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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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lachen und mich erst recht für einen Feigling halten, aber das Einzige, was mich vor ihm schützte, war Sarah. Sie bot ihm die Stirn. Sie war die Einzige, die sein wahres Wesen kannte. Und er wusste das. Und jetzt hab ich vor allem schreckliche Angst.
    Wäre ich mutiger gewesen, hätte ich mir ihre Gewehre schnappen und sie erschießen können. Das wäre eine Form von Gerechtigkeit gewesen. Mein Gott, weißt du, was mein Onkel gesagt hat? Er hat gesagt: Doch noch eine gute Jagdbeute. Viel besser als Kaninchen . Das hab ich trotz des Regens gehört, damals war mein Gehör noch gut. Und der andere erwiderte irgendwas. Sie stritten sich, und die Stimme des anderen Mannes klang heiser, wie eine rostige Türangel. Ich weiß nicht, wer er war. Wahrscheinlich ein Fremder. Niemand, den ich kannte.« Bei der Erinnerung erschauderte Quinn.
    »Und dann verschwanden sie. Ich beobachtete, wie sie gingen, und als ich mir sicher war, dass sie nicht zurückkommen würden, betrat ich den Schuppen. Ich zog das Messer aus Sarahs Körper. Sie lag in meinen Armen. Und in diesem Augenblick hat mich mein Vater gefunden. Dann kam Robert zurück, und ich rannte los, ohne nachzudenken. Du musst verstehen, ich hatte solche Angst, furchtbare Angst …«
    Ein paar Minuten sagte keiner von beiden ein Wort. Sadie an den Türpfosten gelehnt, wo sie die Finger über das schartige Holz gleiten ließ. »Was willst du jetzt tun?«
    »Keine Ahnung. Meiner Mutter kann ich’s nicht erzählen. Ich kann’s keinem erzählen, weil mir niemand glauben würde. Und ich habe keinen Beweis. Ich weiß, was ich gesehen habe, aber …«
    »Dann musst du ihn umbringen.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass ich das nicht kann.«
    Sie rückte ein Stück weiter weg. »Aber du hast versprochen, mich zu beschützen. Was, wenn er kommt, um mich zu holen? Du hast gesagt, du willst mutiger sein, aber wenn du nicht auf mich aufpassen kannst, dann geh. Verschwinde. Dann warte ich allein hier auf Thomas. Dein Onkel findet mich nicht. Ich werde in den Höhlen wohnen.« Sie zeigte nach draußen. »Na los, geh.«
    Quinn fürchtete sich davor, wieder durch die Gegend zu ziehen, hier und da Arbeit anzunehmen und mit Fremden zu essen, ohne richtig dazuzugehören. Schon der Gedanke. Die Trümmer seines Lebens. Allein der Gedanke daran. Und, was noch schlimmer war, Sadie müsste für immer hier allein auf einen Bruder warten, der nicht zurückkehren würde – den Tieren und dem Wetter, Robert, allen Gefahren der Welt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Nein. Für all das war es zu spät. Sie brauchten einander.
    »Weißt du noch?«, fragte er. »Kannst du dich noch an den Tag erinnern, als wir uns mit einem Spaten auf die Suche nach dem Geld machen wollten, das der alte Mr. Sharpe angeblich am Flussufer vergraben hatte? Und wie du ausgerutscht und in den Fluss gestürzt bist? Mit dem Geld wollten wir Mutter zum Geburtstag ein Halstuch kaufen.«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
    »Jag mich nicht weg«, sagte er.
    Sie blieb stumm und bockig.
    Er strich sich durch den Bart. »Wie gut ist mein Bart gewachsen?«
    Die Miene des Mädchens hellte sich auf. Sie wirkte zufrieden, als sie seinen Bartwuchs bewunderte. »Du siehst aus wie ein Bandit, ein Rächer.« Sie drehte sich um, blieb aber stehen und blickte über die Schulter zurück. »Ach, ich hab eine Frage an dich. Was ist ein Luzifer?«
    Quinns Hand fuhr den stoppeligen Rand seines Bartes entlang. Ihre Frage kam überraschend, doch er spürte, wie angesichts der Möglichkeit, das arme Mädchen aufzuklären, Stolz in ihm aufwallte. »Das ist natürlich der Teufel. Der gefallene Engel, der von Gott aus dem Himmel vertrieben wurde. Er soll uns dazu bringen, vom Glauben an Gott abzufallen. Um uns in die Sünde zu führen, damit wir das Gute in uns preisgeben.«
    Sie war unbeeindruckt. »Warum?«
    »Das ist sein Wesen. Warst du denn nie mit deiner Mutter in der Kirche?«
    »Eigentlich nicht …«
    »Ursprünglich war Satan bei Gott im Himmel, aber sein Herz war voller Frevelhaftigkeit und …«
    »Was ist das? Freveligkeit?«
    »Frevel haft igkeit. Bosheit.«
    Er verstand ihre Antwort nicht.
    »Was?«
    »Warum hält ihn Gott nicht davon ab, Böses zu tun? Wenn er so mächtig ist, meine ich. Er hätte den Krieg verhindern können, niemand müsste krank werden oder sterben. Meine Mutter wäre noch da, Thomas wäre zurück. Selbst deine Schwester …« Sie verstummte.
    Quinn seufzte. »Keine Ahnung. Ich weiß es nicht mehr. Ich meine,

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