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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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kurz auf halbem Weg zwischen hier und London sehen.«
    »Ich verstehe«, sagte Tom. Er betrachtete Gillian im hellen Licht des Eingangsflures. »Du wirkst so angespannt. Ist alles in Ordnung?«
    »Natürlich. Aber … na ja, Taras berufliche Geschichten gehen einem manchmal ein bisschen an die Nieren.«
    »Ich verstehe ja auch nicht, weshalb du dich ausgerechnet mit …«, setzte Tom an, aber sie unterbrach ihn, ehe er sich wieder auf ihre Freundschaft mit Tara einschießen konnte:
    »Becky schläft schon?«
    »Sie ist vor zwanzig Minuten ins Bett gegangen, und als ich eben nach ihr gesehen habe, schlief sie bereits. Mit Chuck im Arm natürlich. Es gab keinerlei Probleme mit ihr.«
    Klar. Die gab es nie zwischen ihm und Becky. Die Probleme schienen alle für Gillian reserviert zu sein.
    »Wir haben Pizza bestellt«, fuhr Tom fort, »und sie dann vor dem Fernseher gegessen. Du weißt ja, wie sie das liebt – direkt aus der Pappschachtel und auf dem Fußboden sitzend.«
    »Ich kann das nur nicht jeden Abend machen«, sagte Gillian. »Sie muss auch gesunde Dinge essen und gelegentlich Messer und Gabel benutzen. Und ich muss sie früher ins Bett schicken, als du das offenbar tust, sonst schläft sie am nächsten Tag in der Schule ein!«
    Sie merkte, dass sie viel schärfer als beabsichtigt geklungen hatte. Tom wirkte betroffen. »Das war doch keine Kritik an dir, Gillian! Natürlich muss so etwas eine Ausnahme bleiben. Aber ich bin nicht allzu oft mit Becky allein, und da können wir ja dann irgendetwas Besonderes veranstalten.«
    Sie wusste selbst nicht, was sie geritten hatte. Tom hatte recht, und es war auch nicht so, dass sie ihm und Becky einen ausgedehnten Fernseh- und Pizzaabend nicht jederzeit von Herzen gegönnt hätte. Sie war eine erwachsene Frau, und vermutlich war es lächerlich, dass sie Eifersucht empfand und sich schlecht behandelt fühlte. Es war ungerecht und doch wahrscheinlich die Normalität in vielen Familien: Tom war der Vater, der kaum Zeit hatte, der aber, wenn er dann doch einmal mit seiner Tochter zusammen war, fünf gerade sein ließ und irgendetwas Unvernünftiges mit ihr anstellte, was ihr einen Riesenspaß machte. Gillian als Mutter, die sich viel häufiger um das Kind kümmerte, musste sich unbeliebt machen, indem sie Salat und Gemüse auf den Tisch brachte, auf das Erledigen der Hausaufgaben bestand und schimpfte, weil sich das Zimmer langsam in ein undurchdringliches Chaos verwandelte. Sie zog sich den Ärger ihrer Tochter zu, Tom die heillose Bewunderung.
    »Ich sollte vielleicht jeden Tag nach London kommen«, sagte sie unvermittelt. »Und wieder mehr arbeiten. Vielleicht täte mir das gut.«
    Tom sah sie überrascht an. »Ich habe bestimmt nichts dagegen. Du machst einen ausgezeichneten Job, und es wäre wunderbar, dich öfter in der Firma zu haben. Allerdings wird es mit Becky …«
    »Becky könnte ruhig etwas öfter allein bleiben. Sie fühlt sich ohnehin von mir zu sehr bemuttert. Ich sollte sie etwas mehr loslassen. Ich habe es meinen Eltern immer vorgeworfen, dass sie mich mit ihrer beschützenden Art so eingeengt haben, und vielleicht bin ich längst dabei, ihre Fehler zu wiederholen.«
    »Becky ist erst zwölf«, erinnerte Tom. »In dem Alter überschätzen sie sich auch gern.«
    Er ging ins Wohnzimmer, blieb am Fenster stehen und blickte in die Dunkelheit, in der er im Wesentlichen nur das gespiegelte Zimmer sehen konnte. »Vielleicht sollten wir es einfach ausprobieren«, meinte er.
    Sie folgte ihm, nachdem sie ihre Stiefel abgestreift hatte. »Sie wünscht sich mehr Vertrauen von mir. Und ich will das nicht einfach ignorieren.«
    Er drehte sich zu ihr um. Sie konnte sehen, wie müde er war, wie abgekämpft. Zugleich vibrierte er vor Tatendrang, und wahrscheinlich wäre er am liebsten schon wieder durch die Tennishalle getobt und hätte seinem Gegner unhaltbare Bälle über das Netz geschmettert. Es war sein zunehmendes Problem in den letzten Jahren, dass er seinen auf zu hohen Touren laufenden inneren Motor auch nach Büroschluss nicht hinunterfahren konnte. Er schien rund um die Uhr unter Adrenalin zu stehen. Die Selbstständigkeit hatte diese Entwicklung in ihm ausgelöst. Er bekam seine Drehzahl nicht in den Griff, er wirkte wie jemand, der beständig Aufputschmittel nahm – was er nicht tat, wie Gillian wusste. Er geriet ganz von selbst immer wieder in diesen Zustand. In regelmäßigen Abständen beschwor Gillian ihn, einen Arzt aufzusuchen. Sie hatte Angst, dass er

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