Bereue - Psychothriller (German Edition)
Füße, und über Fanggruben führt sein Weg. Das Netz wird seine Ferse festhalten, und die Schlinge wird ihn fangen. Sein Strick ist versteckt in der Erde und seine Falle auf seinem Weg. Um und um schreckt ihn jähe Angst, dass er nicht weiß, wo er hinaus soll.
9
Die um das Lenkrad verkrampften Hände waren genauso taub wie alles andere an ihm. Sein Kopf war leer. Da hallte nur dieser eine Satz: ‚Das ist nicht wahr.’ Der Wagen glitt durch die Straßen Münchens wie auf Schienen.
Ben hatte keine Ahnung, wo er herumfuhr. Er wusste nur, dass er in Bewegung bleiben musste. Sobald er innehielt, würde ihn die Welle überrollen.
Sein Handy klingelte. Er ignorierte es. Es klingelte wieder. Er schaltete es ab.
Einige rote Ampeln später holte ihn die Warnleuchte der Spritanzeige in die Realität zurück. Er musste tanken, sonst würde auch noch die Karre streiken. Mechanisch lenkte er den Wagen neben eine Zapfsäule und ließ das Benzin in den Tank laufen. Zweiundachtzig Euro wies die Digitalanzeige aus. Wenigstens hatte er noch ein paar Tausend auf dem Konto. Wenn er denn endlich an sein Geld käme. Wütend dachte er daran, dass dieser Bankautomat seine EC-Karte gefressen hatte. An der Kasse überreichte er seine Kreditkarte.
Das Mädchen mit dem roten Stacheln auf dem Kopf nahm sie mit spitzen Fingern und zog sie durch das Lesegerät. Nach ein paar Sekunden zog sie sie noch einmal durch den Schlitz. Und noch einmal.
Ein Schweißfilm bildete sich an Bens Haaransatz, als das Mädchen sie ihm zurückreichte. “Tut mir leid, die ist offensichtlich gesperrt.”
Er riss ihr das nutzlose Stück Plastik aus der Hand und stopfte es in das dafür vorgesehene Fach zurück. Mit angehaltenem Atem zerrte er einen Hunderteuroschein heraus und knallte ihn auf die Theke. Er würde zur Bank fahren, jetzt. In seinem Geldbeutel hatte er keine achtzig Euro mehr.
Diesem Bankmenschen würde er es zeigen.
Keine zwanzig Minuten später rauschte er in die klimatisierte Bankfiliale. Die Wut stieg wie bittere Galle in ihm hoch und drohte ihn zu überfluten. Das kühle Lächeln der toupierten Dame hinter dem Schalter erhöhte den Druck in seinem Hals. „Grüß Gott. Was kann ich für Sie tun?“, zwitscherte sie.
„Ich will auf der Stelle den Filialleiter sprechen!“, donnerte er ihr ins Gesicht. Die Frau zuckte zurück, die umstehenden Kunden starrten ihn an.
Anscheinend war er nicht der erste wutentbrannte Kunde, der ihr entgegentrat. Sie fuhr sich über die Haare als hätte er sie besudelt. „Haben Sie einen Termin?“, fragte sie und spitzte ihre Lippen in einer Art, dass er beinahe an seiner Galle erstickte.
Er baute sich zu seiner vollen Größe vor ihr auf. „Ich bin Ben Biller. Und ich will ihn sofort sprechen!“, spie er auf sie herab.
Nun machte sich doch so etwas wie Verunsicherung auf ihrem überschminkten Gesicht breit. Frau Gerstbauer, wie ihr Namensschild sie auswies, sah zu ihrer Kollegin hinüber. Die zuckte nur mit den Achseln und bediente weiter ihren eigenen Kunden. Ben konnte förmlich auf ihrem Gesicht ablesen, wie erleichtert sie war, dass er nicht an ihrem Schalter gelandet war.
„Herr Biller von Vita Canin ?“, fragte Frau Gerstbauer und blinzelte überrascht.
„Genau der. Was ist jetzt?“
„Einen Moment bitte.“ Mit pickeltreibender Langsamkeit griff sie zum Telefonhörer und drückte eine der Kurzwahltasten. „Hallo Herr Neumaier, Herr Biller ist hier.“ Sie lauschte eine Weile. „Ja natürlich.“ In aller Ruhe legte sie den Hörer auf und lächelte ihn auf eine an Boshaftigkeit grenzende Art an. „Herr Neumaier erwartet Sie in seinem Büro.“ Sie deutete auf eine Tür neben den Kundenschaltern.
„Ist er der Filialleiter?“
Sie hob die Augenbrauen, als ob er gefragt hätte, ob der Papst katholisch sei, und nickte dann. Ihr Blick glitt an ihm vorbei zu der Person, die hinter ihm wartete.
„Herzlichen Dank!“, zischte er ihr zu und ging, um sich diesen Neumaier vorzuknöpfen.
Das Büro des Filialleiters lag am Ende des Ganges. Neben der doppelflügligen Tür prangte sein Name auf einem verschnörkelten Messingschild. Josef Neumaier. Ohne anzuklopfen, riss Ben die Tür auf. Adrenalin schoss durch seine Adern, als er diesen Kerl sah, der so durchschnittlich war wie sein Name.
Rikowski und Fehlberger hatten ihn überrumpelt. Er würde sich ein anderes Mal damit auseinandersetzen, was da passiert war.
Jetzt ging es um die Macht über sein Geld. Das Geld, das er sich ehrlich
Weitere Kostenlose Bücher