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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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ersten Ort, der ihm einfiel. »London.«
    »Ah, gut. Ziemlich weit weg. Lebt da Ihre bessere Hälfte?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    Gracie hielt die linke Hand hoch und wedelte mit den Fingern. »Und was ist mit Ihrem Ring?«
    Den Ring hatte Quinn ganz vergessen. Er schimmerte matt. Quinn hatte den Eindruck, dass er von dem Schluck Grog schon betrunken war. »Ja«, sagte er. »Ich meine, ja, ich bin verheiratet. Aber meine Frau ist schon lange tot.«
    Gracie nickte und ließ ein teilnahmsvolles Räuspern ertönen.
    »Sie wurde ermordet.«
    Der Fährtensucher riss die Augen auf. Er setzte sich aufrechter hin und wischte sich die Hände am Bauch ab. Die beiden Hunde sprangen auf und liefen immer schneller um Quinns Beine herum, wie die beiden Tiger in der Geschichte, in der sie sich in Butter verwandeln.
    »Sie war wunderschön«, sagte Quinn, den Lärm übertönend. »Das fanden alle, nicht nur ich. Engelsgleich, haben die Leute gesagt. Sie hat gern gespielt. Kennen Sie das Spiel, bei dem man alle seine Karten vor dem anderen loswerden muss? Das haben wir mal sechs Stunden lang gespielt. Sie ließ mich nicht gehen, obwohl ich was für meinen Vater erledigen musste, und als er es rausfand, hat er mir eine Tracht Prügel verabreicht.«
    Gracie schüttelte den Kopf. Natürlich hatte er keinen Schimmer, wovon Quinn redete.
    Im Haus war es stickig, und die vielen Schnittwunden an Quinns Körper juckten und brannten. Er zog die Jacke aus und kratzte sich. »Zwei Männer«, sagte er, »haben sie eines Tages fortgeschleppt … und sie vergewaltigt und umgebracht.«
    Gracie schien plötzlich schreckliche Angst zu haben. Einer der Hunde jaulte. »Um Gottes willen! Was ist mit den Kerlen passiert, die ihr das angetan haben?«
    Quinn dachte an die Worte seiner Mutter über den Mörder und antwortete: »Gott wird Rache üben.«
    »Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie, dass Gott uns beobachtet, dass er darauf achtgibt, was wir tun?«
    Quinn starrte in seine leere Tasse und rülpste feucht. »Natürlich.«
    »Und beten Sie dafür? Für diese Rache?«
    »Ich glaube schon. Unter anderem.«
    Bis Quinn es wieder fertigbrachte zu reden, saßen sie schweigend da. »Kann ich vielleicht noch was zu trinken bekommen, Mr. Gracie? Noch einen Schluck Grog?«
    Gracie goss ihm noch eine Tasse voll ein und ging in die Hocke, den Hintern nah am Fußboden, die Ellbogen auf seinen knochigen Knien. Er nickte. »Sie sind nicht Thomas, aber ich weiß, wer Sie sind.«
    Aus der Tiefe seines schwermütigen Tagtraums verspürte Quinn eine schwach pulsierende Angst, dennoch konnte er nicht innehalten. Er kramte in seiner Hosentasche, bis er das dicke Bündel Geldscheine fand. Zusammen mit der Muschel, die er an Sarahs Grab entdeckt, und dem roten Knopf von ihrem Kleid, den er von Sadie erhalten hatte, zog er es hervor. Der Fährtensucher starrte die Sachen in Quinns schmutziger Hand an.
    Quinn trank noch einen Schluck Alkohol. »Das ist für Sie«, sagte Quinn und deutete auf das Geld. »Ein Geschenk für Sie. Damit Sie Sadie und mich nicht finden. Werden Sie das tun, Sir? Bitte. Wir müssen weg. Wir brauchen nur ein paar Tage.«
    »Ja! Keine Sorge. Ich führe Dalton in die Irre. Er kennt sich im Busch kein bisschen aus. Aber er ist ein misstrauischer Scheißkerl. Nach ein paar Tagen wird er mir Fragen stellen.«
    Trotz der für seine Zusammenarbeit angebotenen Geldsumme war die Begeisterung dieses Burschen rätselhaft. »Aber kann ich Ihnen auch trauen, Sir? Konstabler Dalton ist ein schrecklicher Mensch …«
    »Das weiß ich! Er hat mich schon zu allem Möglichen angestiftet. Er führt mich in Versuchung, der Mistkerl. Wie der Teufel.« Er deutete mit einer ausladenden Handbewegung in den Raum seiner armseligen Hütte. »Ich besitze nichts. Wissen Sie, ich hab auf Sie gewartet. Ich weiß, wer Sie sind. Mr. Smail sagt, dass wir alle irgendwann für das Böse, das wir getan haben, gerichtet werden. Unsere Sünden holen uns ein. Ich habe oft gebetet, weil ich Mr. Dalton bei manchem geholfen habe …«
    Ohne richtig zuzuhören, nickte Quinn und trank noch einen Schluck aus der Blechtasse. Er wartete, bis sein Ekel vorbei war und das angenehmere Wärmegefühl einsetzte. Als er wieder sprach, musste er sich stark konzentrieren und freute sich, eine gewisse Schwerfälligkeit in seiner Stimme zu bemerken. »Aber für wen halten Sie mich denn, Mr. Gracie?«
    Jim Gracie spitzte den Mund und zuckte mit den Schultern, als wäre das, was er sagen wollte, ganz

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