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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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sich ohne Murren an die Abmachung gehalten, die für derartige Fälle zwischen ihnen bestand: Er kam so früh wie möglich nach Hause, damit Gillian rechtzeitig weg konnte.
    Aber sie hatte gezögert und gezaudert. Und sich dabei immer wieder gefragt, weshalb sie sich eigentlich so unsicher fühlte. John Burton war der Handballtrainer ihrer Tochter. Er hatte sie auf ein Glas Wein eingeladen. Nicht zu sich nach Hause, sondern in ein öffentliches Pub. Es war nichts dabei. Es war lächerlich, deswegen so durcheinanderzugeraten.
    Tara, mit der sie während der Mittagspause telefoniert hatte, um ihr Alibi abzusichern, brachte die Angelegenheit allerdings auf den Punkt. »Wenn überhaupt nichts dabei ist, warum sagst du dann deinem Mann nicht einfach die Wahrheit? Warum brauchst du dann mich?«
    »Tom könnte auf falsche Gedanken kommen.«
    »Welche Gedanken hast du denn?«
    »Tara …«
    Tara hatte gelacht. »Hör mal, Schatz, du musst dich vor mir kein bisschen rechtfertigen. Und du kannst mich gern bei Tom vorschieben. Ich habe auch keinerlei Probleme damit, wenn du gleich heute Abend mit diesem aufregenden Traummann ins Bett gehst. Nur erwarte dir davon nicht die Lösung deiner Probleme. Von einer Affäre. Es könnte ein schöner Kick sein. Mehr nicht.«
    »Ich gehe doch nicht mit ihm ins Bett!«
    Tara hatte nichts darauf erwidert, aber Gillian bekam eine deutliche Vorstellung davon, was der Begriff beredtes Schweigen zu bedeuten hatte.
    Sie war schließlich doch losgezogen, sie wollte nicht als Feigling dastehen. Sie hatte sich für Jeans und Pullover entschieden, die Haare sorgfältig gebürstet und etwas Lippenstift aufgelegt, aber ansonsten blieb sie ungeschminkt. Burton sollte bloß nicht denken, dass sie sich seinetwegen besonders ins Zeug legte. Abgesehen davon musste sie vor Tom glaubwürdig bleiben: Sie takelte sich ja auch sonst nicht auf, wenn sie sich mit Tara traf.
    Als sie saßen, schenkte John den Rotwein aus. »Sie haben hier erstaunlich guten Wein. Und wenn Sie Hunger haben, könnten wir …«
    Sie unterbrach ihn sofort. An Essen konnte sie im Moment nicht einmal denken. »Nein danke. Ich möchte nur etwas trinken.«
    Sie nahm einen Schluck. Der Wein schmeckte ihr, vor allem aber hatte er eine entspannende Wirkung auf ihre Nerven. Sie fühlte sich gleich ein wenig gelassener.
    »Wie geht es mit Becky?«, erkundigte sich John.
    Gillian schüttelte den Kopf. »Nichts Neues. Sie kommt mit mir im Moment einfach nicht besonders gut zurecht. Als ich ihr heute früh sagte, dass ich abends weg sein würde, hat sie ausgesprochen gut gelaunt reagiert. Sie liebt es, mit ihrem Vater allein zu Abend zu essen und noch ein wenig fernzusehen. Ich versuche mir nichts daraus zu machen, aber es tut schon weh.«
    »Ich glaube, dass viele Mädchen das in bestimmten Lebensphasen haben: eine sehr starke Vaterbeziehung. Die Mutter stört dann. Aber das ändert sich wieder. Auf einmal sind Sie ihre engste Vertraute, und der Vater weiß überhaupt nicht mehr, was eigentlich vor sich geht. Er stößt dann irgendwann morgens im Bad auf den Jungen, der gerade bei seiner Tochter übernachtet hat, und fragt sich, was ihm wohl sonst noch alles entgangen ist.«
    »Bei Ihnen klingt das sehr unkompliziert. «
    John zuckte mit den Schultern. »Meiner Ansicht nach wird heutzutage gerade im Umgang mit Kindern und Jugendlichen vieles viel zu dramatisch gesehen. Manchmal muss man sie einfach nur in Ruhe lassen.«
    »Manchmal kann genau das aber fatal sein.«
    »Es gibt kein Patentrezept«, räumte John ein.
    Gillian wechselte das Thema. »Offiziell«, sagte sie, »bin ich übrigens gerade mit meiner Freundin Tara zusammen. Ich habe meinem Mann gesagt, dass ich mich mit ihr treffe.«
    »Sie haben ihn angeschwindelt?«
    »Ja.«
    »Sie sehen nicht so aus, als ob Sie das oft tun.«
    Gillian nahm rasch noch einen Schluck Rotwein und fragte sich, wieso sie sich so weit vorgewagt hatte. Fang bloß nicht wieder an, ihn herauszufordern. Oder mit ihm zu flirten oder etwas ähnlich Blödes zu tun. Das ist nicht deine Art!
    »Nein. Natürlich nicht. Aber ich … wollte einfach keine Probleme.«
    »Er hätte etwas dagegen gehabt, dass Sie sich mit mir treffen, das ist klar.«
    »Hätten Sie an seiner Stelle nichts dagegen?«
    »Ich bin nicht verheiratet. Absichtlich nicht. Um mich mit solchen Schwierigkeiten gar nicht erst abgeben zu müssen.«
    »Es war jedenfalls einfacher zu sagen, ich gehe mit Tara weg«, sagte Gillian.
    Er nickte, so als sei er

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