Beraubt: Roman
Holzzauns hindurch und überquerte Gracies ungepflasterten Hof, wo die Hühner nach schwarzen Maiskörnern pickten. Der Mann war bestimmt noch nicht zu Hause. Das Haus war aus Stein und hatte ein Rindendach. Auf dem Hof lagen unter einem großen Eukalyptusbaum, der stellenweise Schatten bot, leere Dosen und Gläser verstreut. Quinn stieg die wenigen Stufen zur Veranda hinauf, öffnete die Tür und blieb an der Schwelle stehen, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
Auch bei geöffneter Tür war es im Innern des Hauses dunkel. Vor dem einzigen Fenster hing ein zerlumpter Spitzenvorhang. Es war schwül und roch nach Hundeschweiß und getrocknetem Fleisch. Irgendwas bewegte sich. Aus der Dunkelheit tauchte blinzelnd eine hagere Gestalt auf. Es war ein Mann.
»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte der Mann.
25 Quinn hörte das hektische Kratzen von Hundekrallen auf den Dielen. Der Fußboden wirbelte rings um seine Füße, während sich die Hunde schnuppernd an seine Waden pressten.
»Sind Sie Mr. Gracie?«, fragte er mit schwacher Stimme.
»Ja«, lautete die misstrauische Antwort.
Jim Gracie saß auf einem niedrigen Bett an der Wand. Er war zerlumpt und hatte Unterarme, die wie gedrillte Seile aussahen. Quinn stand vor Angst und Unsicherheit wie angewurzelt da. Einen Augenblick glaubte er, Gracie zu kennen; höchstwahrscheinlich wusste der Bursche, dass er nicht Thomas Fox war. Die Idee war idiotisch. Sein Revolver steckte im Bund seiner Hose, doch er war außerstande, sich zu bewegen, und befürchtete, ihm würde der Atem versagen. Das Gefühl ging vorbei. Nein. Der Mann war Quinn völlig unbekannt, und hoffentlich galt das auch umgekehrt.
Der Fährtensucher beugte sich vor, musterte ihn mit trübem Blick und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf seine Hunde. Einem von ihnen versetzte er einen brutalen Tritt, woraufhin das Tier in eine Ecke schlich. Gracie wandte sich wieder Quinn zu. »Wer sind Sie?«
Quinn wischte sich den trockenen Mund ab.
»Sie sind ein verdammt schweigsamer Kerl.« Jim Gracies Hand flatterte in die Luft, und Quinn sah, dass sie vor Schmutz ganz dunkel war. »Kommt zwar nicht so oft vor, dass mich jemand besucht, aber normalerweise schlagen die Hunde dann immer an. Sie müssen wie ein Vogel hergeflogen sein … oder wie ein Engel. Haben Sie sich verlaufen?«
Quinn schüttelte den Kopf.
»Wo wollen Sie dann hin, mein Freund? Der nächste Ort liegt anderthalb Kilometer in dieser Richtung. Das Städtchen Flint. Jedenfalls will ich Sie nicht hierbehalten.«
Der Mann war aufgeregt, vielleicht hatte er sogar Angst. Quinn fiel es schwer, seine breiige Redeweise zu verstehen. Einer der Spürhunde tauchte wieder auf und schnupperte vor ihren Füßen herum. Plötzlich bekam Quinn einen Hustenanfall. Seine Brust schien voll brennender Kohlen zu sein.
»Haben Sie vielleicht ein Glas Wasser, Sir?«, fragte er, als er wieder sprechen konnte. »Bitte.«
Gracie zögerte, stand dann aber murrend vom Bett auf und goss Wasser in eine verbeulte Blechtasse. Quinn richtete sich auf, um zu trinken.
Der Fährtensucher wich einen Schritt zurück und hielt sich die Hand schützend vor Nase und Mund. »Sie haben doch nicht diese Krankheit, oder?«
»Nein. Ich habe keine Grippe, falls Sie das meinen.«
»Verfluchte Bolschewiken.«
Quinn trank noch einen Schluck. »Was?«
»Die Leute, die das Ganze ausgelöst haben. Haben drüben in Sydney Frösche und Spinnen ins Wasser geworfen, Leichen und was nicht alles. Scheißkerle.«
»Ich habe im Krieg Gas abbekommen.«
»Ach, ja. Hab davon gehört. Es soll angeblich das Ende der Welt sein. Dieser Bursche in der Kirche – Mr. Smail – hat das gesagt. Heuschrecken so groß wie Pferde, mit langem Mädchenhaar. Drachen, ein Lamm. Er hat gesagt, Gott wartet in den Wolken auf uns. Unser Vater. Blut, das vom Himmel regnet, und so. Krieg.« Er sagte noch irgendwas und bekreuzigte sich. »Was glauben Sie?«
Quinn zuckte mit den Schultern. Er stand immer noch in der Tür und bezweifelte wieder, dass es klug war, hergekommen zu sein. Gracie war anscheinend verrückt. Obwohl es ziemlich dunkel war, sah er, dass im Haus, abgesehen vom Gewirr der Armut, alles ordentlich war. Dem Bett gegenüber stand eine grob gezimmerte Bank. Die Wände waren hier und da mit vergilbten Zeitungen tapeziert. Auf dem Tisch mitten im Raum stand der Emailkrug, aus dem Gracie das Wasser eingegossen hatte. Die beiden stinkenden Hunde schimmerten in der Dunkelheit, ihre Umrisse vor
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