Beobachter
etwas Neues?«
Diesmal hatte Christy zumindest ein Ergebnis vorzuweisen.
»Ja. Unser Techniker sagt, sie wurde eindeutig manipuliert. Die Feder, die dafür sorgt, dass die Tür automatisch wieder zufällt, wurde wohl mit einer Zange aus ihrer Verankerung gezogen. Damit konnte jeder kommen und gehen, wann er wollte, ohne einen Schlüssel zu besitzen.«
»Könnte der Mörder gewesen sein.«
»Ja. Muss aber nicht. Der Hausmeister sagt, sie haben immer mal wieder mit Vandalismus zu tun. Hackney ist nicht gerade der bürgerlichste Stadtteil. Es kann sich auch irgendein Jugendlicher einen Spaß erlaubt haben, und unserem Täter kam das dann höchst gelegen.«
Peter Fielder rieb sich die müden Augen. Er hätte jetzt irgendetwas gebraucht, einen winzig kleinen roten Faden, der aus dem Nebel dieses undurchsichtigen Falles hervorblitzte. Den Hauch eines Anhaltspunktes. Irgendetwas, das ihm einen Adrenalinstoß versetzte, die Müdigkeit schlagartig verfliegen ließ. Aber da war nichts. Nichts als das Gefühl, durch wabernden Dunst zu schleichen und dabei nicht einen Schritt wirklich voranzukommen.
Christy bemerkte seine Niedergeschlagenheit. »He, Chef! Nicht so traurig! Bald ist Weihnachten!«
Er machte sich nicht einmal die Mühe zu lächeln.
»Ja. Bald ist Weihnachten. Aber da draußen läuft ein Irrer herum. Daran ändert auch Weihnachten nichts.«
»Meinen Sie, er tut es wieder?«
»Möglich. Unter Umständen hat er ein Problem, das allein mit Carla Roberts’ Ermordung noch nicht gelöst ist.«
»Ein Typ, der Frauen hasst? Und einfach auf günstige Gelegenheiten lauert, seinen Hass auszuleben? Das würde die Theorie des Zufallsopfers stärken.«
»Bedingt. Nichts ist nur Zufall. Irgendwo in Carla Roberts’ Leben muss es einen Schnittpunkt mit dem Leben ihres Mörders gegeben haben. Er mag winzig sein und so unbedeutend erscheinen, dass wir die größten Schwierigkeiten haben werden, ihn zu entdecken. Aber ich glaube nicht, dass jemand einfach in den obersten Stock eines Hochhauses hinauffährt, dort an der nächstbesten Wohnungstür klingelt und die Frau, die dort zufällig alleine lebt, ermordet, ohne vorher von ihrer Existenz und ihren Lebensumständen Kenntnis gehabt zu haben.« Fielder stand auf, entschlossen, sich von seiner Erschöpfung und seiner deprimierten Stimmung nicht niederringen zu lassen. »Nein, ich denke, der Mörder kannte Carla Roberts. Wusste ganz gut über sie Bescheid. Und deswegen müssen wir ihr Leben auseinandernehmen. Bis in die kleinste Verästelung. Wahrscheinlich müssen wir an Stellen suchen, die sich uns keineswegs als Erstes aufdrängen. Und wir sollten uns dabei klarmachen, dass wir vielleicht nicht viel Zeit haben.«
Christy schwieg.
Sie wusste, er dachte an das nächste Opfer.
3
Im Halfway House war es nicht so voll wie am Freitag zuvor. Dennoch herrschte ein reges Stimmengewirr, und an der Bar stand eine Traube von Menschen. Der Fußboden war nass und schmutzig, weil jeder das feuchte Schmuddelwetter an den Schuhen mit hereinbrachte. Irgendwo im Hintergrund dudelte ein Radio Weihnachtsmusik.
Noch in der Tür stehend, vergewisserte sich Gillian, dass der Typ aus ihrer Straße, Samson Segal, diesmal nicht anwesend war. Sonst hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht. Er brauchte sie nicht zum zweiten Mal in trauter Zweisamkeit mit einem Fremden zu beobachten. Er schien jedoch nicht da zu sein, soweit sie das auf den ersten Blick zu erkennen vermochte, und sie konnte nicht länger herumspähen, denn die Ersten begannen sich schon zu beschweren.
»Tür zu! Ist nicht gerade eine laue Sommernacht draußen, junge Frau!«
John Burton kam auf sie zu, als sie schon glaubte, ihr Mut werde sie verlassen. Sie hatte fast gehofft, er sei bereits wieder gegangen, denn sie war beinahe eine Dreiviertelstunde zu spät. Es schmeichelte ihr, dass er gewartet hatte, aber zugleich zog sich ihr Magen nervös zusammen.
»Schön, dass Sie gekommen sind«, sagte er. Er nahm ihr den Mantel ab und legte seine Hand auf ihren Arm, während er sie zu einem kleinen Ecktischchen führte, auf dem eine Karaffe mit Wein und zwei Gläser standen. »Ich hoffe, der Tisch hier ist in Ordnung?«
»Ja, natürlich. Es tut mir leid, dass ich so spät bin. Wir lassen Becky abends noch nicht allein, und deshalb musste ich warten, bis mein Mann nach Hause kam.«
In Wahrheit war Tom recht früh an diesem Tag zu Hause gewesen. Sie hatte ihm am Morgen gesagt, dass sie abends mit Tara verabredet war, und er hatte
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