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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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Mädchen hin. Schon bald. Irgendwann machen wir das. Wissen Sie, ich hatte noch nie von diesem Ort gehört. Bullecourt«, fügte sie voller Abscheu hinzu.
    »In dem Ort wird bereits ein Denkmal gebaut«, fuhr sie fort, als könnte sie mit dem reißenden Strom ihrer Gefühle nicht länger mithalten. »Eine Säule mit den Namen aller Toten. Das Ganze ist bereits Geschichte. Die toten Männer sind schon Geschichte. Aber es gibt natürlich noch viele andere, die nicht zurückgekehrt sind. Die Anzahl der Gefallenen ist groß. Die von uns Witwen natürlich auch. Und die der Waisenkinder. Nicht dass das ein Trost wäre, wenigstens nicht für mich.«
    Mrs. Porteous blickte Quinn fest in die Augen. »Reginald Porteous«, sagte sie. »Können Sie sich an jemanden mit diesem Namen erinnern, Mr. Wakefield? P-O-R-T-E-O-U-S. Porteous.«
    Quinn konnte sich undeutlich aus seiner Kindheit an Mr. Porteous erinnern, war ihm aber im Krieg nicht begegnet. Das 13 . Bataillon hatte zusammen mit dem 17 . in Pozières gekämpft, doch die anderen Männer waren nicht viel mehr als huschende Schemen im Dunkeln gewesen, stumm, in Erwartung ihres Todes. Aber Mrs. Porteous starrte ihn an, die Stängel ihres Blumensträußchens in den behandschuhten Händen zerdrückt. Aus irgendeinem Grund war sie ihm wohlgesinnt, und er hatte das Gefühl, ihr deshalb etwas zu schulden. Und außerdem hatte sie ihm durch ihre Anwesenheit auf dem Friedhof das Leben gerettet. Er war bestürzt, einen pennygroßen Fleck auf der Krempe ihres blauen Hutes zu sehen, zweifellos ein Vorzeichen der Armut, die sie jetzt würde erdulden müssen.
    Wieder Schweigen, während alle drei warteten, bis die Worte der Witwe verklungen waren. Jeden Moment würde Robert wieder von Quinns Papieren anfangen, und dann war er erledigt.
    »Ja«, sagte Quinn. »Jetzt erinnere ich mich an ihn. Ein blonder Mann. Ich bin ihm in Ägypten begegnet.«
    Die Witwe war sichtlich erleichtert. Sie unterdrückte einen Schrei. »Wirklich? In Ägypten?«
    »In der Ausbildung. Soweit ich mich erinnere, war er ein ausgezeichneter Schütze, richtig gut.«
    »Ach, er war ein wunderbarer Mann.«
    »Stimmt«, sagte Quinn. »Ein richtiger Spaßvogel. Ich weiß noch, wie er in Kairo auf einem Kamel reiten wollte, aber das verflixte Vieh weigerte sich, mit ihm an Bord aufzustehen. Er gab sich alle Mühe, doch das Tier weigerte sich. Diese Kameltreiber haben sich auf seine Kosten halb totgelacht, die Teufel.«
    »Ja, das sieht ihm ähnlich. Er hat mich so oft zum Lachen gebracht. Ich würde alles geben, um ihn zurückzubekommen. Wissen Sie, ich habe all seine Briefe aufbewahrt. Er sprühte immer vor guter Laune, damit ich mir keine Sorgen mache, aber alles klang furchtbar, ganz furchtbar.«
    Robert Dalton hatte inzwischen halbwegs die Fassung zurückgewonnen und wollte sich zwischen Quinn und die Witwe drängen. »Eine schreckliche Sache, aber vielleicht ist es besser, nicht darüber zu reden. Also, Mr. Wakefield, Ihre Papiere …«
    Doch Mrs. Porteous schob sich an dem Konstabler vorbei und kam Quinn so nahe, dass er den Duft des Rosenwassers wahrnahm, mit dem sie sich den Hals betupft hatte. Es roch nach Witwentum. »Hat Reg von mir gesprochen? Ich weiß, das ist eitel, aber ich muss immer daran denken. Besonders nachts. Manchmal bis zum Morgengrauen. Als Sie ihm in Ägypten begegnet sind? Hat er da von mir und den Mädchen gesprochen?«
    Quinn zögerte. Er hatte sich in eine Falle manövriert. Im Krieg sprachen die Männer von allem Möglichen, von Belanglosigkeiten und anderem, von Mädchen und von ihrer Heimat; von allem, was sie gern essen würden, von Haustieren und von ihren Fußballmannschaften; von der Zeit, als ihnen ihr alter Herr fürs Äpfelstehlen eine Tracht Prügel verabreicht hatte. Ein Bursche namens Greedy Thompson hatte, während er dalag und an einer Schrapnellwunde im Bauch verblutete, unzusammenhängendes Zeug über einen Krokodilsfisch gefaselt, den er mal in der Nähe von Bermagui gefangen hatte und dabei ständig wiederholt, alle Fischer im Ort hätten gesagt, es sei das größte Exemplar, das sie je gesehen hätten. Quinn dachte an Fletcher Wakefield und an das, was er zu seinem Bedauern versäumt hatte, seiner Verlobten vor ihrem Tod zu sagen. Fletcher war noch vor Kriegsende ums Leben gekommen und konnte es Doris jetzt vermutlich ohne die Hilfe eines Mediums oder ähnlicher Leute persönlich sagen. Quinn dachte auch an die boshafte Frage, die ihm Mrs. Cranshaw an jenem Abend bei der

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