Bereitwillig (German Edition)
unter vier Augen sprechen?“
In der Küche war es zwar nur unwesentlich ruhiger, aber Charly schien wohler dabei zu sein, bei diesem Gespräch etwas Abstand zwischen sich und die Männer gebracht zu haben. Mabel ahnte schon, worum es ging: Vor einigen Tagen hatte Charly sie abends angerufen, um ihr zu sagen, dass eine Beziehung mit Carl nicht funktionieren würde. Sie wollte ihr Glück lieber im Aviditas versuchen.
„Ich habe deine Mitgliedsnummer für die Anfrage im Club benutzt – aber die Antwort war, dass ich die Empfehlung von einem Mitglied bekommen muss, das mindestens seit zwei Jahren dort angemeldet ist.“ Niedergeschlagen sah sie Mabel an.
„Warum fragst du nicht Ian, ob er noch einmal seinen Freund fragen kann?“, fragte Mabel.
„Ich habe keine Lust, mich andauernd von ihm aufziehen zu lassen. Versteh’ mich nicht falsch, ich mag ihn wirklich, aber manchmal kann er wirklich eine unglaubliche Nervensäge sein.“ Charly zögerte.
„Raus damit“, forderte Mabel.
„Meinst du, du könntest vielleicht Ben fragen?“ Verlegen fuhr Charly sich durch die dunklen, lockigen Haare. „Gleichzeitig frage ich mich die ganze Zeit, ob ich wirklich möchte, dass mein Chef über meine sexuellen Vorlieben Bescheid weiß.“
Mabel schluckte schwer und griff nach der offenen Flasche Champagner, die auf der Arbeitsfläche stand. Charly sah sich kurz um, öffnete dann die Küchenschränke und suchte, bis sie zwei Gläser gefunden hatte – es waren große Wassergläser, doch das machte ihnen nichts aus.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich anständig verhalten und dir die Empfehlung geben würde.“ Mabel warf einen Blick zurück in das große Wohnzimmer und sah, dass Ian kampflustig gestikulierte und heftig auf Ben einredete.
Charly sagte: „Ich glaube aber, ich brauche definitiv mehr als das halbe Glas Champagner hier, damit ich den Mut aufbringe, meinen Chef um so etwas zu bitten.“
„Ich frage ihn für dich.“
„Wirklich? Das wäre großartig – also, nach einer weiteren Flasche finde ich das sicher großartig. Gerade wird mir ein wenig mulmig dabei.“
Mabel legte ihr eine Hand auf die Schulter und nickte verständnisvoll. „Keine Sorge, Ben ist wirklich nett und zu höflich, um dir gegenüber auch nur einen einzigen Ton darüber fallen zu lassen.“ Sie deutete in den Wohnbereich. „Können wir zurückgehen? Wie Ian aussieht, fängt er gleich sicherlich einen Streit an.“
Charly blickte zu den beiden Männern und folgte Mabel sofort ins Wohnzimmer. Schon aus einiger Entfernung konnten sie Ian deutlich hören.
„Koloman Moser?“ Seine Stimme überschug sich fast.
Mabel warf Ben einen interessierten Blick zu. Unterhielten die Beiden sich gerade wirklich über Wiener Maler? Sieh an, klug und gebildet ist er natürlich auch noch.
Ben zuckte mit den Schultern und grinste, während Ian noch immer empört nach Luft schnappte. Er fuchtelte mit der Hand in der Luft herum und sagte: „Ich verlange eine Entschuldigung – und etwas zu trinken! Ich ertrage so viel Stursinn nicht.“
Dann lachte er. Mabel war erleichtert, dass ihre Freunde Ben mochten und er auch außerhalb des Büros mit ihnen umzugehen wusste – die Situation war immer noch alles andere als unkompliziert, aber Ian und Charly gaben sich wirklich größte Mühe, sie das nicht spüren zu lassen.
„Soll ich uns allen etwas zu trinken organisieren?“, erkundigte Ben sich.
Ian stieß immer noch ein wenig kampfeslustig hervor: „Das ist jawohl das Mindeste.“
Ben grinste ihn an, da erklang Pauls Stimme hinter ihnen. „Mabel, du bist gekommen! Wie schön!“
Sie drehte sich um und sah, dass Paul bereits die Arme ausgebreitet hatte. Er trat einen Schritt zurück und ließ seinen Blick betont langsam über ihren Körper wandern – besonders an ihrem Ausschnitt verharrte er eine Weile.
Charly versuchte, die Situation zu entschärfen, indem sie sich vor Mabel schob und laut „Happy Birthday“ rief. Sie umarmte Paul und reichte ihm einen kleinen, in blaues Papier gewickelten Karton mit einer silbernen Schleife. Er bedankte sich, strahlte sie an und ließ sich dann von Ian umarmen.
Mabel war sich nicht sicher, wie sie sich verhalten sollte, aber Paul an seinem Geburtstag nicht zu umarmen, wäre kindisch gewesen. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und schon zog er sie in seine Arme und streichelte über ihren Rücken. Die Umarmung war viel zu eng und dauerte eindeutig zu lang. Sie versuchte,
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