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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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Nase, seine Zungenspitze war voller Sand. Sadie stand ein Stück entfernt und drängte ihn weiter. Ihre Arme und Beine schimmerten unter dem Apfelbaum.
    Hinter ihm im Haus hörte er Schritte, laute Stimmen, einen Fluch. Nein, bitte nicht …
    Quinn stand auf. Sadie schwebte von rechts nach links über den Rasen. »Hier lang«, rief sie und verschwand durch den Holzzaun.
    Mit wild pochendem Herzen, den Revolver in der Hand, stolperte Quinn ihr nach, konnte aber das Loch im Zaun, durch das sie entwischt war, nirgends entdecken. Im Gartenbeet kniend, tastete er umher. Der Boden war weich und feucht und stank nach Hühnerkot. Ein Zweig zerkratzte ihm die Wange. Schließlich fand er die Lücke im Zaun und ließ sich auf die andere Seite purzeln. Sadie zog ihn auf die Knie hoch, rannte über die Fletcher Street und schlitterte um die Ecke.
    Von der anderen Seite des Zauns hörte Quinn Daltons missmutige und Evelyn Higgins’ beschwichtigende Stimme. Da brauchst du dein Gewehr doch nicht … Robert! Ringsum bellten Hunde.
    Quinn versuchte aufzustehen, wurde aber von irgendwas zurückgehalten, das am Ärmel seiner Uniformjacke zog. Er dachte an die boshaften Geschöpfe, die in den Tümpeln der Flats lauerten, doch es war bloß ein rostiges Stück Stacheldraht, das an den Zaun genagelt war. Er wand sich hin und her, konnte sich aber nicht befreien. An einem Drahtknoten riss er sich den Fingerknöchel auf.
    Wieder Daltons wütende Stimme von der anderen Seite des Zauns. Sein Onkel kämpfte sich auf der Suche nach dem Eindringling durchs Gestrüpp und kam näher. Komm her, du kleines Aas …
    Quinn schüttelte die Uniformjacke ab, richtete sich mühsam auf und stürmte um die Ecke, wo er fast mit Sadie zusammenstieß, die aus der anderen Richtung zurückkam.
    »Was machst du denn?«, flüsterte sie, ganz außer Atem.
    »Ich bin hängen geblieben.«
    »Wo ist der Revolver?«
    Er zeigte ihn ihr, noch immer in den öligen Lappen gewickelt.
    Ihre Augen leuchteten. »Das ist deine Chance. Geh zurück und erschieß ihn. Jetzt.«
    Doch Quinn starrte sie bloß an. Er rührte sich nicht vom Fleck.
    Als klar war, dass er nichts unternehmen würde, zog sie ihn am Hemdärmel. »Dann komm.«
    Sie flüchteten durch den unteren Teil von Flint. Hunde kläfften und warfen sich gegen die Zäune. Die beiden blieben auf dem grasbewachsenen Straßenrand. Quinn stellte sich vor, wie die Frauen ihre schlafenden Männer weckten, zum Fenster schlichen und sich über den spätnächtlichen Lärm wunderten. Er und Sadie liefen an den Obstgärten vorbei und dann weiter, bis sie die feuchten Weiden am Ortsrand überquerten und im Busch verschwanden.
    Eine Stunde später erreichten sie wieder die Hütte. Erschöpft, mit den Nerven am Ende, ließen sie sich zu Boden sinken. Quinn lag da und starrte die Decke an. Keiner von beiden sagte etwas. Sadie saß an der Wand.
    Quinn fiel in einen unruhigen Schlaf, der mit Träumen von verflochtenen Ästen und schlammigen Feldern durchsetzt war. Dann das ausgehöhlte Zimmer, Sadie, eine flackernde Kerzenflamme, der Geschmack von Schlamm und Blut in seinem Mund.
    Sie packte seinen Oberarm. »Wach auf«, sagte sie. »Wach auf. Wo ist deine Uniformjacke? Quinn? Wo ist die Jacke?«
    Er setzte sich auf und rieb sich mit den Handballen die Augen. »Was?«
    »Deine Uniformjacke. Hast du die nicht wieder mitgebracht?«
    Nach kurzem, fassungslosem Schweigen sagte er: »Die hab ich am Zaun zurückgelassen. Das hab ich dir doch gesagt. Ich bin am Stacheldraht hängen geblieben.«
    Sadie hockte sich auf die Fersen und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Was ist?«, fragte Quinn.
    »Jetzt finden sie uns.«
    »Was redest du da?«
    »So spürt der Fährtensucher die Leute für Dalton auf. Mit seinen Hunden. Sie finden die Leute anhand ihres Geruchs. An Kleidungsstücken und anderen Sachen. Wenn es keine Spuren gibt. So können sie jeden ausfindig machen. Du hättest ihn umbringen sollen, als sich die Gelegenheit bot.«
    Quinn fluchte leise. Das Mädchen hatte wahrscheinlich recht. Wie hatte er so dumm, so feige sein können? Wenigstens hatte er das Namensschild von der Uniformjacke abgetrennt. Wenigstens das. Wegen des Geschmacks von Blut ließ er den Finger über seine vorderen Zähne gleiten. Sein linker Eckzahn war eindeutig locker. Er wackelte daran, und der Zahn brach in seinen Fingern ab. Er wischte das Blut ab und hielt sich das glänzende Ding vors Gesicht.

    Am nächsten Morgen zapfte Quinn, nur mit einer Hose bekleidet,

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