Berg der Legenden
abgelegenen Gebieten und die Sammlung geologischer Proben verantwortlich sind, ebenso wie für die Bestimmung der spezifischen Flora und Fauna des Himalaja. Dem Alpine Club wird es obliegen, die Bergsteiger auszuwählen. Unsere Aufgaben wird sein, eine Route zum Gipfel des Everest zu finden.«
»Und wer wird die Expedition aller Wahrscheinlichkeit nach anführen?«, fragte Finch, der immer noch keine Handbreit nachgab.
»Ich rechne damit, dass es General Bruce sein wird. Er hat lange Jahre in Indien gedient und ist einer der wenigen Engländer, die sich im Himalaja auskennen. Außerdem ist er ein persönlicher Freund des Dalai-Lama. Er wäre die ideale Besetzung, um uns über die Grenze nach Tibet zu bringen. Sobald wir die Vorgebirge des Everest erreicht und ein Basislager errichtet haben, werde ich als bergführerischer Leiter die Verantwortung übernehmen. Meine einzige Aufgabe wird es sein, sicherzustellen, dass ein Engländer als erster Mensch auf dem höchsten Punkt der Welt steht.«
»Ich bin Australier«, erinnerte Finch ihn.
»Wie passend, dass ein weiterer Vertreter des Commonwealth an meiner Seite stehen wird«, sagte Young lächelnd, ehe er hinzufügte: »Es wäre klug, sich an den Abstieg zu machen, Gentlemen. Es sei denn, Sie planten, die Nacht hier auf diesem Berg zu verbringen.«
George setzte seine Schneebrille wieder auf, ganz aufgekratzt von Youngs Neuigkeiten, obwohl er argwöhnte, dass Finch ihn provoziert hatte, wesentlich mehr preiszugeben, als er ursprünglich beabsichtigt hatte. Young legte einen Sovereign auf den höchsten Punkt des Matterhorns, verbeugte sich und sagte: »Mit den besten Empfehlungen des Königs von England, Madame, der hofft, dass Sie seinen bescheidenen Untertanen eine sichere Rückreise in ihre Heimat gewähren mögen.«
»Eine Frage noch«, sagte Finch.
»Aber nur eine«, sagte Young.
»Haben Sie irgendeine Vorstellung, wann diese Expedition nach Tibet aufbrechen soll?«
»Ja«, erwiderte Young. »Es kann nicht später als Februar nächsten Jahres werden. Bis Mai müssen wir ein Basislager eingerichtet haben, wenn wir genug Zeit haben wollen, um den Gipfel vor Beginn der Monsunzeit erreichen zu können.«
Finch schien sich mit dieser Antwort zufriedenzugeben, aber George fragte sich, wie Mr Fletcher, der neu eingesetzte Direktor von Charterhouse, reagieren würde, wenn einer seiner Untergebenen um eine sechsmonatige Freistellung bat.
Langsam führte Young sie den Berg wieder hinab, ohne noch ein weiteres Wort für oberflächliche Konversation zu verschwenden, bis sie wieder auf sicherem Boden standen. Als ihr Hotel in Sichtweite kam, brachte er das Thema ein letztes Mal zur Sprache. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Gentlemen, wenn Sie dieses Thema mit niemandem, nicht einmal unter sich, erörterten, bis es eine offizielle Verlautbarung vom Außenministerium gibt.«
Beide Männer nickten. »Allerdings«, fügte Young hinzu, »hoffe ich, dass Sie für das Jahr 1915 noch keine Pläne haben.«
***
Finch trug ein Hemd mit offenem Kragen, Flanellhosen und ein Sportjackett und war auf dem Weg nach unten zum Dinner, als er Mallory an der Rezeption antraf, wo dieser gerade einen Scheck ausstellte.
»Ach, planen wir noch ein weiteres kleines Abenteuer?«, erkundigte er sich und blickte hinunter auf den Koffer zu Mallorys Füßen.
Mallory lächelte. »Ja. Ich gebe zu, dass Sie nicht der einzige Mann sind, dem ich eine Nasenlänge voraus zu sein versuche.«
Finch schielte auf den Anhänger am Koffer. »Da es in Venedig keine Berge gibt, von denen ich wüsste, kann ich nur annehmen, dass eine andere Frau im Spiel sein muss.«
George gab keine Antwort und reichte dem Angestellten an der Rezeption den Scheck.
»Habe ich es mir doch gedacht«, sagte Finch. »Und da Sie mir bereits unterstellt haben, so etwas wie ein Experte zu sein, wenn es um das schöne Geschlecht geht, gestatten Sie mir, Sie zu warnen. Es ist niemals leicht, mit zwei Frauen auf einmal zu jonglieren, selbst wenn sie auf verschiedenen Kontinenten leben.«
Grinsend faltete George seine Rechnung zusammen und steckte sie in die Innentasche seines Jacketts. »Mein lieber Finch«, sagte er, »gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass es zunächst eine erste Frau geben muss, ehe es eine zweite geben kann.« Ohne ein weiteres Wort hob er seinen Koffer auf, bedachte Finch mit einem dünnen Lächeln und wandte sich zur Tür.
»Das würde ich nicht wiederholen, wenn Sie Chomolungma zum ersten Mal von
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