Bereue - Psychothriller (German Edition)
verdient hatte. Für das er jahrelang bis an die Schmerzgrenze geackert hatte. Geackert wie ein Gaul, würde sein Vater sagen.
Der Typ in dem dunkelgrauen Anzug blickte verärgert von irgendwelchen Papieren auf. Er nahm die Lesebrille ab und fixierte ihn. „Herr Biller?“
„Wer sonst!“ Ben überquerte den widerlich plüschigen Teppich und baute sich vor dem Glastisch auf, der offensichtlich als Arbeitsplatz diente. „Herr Neumaier. Meine EC-Karte wurde eingezogen. Meine Kreditkarte ist gesperrt. Ich verlange auf der Stelle eine Erklärung.“
„Herr Biller. Beruhigen Sie sich. Bitte setzen Sie sich doch.“ Mit einem edlen Füller zwischen den Fingern wies er auf die beiden Besucherstühle aus schwarzem Leder.
„Was in aller Welt bilden Sie sich ein, meine Karte einzuziehen?“
Neumaier stand auf. Sie waren auf Augenhöhe. „Ich weiß Ihre Treue zu unserem Haus zu schätzen. Und Sie waren uns immer ein willkommener Kunde. Aber mit Ihrer letzten Zahlung haben Sie leider jedweden Kreditrahmen, den wir für ein Girokonto einräumen können, g esprengt.“
Zahlung, Kreditrahmen. Wovon zum Teufel redete dieser Mensch. „Ich verlange die sofortige Verfügung über mein Konto!“
Schwer ließ sich Neumaier in seinen Sessel fallen. „Herr Biller. Ich weiß nicht, warum Sie diesen Scheck in einer Höhe ausgestellt haben, die Ihr Konto derart belastet. Und wir haben die Zahlung nur ausgeführt, weil Sie ein ausgesprochen guter Kunde sind.“
Was faselte der Kerl von einem Scheck. „Wovon zum Teufel reden Sie!“
Der Banker hob beschwichtigend die Hände. „Herr Biller, selbst Ihnen muss klar sein, dass Sie mit dieser Zahlung Ihr Girokonto um mehr als das Zwanzigfache Ihres Monatseinkommens überzogen haben.“ Die ekligen Lippen zogen sich auseinander. Wenn das ein Lächeln sein sollte, erreichte es seine Augen nicht. „Und Sie werden verstehen, dass wir als Kreditinstitut auch darauf achten müssen, dass wir unser Geld zurückerhalten“, er atmete mehrmals tief und bedeutungsschwanger durch, „und die uns zustehenden Zinsen.“
Merkwürdige Begriffe tanzten durch Bens Kopf. Scheck, Kreditrahmen, Konto überzogen, Zinsen. Das konnte nur ein beschissener Albtraum sein. „Von. Welchem. Scheck. Reden. Sie.” Bei jedem Wort stach er mit dem Zeigefinger in die Luft vor der Brust des Filialleiters.
Das kurze Erschrecken im Blick des Bankers wich Erleichterung. Er fühlte sich offensichtlich wieder auf sicherem Terrain. Mit einer lässigen Handbewegung zauberte er eine dünne Aktenmappe hervor und klatschte sie vor Ben auf den Tisch. Sie enthielt nur ein Blatt. Der Betrag von 240.000 Euro sprang ihm entgegen. Es war die Kopie eines Schecks, ausgestellt auf das Kindermissionswerk Die Sternsinger . Seine Unterschrift prangte darauf. Wie bei den Schecks von Vita Canin . Er wollte es nicht glauben. „Was bedeutet das!“
Die Hände des Bankers fuhrwerkten in der Luft herum. „Herr Biller, das müssten Sie doch selbst am besten wissen. Sie haben den Scheck auf dieses Kinderhilfswerk der katholischen Kirche in Höhe von 240.000 Euro ausgestellt. Der Scheck wurde eingelöst. Damit haben Sie Ihr Girokonto um knapp 236.000 Euro überzogen. Das ist weit mehr, als wir üblicherweise gewähren. Da wir Ihnen vertraut haben, wurde Ihnen kein Limit eingeräumt. Sonst wäre die Zahlung automatisch storniert worden.“
Dahinter konnte nur der Wahnsinnige stecken. „Ich habe den Scheck nicht ausgestellt! Was interessieren mich irgendwelche katholischen Bälger. Holen Sie das Geld zurück. Auf der Stelle!“
Neumaier schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, das Geld ist bereits dem anderen Konto gutgeschrieben.“
Die Galle in seinem Hals formte sich zu einem merkwürdigen Geräusch, das seiner Kehle entwich. Ein bitteres Lachen. „Natürlich.“ Das Lachen brach ab. „Jemand hat meine Unterschrift gefälscht. Das ist Betrug!“
„Wenn es so sein sollte, gibt es dafür keine Hinweise. Der Scheck trägt eindeutig Ihre Unterschrift, wir haben das abgeglichen. Tut mir leid, Herr Biller, ich kann nichts für Sie tun. Solange Sie Ihr Konto um mehr 50.000 Euro überzogen haben, müssen wir Ihnen leider die Vollmacht darüber entziehen.“
„Das können Sie mit mir nicht machen! Ich bin Ben Biller!“ Angesichts der mitleidigen Miene gegenüber ließ er sich schwer in den Bes ucherstuhl fallen und bettete das Gesicht in die Hände. Sein Name war nichts mehr wert. Mit der Entlassung bei Vita Canin hatte man ihn in die
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