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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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offensichtlich. »Sie sind der Todesengel.«
    Im flackernden Licht starrten sie sich an. Ein Nachtfalter flog taumelnd in die Kerzenflamme. Quinn war betrunken und wurde von einem absurden Verlangen nach Schlaf übermannt. Er hatte das Gefühl, als wären all seine Körperteile von einer unwiderstehlichen Erschöpfung erfüllt.
    Er trank seinen restlichen Grog. Ein paar Tropfen rannen sein Kinn hinab. Mit Mühe und erst nach mehreren täppischen Versuchen legte er, zusammen mit dem Knopf und der Muschel, das Geld auf den Tisch. Wider sein Bauchgefühl schloss er die Augen. Er hörte Gracie mit seiner heiseren Stimme endlos weiterpalavern.
    Quinn träumte, dass er über ein riesiges Feld mit schwarzen, knopfgroßen Blumen ging, die seine Stiefel bedeckten, während er dahinstapfte. Die Blumen verströmten einen seltsamen Duft, wie alte Lumpen. Im Weitergehen wurde das Feld immer größer, doch als er den Eindruck hatte, die Mitte erreicht zu haben, flogen die Blumen plötzlich auf und erwiesen sich als Tausende winziger Krähen, die sein Gesicht umflatterten und den Horizont verdeckten. In jenem Augenblick begriff der in seinem stummen Albtraum befangene Quinn, wo er Jim Gracie schon einmal gesehen hatte: Er war der Mann, der Sarah damals festgehalten hatte.
    26 Als Quinn wieder zu sich kam, lag er ausgestreckt auf dem schmutzigen Holzfußboden. Sein Kopf schien mit etwas Schwerem, Pulsierendem gefüllt zu sein. Es war dunkel, doch er hörte draußen die Vögel rufen. Auf dem Hof gackerten aufgeregt die Hühner. Wo war er? Plötzlich erinnerte er sich. Jim Gracies Hütte. Er setzte sich fluchend auf, was die Schmerzen im Hinterkopf nur verschlimmerte.
    Nach dem kühlen Luftzug zu urteilen, stand die Tür offen. Er tastete umher und entdeckte seinen Revolver und seine Jacke neben sich auf dem Boden. Von Gracie war nichts zu sehen, doch auf dem Tisch befanden sich die Sachen, die Quinn am vorigen Abend dort hingelegt hatte – das Bündel Geldscheine, die Muschel und der Knopf. Er steckte alles ein. Draußen ertönte das lange, leise Heulen eines Hundes.
    Quinn zog sich seine Jacke über, ergriff seinen Revolver und trat auf die Veranda hinaus. Die Gipfel der fernen Blue Mountains waren durch die aufgehende Sonne von einem glühenden Lichtschein gesäumt. Er rief Gracies Namen, doch als einzige Reaktion wurde das Jaulen der Hunde etwas lauter und eindringlicher. Im Halbdunkel konnte er sie nicht sehen, spürte aber ihre wutfunkelnden Blicke.
    Ein leichter Wind wehte über den Hügel. Der Eukalyptusbaum knarrte. Er rief noch einmal, doch Gracie schien sich aus dem Staub gemacht zu haben. Vielleicht kehrte er mit Robert Dalton zurück? Zumindest waren die Hunde noch da, das hieß, dass er noch nicht nach Sadie suchte. Was konnte er Sadie sagen? Er stellte sich ihre schreckgeweiteten Augen vor, wenn sie begriff, was im nächsten Moment passieren würde; wie sie ein leises Nein hervorstieß, bevor ihr eine Hand den Mund zuhielt; wie sie sich wehrte und biss, sich wehrte und biss; das Scharren ihres Schuhs, das keuchende Gelächter seines Onkels.
    Die Nacht machte der spröden morgendlichen Kälte Platz. Quinn betrat den Hof und ging um das Häuschen herum. Inzwischen war es vor dem blau werdenden Himmel zu erkennen. Quinn atmete flach und mühsam. Seine Zunge war so dick und plump, als wäre sie aus Wolle. Schon bald konnte er im Dunkeln kleinere Umrisse erkennen. Die Konturen eines Zauns, ein Blecheimer. Er stolperte über ein Stück Holz.
    Als er zu dem Eukalyptusbaum kam, sah er, dass einer der Hunde mit gesträubtem Fell dakauerte, den Kopf gesenkt, die Zähne gefletscht, die Augen funkelnd. Das Tier ließ zur Warnung ein tiefes Knurren ertönen. Der andere Hund folgte seinem Beispiel, und die beiden machten sich bereit, ihn anzugreifen. Quinn hob mit zitternder Hand den Revolver. Er trat zurück, bis sich die Äste des Eukalyptusbaums deutlich vor dem Himmel abzeichneten, als wäre er ein milchiger Gabelblitz, der fest in der Erde verankert war.
    Dann sah er ihn: Jim Gracie, mit den Zehen hoch über dem Boden in der Luft baumelnd, seine glänzende nackte Brust, die aus den Höhlen getretenen Augen. Sein Kopf hing herab, die Zunge geschwollen und lila. Die Hose saß locker auf seinen knabenhaften Hüften, und an einem Bein prangte ein dunkler Fleck. Der starke Gestank von menschlichem Kot. Das Seil knarrte, während es träge mit seiner menschlichen Last hin und her schwang. Quinn stolperte rückwärts, außerstande,

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