darfst nicht immer nur reden. Und träumen. Du musst es machen!«
    »Es gibt da eine Familie«, erzählte Samson zögernd. Eigentlich wollte er Bartek nicht noch tiefer ins Vertrauen ziehen, aber er hatte plötzlich das Gefühl, den Eindruck verwischen zu müssen, er habe es ausschließlich auf Frauen abgesehen. Bartek schien doch ziemlich schockiert, und das wollte er so nicht stehen lassen. Er mochte von seinem einzigen Freund nicht für eine Art Triebtäter gehalten werden. »Sie wohnt am anderen Ende unserer Straße … gleich an diesem Grünstreifen, gegenüber vom Golfclub.«
    »Aha. Und was ist mit denen?«
    »Er ist Wirtschaftsberater. Hat Gavin mal geholfen. Sie ist sehr attraktiv. Und dann haben sie noch eine bezaubernde Tochter. Etwa zwölf Jahre alt.«
    Bartek sah nicht weniger perplex drein als zuvor. »Ja, und was willst du mit denen ? Die attraktive Mummie für dich abstauben oder was?«
    »Nein. Nein, natürlich nicht. Sie sind nur … sie sind so perfekt, weißt du. Eine Traumfamilie. Die Familie, die ich einmal haben möchte!«
    Bartek wirkte nun ernsthaft beunruhigt. »Samson, ich habe den Eindruck, dass du dich zu sehr von der Realität entfernst. Du träumst dich in das Leben anderer Menschen hinein, aber so änderst du dein eigenes kein bisschen. Mir kommt das alles wie eine Flucht vor!«
    Und wenn, dachte Samson, braucht man das nicht manchmal? Die Möglichkeit zu fliehen?
    »Ich komme schon klar«, versicherte er. Warum hatte er bloß von all dem angefangen? Er hatte das sichere Gefühl, dass sich Bartek nun wie ein Terrier in das Thema verbeißen und immer wieder davon anfangen würde.
    »Ich werde mal sehen, ob wir etwas für dich arrangieren können«, sagte Bartek. »Irgendwo muss es doch eine Frau für dich geben! Du siehst nicht schlecht aus, dir gehört ein Haus … na ja, immerhin zur Hälfte … du bist nicht dumm und hast keine abstoßenden Eigenschaften. Es wäre doch gelacht, wenn …«
    »Ich bin arbeitslos.«
    »Deswegen wäre es natürlich auch wichtig, dass du dich ernsthaft um Arbeit kümmerst.«
    »Ich suche ja wie verrückt.« Was nicht stimmte. Samson hatte sich diesmal nicht einmal offiziell arbeitslos gemeldet, und er wusste, dass das ein Fehler war. Vor allem würde es nicht ewig so weitergehen können, denn er bekam auf diese Weise keine Unterstützung, und sein Erspartes würde bald aufgebraucht sein. Aber sowie er sich meldete, musste er Berge von Bewerbungen schreiben, musste ständig Nachweise über seine Bemühungen, Arbeit zu finden, bringen – und wie sollte er das mit seiner anderen Tätigkeit vereinbaren? An vielen Tagen schon hatte er gedacht: Morgen fange ich an, mich um meine Zukunft zu kümmern! Morgen

Weitere Kostenlose Bücher